Die Situation hat sich seit dem Wahlergebnis vom 26. Mai im Grunde nicht geändert: Um eine neue Föderalregierung zu bilden, sehen viele es als das beste an, dass die frankophonen Sozialisten von der PS mit den flämischen Nationalisten von der N-VA zusammenarbeiten. Beide Parteien sind in ihren Landesteilen die stärksten - Problem nur: Sie können sich nicht leiden.
Dabei ist die Abneigung der PS gegenüber der N-VA noch größer als umgekehrt. Trotzdem haben sich bislang fast alle Bemühungen darauf konzentriert, PS und N-VA zu einer Zusammenarbeit zu bringen. Ergebnis bis jetzt: gleich null. So sieht das auch Jean-Marc Nollet von Ecolo. Der Co-Vorsitzende sagte am Montagvormittag in der RTBF: "218 Tage lang hat man versucht, eine Zusammenarbeit zwischen PS und N-VA zu erreichen. Und was man sieht und hört ist, dass diese Spur in eine Sackgasse führt."
Wenn man in einer Sackgasse steckt, aber trotzdem weiter vorangehen will, muss man umkehren und andere Wege ausprobieren. Genau darin sieht Nollet die Lösung des Problems. Er hat dazu auch eigene Ideen: "Es gibt eine Alternative. Es gibt einen Plan B, mit B wie Belgien für all die Parteien, die im Parlament bereits mehrere Male zusammengearbeitet haben", sagt er.
Tatsächlich ist es in den vergangenen Monaten öfters mal vorgekommen, dass Parteien in der Kammer gemeinsam für etwas gestimmt haben, obwohl sie zusammen keine Regierung bilden oder irgendwie sonst miteinander verbunden wären. Wer genau diese Parteien sein sollten, sagt Nollet nicht. Vielmehr umschreibt er sein Projekt wie folgt: "Was man sich in diesem Plan B vorstellen kann: Alle Frauen und Männer, die dieses Land lieben, die diesem Land eine Zukunft geben wollen, das seinen 200. Geburtstag feiern wird, das die EU-Ratspräsidentschaft 2024 innehaben wird, diese Frauen und Männer versammeln sich hinter einem Programm, das aus vier Achsen besteht."
Die vier Achsen von Nollet, das wären eine kohärente Klimapolitik nach Vorbild des Green-Deals der EU-Kommission. Eine Sozialpolitik, die vor allem die ärmeren Schichten der Bevölkerung im Auge hat. Ein Wirtschaftsprogramm, das lokale Initiativen bevorzugt und eine Erneuerung der demokratischen Prozesse in der Politik.
Jeder, der sich an so einem Programm beteiligen wolle, sei willkommen, sagte Nollet. Man sollte Überlegungen zu so einem Projekt, wie überhaupt zu Alternativen zu einer Zusammenarbeit zwischen PS und N-VA mal etwas mehr Zeit geben. Wörtlich sagte Nollet: "Ich vergleiche ein bisschen die 218 Tage, die man sich mit der Option PS-N-VA beschäftigt hat, mit den 34 Tagen, die man sich mit einer Alternative beschäftigt hat."
Die längere Beschäftigung mit Alternativen wäre laut Nollet keine verlorene Zeit. Chancen auf Erfolg sieht er dabei durchaus. Und auf jeden Fall wäre das besser als rasche Neuwahlen. Oder auch weitere Versuche, PS und N-VA doch noch zusammenbringen zu wollen.
Kay Wagner