Am frühen Dienstagnachmittag kursierte die Eilmeldung, dass die beiden vom König beauftragten Informatoren, Didier Reynders und Johan Vande Lanotte, das Handtuch geworfen hätten - oder werfen wollen. Die Zeitung "De Morgen" hat das nach eigenen Angaben aus gut informierten Kreisen erfahren. Am Montag, wenn Reynders und Vande Lanotte ihr nächstes Treffen beim König haben werden, wollen sie dem König diese Entscheidung wohl mitteilen.
Die Entscheidung bliebe nicht ohne Konsequenzen, denn dann würde man quasi wieder von Null anfangen. Erfolge bei ihren Sondierungen zur Bildung einer neuen Regierung haben Reynders und Vande Lanotte bislang nämlich nicht vorlegen können.
Ob die Meldung von De Morgen richtig ist, ist aber noch unklar. Die Nachrichtenagentur Belga hat sich aufgrund der ersten Eilmeldung wohl selbst im Umfeld der Informatoren umgehört und diese Meldung vom Aufgeben der Informatoren nicht bestätigt bekommen. Vande Lanotte und Reynders selbst haben sich dazu bislang nicht geäußert.
In der Presse wird unterdessen schon spekuliert, was diesen Rückzug, dieses Handtuchwerfen verursacht haben könnte. Es wäre wohl die Einsicht, dass es tatsächlich unmöglich erscheint, die beiden größten Parteien der beiden Landesteile Flandern und Wallonie, die N-VA und die PS, zu Gesprächen an einen Tisch zu bekommen. Sprich: PS und N-VA wollen weiter nicht miteinander reden. Gar nichts scheint da möglich.
Befeuert wurden diese Spekulationen von neuen Tweets des N-VA-Politikers Theo Francken, in denen er der PS vorwirft, nicht mit der N-VA reden zu wollen. Im Grunde sind die Tweets von Francken aber auch nur eine Reaktion auf das, was die beiden Wirtschaftszeitungen De Tijd und L'Echo am Dienstag berichten. Sie wollen aus dem Umfeld von Vande Lanotte erfahren haben, dass PS-Chef Elio Di Rupo gegenüber Vande Lanotte klipp und klar gesagt haben soll: Mit der N-VA wird die PS nicht sprechen. Auch nicht geheim, wie das ja schon mal 2010 geschehen ist.
Dass die PS jetzt Schuld daran ist, dass die Informatoren das Handtuch schmeißen und es mit der Regierungsbildung nicht weitergeht, will die N-VA bzw. Theo Francken die Öffentlichkeit zumindest glauben machen. Gerade die flämischen Medien springen auch auf diesen Zug auf und sehen den schwarzen Peter tatsächlich bei der PS.
Tatsächlich hatte aber bislang immer beide Seiten eine Regierung mit der jeweils anderen Partei ausgeschlossen. Die N-VA hatte zwar nach den Wahlen und der Erkenntnis, dass es ohne die PS wohl wahrscheinlich nicht gehen wird, grundsätzlich Gesprächsbereitschaft mit der PS signalisiert. Aber dann wollte die N-VA auch immer über den Konföderalismus sprechen, also auf eine neue Kompetenzverteilung zwischen föderaler und regionaler Ebene. Das hatte die PS allerdings immer von sich gewiesen.
Beide Seiten haben sich also einfach gar nicht bewegt. Wenn die PS von vornherein gesagt hat: "Sprechen vielleicht, aber nicht, wenn es um Konföderalismus geht", und wenn die N-VA ihrerseits sagt: "Sprechen ja, aber nur, wenn es um Konföderalismus geht", dann stehen sich da zwei unvereinbare Positionen gegenüber - und daran hat sich einfach nichts geändert.
Was jetzt mit den Informatoren geschieht, wissen wir spätestens am Montagabend, am Ende des Treffens zwischen König Philippe, Reynders und Vande Lanotte.
Bei der Suche nach einer Föderalregierung scheint die Sackgasse zurzeit tiefer denn je zu sein. Beobachter gehen jetzt davon aus, dass die Bildung der Regionalregierungen schnelle Fortschritte machen könnte. In der Wallonie und in Brüssel haben Koalitionsgespräche ja schon begonnen. Jetzt könnte auch Bart De Wever in Flandern das Tempo erhöhen. Bislang habe De Wever die föderale Entwicklung abwarten wollen, heißt es. Jetzt erwartet er von dort nicht mehr viel - und könnte in Flandern eine Regierung bilden, ohne Rücksicht auf irgendwelche Übereinstimmungen mit einer Föderalregierung.
Kay Wagner