93 Kulturhäuser haben sich geweigert, die Türen zu schließen. Konkret geht es um 49 Theater und Kinos in der Wallonie und 44 in Brüssel - in Flandern hingegen sind es: Null, also gar keins.
Doch auch dort ist der Kultursektor mit der Zwangsschließung nicht einverstanden. Die Demo, die am Sonntag in Brüssel stattgefunden hat, war eine nationale Veranstaltung. Da waren Frankophone und Flamen im Protest vereint. Das waren Künstler und Kulturveranstalter aus dem ganzen Land, die auf die Straße gegangen sind.
Wenn es aber um den sogenannten zivilen Ungehorsam geht - also trotz des Verbots zu öffnen -, dann verhalten sich Flamen offenkundig anders als die Frankophonen. Die Frage nach den Gründen ist nicht ganz so eindeutig zu beantworten. Die Zeitung De Standaard versucht es am Dienstag trotzdem.
Sie spekuliert, dass die Verflechtung zwischen Kulturbetrieben und der Politik enger ist als im frankophonen Landesteil. So mussten in Flandern die Kulturhäuser gerade erst ihre Anträge auf Subventionen einreichen. Dadurch seien sie vielleicht weniger geneigt, zu rebellieren, meint jedenfalls Katelijne Meeusen des Kaaitheaters in Brüssel.
Bei den großen Kinos spielen Subventionen weniger eine Rolle. Trotzdem scheint hier der Draht zwischen Kultur und Politik kürzer zu sein. Meeusen meint, dass der Sektor in Flandern eher auf Gespräche als auf Konfrontation setzt. Das sagt auch der flämische Kinobetreiber „Lumière": Es sei wichtiger, das Problem strukturell zu lösen, als wie Don Quijote gegen Windmühlen zu kämpfen. Nichtsdestotrotz sei auch in Flandern die Wut über die Zwangsschließung groß.
Laurence Hottart von Les Grignoux, einer Kinogruppe mit Häusern in Lüttich und Namur, zeigt sich in De Standaard enttäuscht und sagt: Wir wären stärker, wenn die flämischen Kinos mitmachen würden. Sie versteht auch nicht, warum Flandern da verhaltener reagiert. Vielleicht liege es ja wirklich an einer unterschiedlichen Protestkultur.
Ein weiterer Kinobetreiber aus dem flämischen Löwen gibt dann aber auch zu: Die flämischen Kinos haben womöglich die Sympathien für den Protest unterschätzt und hätten daher mal lieber mitgemacht. Denn die Sympathie ist bisher wirklich groß. Etliche Kinos waren am Sonntag ausverkauft, zumindest nach Corona-Maßstab. Das zeigt auch, dass viele in der Bevölkerung das Kulturangebot wertschätzen.
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