"Die Verhandlungen laufen noch" und eine Einigung gibt es wohl - wie immer - erst in letzter Minute". Die grüne Klima- und Umweltministerin Zakia Khattabi machte sich in der RTBF keine Illusionen. Denn Belgien streitet mal wieder über die interne Lastenverteilung beim Klimaschutz. "Und, nicht vergessen: Beim letzten Mal hat das stolze sechs Jahre gedauert", sagte Khattabi. Wenn das in Belgien schon so schwer ist, dann muss man nicht fragen, wie ungleich komplizierter es noch ist, bei einer internationalen Klimaschutzkonferenz alle unter einen Hut zu kriegen.
In Belgien gibt es bei dieser Verhandlungsrunde vor allem einen Buhmann - oder besser gesagt eine Buhfrau: Wenn jemand auf der Bremse stehe, dann sei das die flämische Umweltministerin Zuhal Demir. Die N-VA-Politikerin führe ständig die flämische Wirtschaft ins Feld, der man keine allzu strengen Auflagen zumuten könne. Das allerdings sei eine kurzfristige Sicht der Dinge, sagt Zakia Khattabi. Flandern müsse, im Gegenteil, seine Unternehmen bei dieser Transformation begleiten. "Wenn man das nicht tut, dann droht das gleiche Szenario wie damals in der Wallonie, als man sterbende Industrien unterstützt und dabei den Zug in Richtung Zukunft verpasst hat."
Wenn Zuhal Demir beim Klimaschutz auf der Bremse steht, dann helfe sie letztlich nicht ihrer Wirtschaft, sondern schade ihr langfristig. Und Frau Demir sollte auch erkennen, dass sie mit ihrer Haltung mehr und mehr alleine dasteht. Denn nicht nur die EU habe sich ehrgeizige Klimaschutzziele gesetzt, sondern inzwischen auch die USA und China.
CO2-Ausstoß um 55 Prozent senken
Die Regierung, der sie angehöre, habe jedenfalls nicht auf die anderen gewartet und werde schonmal vorlegen, sagte Zakia Khattabi. Im Regierungsvertrag habe sich die Koalition dazu verpflichtet, den CO2-Ausstoß in ihrem Zuständigkeitsbereich um 55 Prozent zu senken. Wie genau das passieren soll, darüber habe sie jetzt ihren Kollegen einen Vorschlag unterbreitet. Für sie sei es aber wichtig, dass man die Bürger nicht individuell für ihr Verhalten verantwortlich macht. "Wenn wir unser Leben, unsere Gewohnheiten ändern sollen, dann müsse die Politik immer erst einen geeigneten Rahmen schaffen", betont die Ecolo-Politikerin. Sie könne zum Beispiel nicht den Menschen sagen, dass sie ihr Auto abstellen und dafür mit der Bahn fahren sollen, wenn die Föderalregierung nicht erst massiv in die SNCB investiert.
Doch wie steht Zakia Khattabi zu der Problematik um die explodierende Energierechnung? Die Grüne in ihr müsste doch eigentlich fast schon "froh" sein, dass die Sprit- oder die Gaspreise steigen, weil wir uns doch schließlich von fossilen Brennstoffen verabschieden müssen. "Es gibt hier zwei Aspekte", sagt Khattabi: Die kurzfristige Notsituation und daneben auch die mittel- bis langfristige Vision. Kurzfristig muss man den Menschen erstmal helfen. Für sie sei es aber wichtig, dass man hier gezielt vorgeht, also dass man in erster Linie denen unter die Arme greift, die es auch wirklich nötig haben. Mittel- bis langfristig ist es aber klar, dass wir - erstens - massiv in die Energieeffizienz der Häuser und Wohnungen investieren und das wir - zweitens - energiepolitisch unabhängig werden
Wenn man diese Unabhängigkeit anstrebt, dann bedeutet das nicht nur, dass man den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorantreibt. Damit verbunden ist dann auch, dass man eben nicht mehr so stark auf Importe angewiesen ist.
Jetzt geht es erstmal darum, dass man die Verhandlungen über die interne Lastenverteilung vor Beginn der Klimakonferenz abschließen kann. Es wäre zwar auch nicht das erste Mal, wenn man nicht fristgerecht fertig würde. Dennoch wäre es doch sehr peinlich, wenn Zakia Khattabi und Alexander De Croo in drei Wochen mit leeren Händen nach Glasgow fahren müssten.
Roger Pint