Schon am Dienstagabend machte der Parteivorsitzende der flämischen Sozialisten, John Crombez, keinen Hehl daraus, was er von der Haltung seiner frankophonen Genossen von der PS hält: nämlich nicht viel. Die PS müsse ihre Blockadehaltung aufgeben und Gespräche mit der N-VA akzeptieren. Sonst gehe es nicht voran mit der Regierungsbildung auf föderaler Ebene.
Genau das gleiche, nur noch etwas deutlicher, sagten am Mittwoch Spitzenpolitiker der MR und der N-VA. Dabei war es auffällig, dass die beiden Politiker sich jeweils im öffentlich-rechtlichen Radio der anderen Sprachgemeinschaft äußerten.
Der wallonische Finanzminister Jean-Luc Crucke von der MR war Gast bei der flämischen VRT. Die N-VA Vizevorsitzende Cieltje Van Achter hingegen war von der frankophonen RTBF eingeladen worden. Dort sagte sie: "Für uns ist ganz klar, dass die größten Parteien der beiden Regionen miteinander reden müssen. Ich sage nicht, dass das Ergebnisse bringen wird. Aber zumindest muss man doch miteinander reden."
Fast genau dasselbe sagte sogar fast zeitgleich Jean-Luc Crucke bei der VRT. "Vor allen anderen Dingen müssen die beiden größten Parteien, N-VA und PS, miteinander sprechen. Ich sage nicht, dass sie Lösungen für alles finden müssen. Aber wenn sie noch nicht einmal miteinander reden, können sie auch keine Lösungen finden."
Soweit, so gut. Doch dann kamen die fragenden Journalisten auf beiden Sendern schnell auf den Punkt zu sprechen, wo der Schuh drückt. Denn zwar ist die N-VA tatsächlich ihrerseits ja durchaus bereit, mit der PS zu sprechen. Allerdings unter der Voraussetzung, dass man auch über das Thema Konföderalismus sprechen kann. Das lehnt die PS aber ab. Über Konföderalismus, der für die PS ein weiterer Schritt zur Spaltung Belgiens bedeutet, will man nicht bei Regierungsverhandlungen sprechen.
Und auch wenn MR-Minister Crucke die PS vorher noch kritisiert hatte, weil sie nicht mit der N-VA sprechen will, stellte er sich beim Thema Konföderalismus auf den Standpunkt der Sozialisten. Crucke sagte sehr deutlich: "Über Konföderalismus werden wir nicht sprechen. Mit Konföderalismus beginnen wir mit der Spaltung unseres Landes. Und das wollen wir auf keinen Fall. Aber über Möglichkeiten, die die Regierbarkeit unseres Landes verbessern, müssen wir mit Sicherheit sprechen."
Doch bei der N-VA scheint man diese Stimmen aus der Wallonie nicht hören zu wollen. Konföderalismus, das sei ja gerade die Antwort auf die Frage, wie Belgien noch regierbar sein kann, sagte Van Achter. "Das ist ganz klar. Wir haben zwei Demokratien in Belgien. Konföderalismus ist im Grunde eine Lösung, kein Mittel. Das ist eine Lösung, um aus der Situation der Unregierbarkeit herauszukommen. Aus dieser Sackgasse."
Wie sich die N-VA diesen Konföderalismus vorstellt, auch das sagte die Partei-Vize: "Eine starke Hauptstadtregion Brüssel, die große regionale Kompetenzen hat, ein starkes Flandern, eine starke Wallonie. Wir machen das zusammen, was wir zusammen machen wollen. Man kann auch solidarisch untereinander sein. Wir haben kein Problem damit. Aber wir müssen jetzt endlich mal Fortschritte erzielen."
Die Frage ist eben nur: Wie? Wie weiter vorangehen, um die Aufgabe erfolgreich anzupacken, eine neue Föderalregierung zu bilden? Miteinander reden ist sicher nötig. Aber schon vor den Gesprächen Forderungen aufzustellen, sicher nicht.
Kay Wagner