Noch zwei Tage. Der eine oder andere mag die Wahlen schon allein aus dem Grund herbeisehnen, weil dann dieser Wahlkampf endlich vorbei ist. Das Niveau war teilweise tatsächlich wenig vorzeigbar. Andere sind, wie die Zeitung Het Nieuwsblad festgestellt haben will, einfach nur müde. "Körperlich bin ich am Ende", zitiert die Zeitung einen nicht genannten Politiker.
Für alle ist es die Zielgerade. Die RTBF schloss am Freitag im Radio ihre Serie der Wahlkampfinterviews ab. Letzter im Bunde: PS-Chef Elio Di Rupo. Der wiederholte gebetsmühlenartig sein Plädoyer für eine andere und bessere Gesellschaft. Und die bekommt man freilich nur, wenn man für die Sozialisten stimmt. Wahlkampf eben.
Der Punkt ist nur: Wer in Belgien Teil der Regierung sein will, der muss eine Koalition eingehen. Und Flandern scheint mehr denn je nach rechts zu tendieren. Eben deswegen brauchen wir einen starken frankophonen Gegenpart, sagt Di Rupo. "Starke Sozialisten" meint er damit.
"Wir dürfen der flämischen Rechten nicht das Feld überlassen. Denn das hatten wir schließlich in den letzten fünf Jahren", sagt Di Rupo. Konkret: Die MR hatte sich ja als einzige frankophone Partei mit drei flämischen Formationen in ein Boot gesetzt, darunter war auch die N-VA. Und damit habe man in Kauf genommen, dass die Frankophonen unterrepräsentiert waren. Di Rupo warnte einmal mehr vor einer Stimme für die N-VA, speziell in Brüssel.
Schwarzer Sonntag
Aber wenn man von einem möglichen Rechtsruck in Flandern spricht, dann ist damit auch noch etwas anderes gemeint. Beobachter warnen nämlich vor einem neuen "Schwarzen Sonntag": Der Vlaams Belang kann laut Umfragen auf ein gutes Ergebnis hoffen. Europaweit haben Rechtspopulisten und Nationalisten den Wind in den Segeln. "Ja, leider müssen wir das feststellen", sagt Di Rupo. "Dazu nur so viel: Rechtsextremisten haben noch nie in der Geschichte soziale oder gesellschaftliche Probleme gelöst."
Eben diese Probleme will aber die PS lösen. Einen "radikalen Politikwechsel" wolle man, sagt Di Rupo. Allerdings müsse man auch ehrlich sein: Jede Regierung wird auch Geld nötig haben, um ihre Pläne umzusetzen. Und er empfinde es als Heuchelei, dass viel zu viele Parteien den Bürgern nicht gesagt haben, wo das Geld denn herkommen soll. Die PS hingegen habe da durchaus konkrete, und zudem bezifferte Rezepte, nämlich - grob zusammengefasst - Kampf gegen Steuerbetrug beziehungsweise Steuerflucht, eine Steuer auf Börsenmehrwerte und eine Vermögenssteuer.
"Steuergerechtigkeit" haben sich die Sozialisten auf die Fahnen geschrieben. Das gilt im Grunde eigentlich für alle, nur dass der eine oder andere jeweils was anderes darunter versteht. Genau das hat sich in einem VRT-Studio gezeigt, wo sich die liberale OpenVLD und Groen gegenübersaßen, in Person von Alexander De Croo und Kristof Calvo.
Steuerlast senken
Er sei doch enttäuscht von den Steuerplänen der OpenVLD, sagte Kristof Calvo. Mit den niederländischen Liberalen könne man ja noch über Steuergerechtigkeit reden. "Die flämischen Liberalen bleiben ihrerseits bei ihrer starren Haltung und wollen die Rechnung nach wie vor der Mittelklasse unterjubeln", so Calvo.
Alexander De Croo lässt die Kritik an sich abperlen. "Wir wollen beide das Gleiche", wendet er sich ruhig an den grünen Kollegen. "Wir wollen beide die Steuerlast auf Arbeit senken. Nur haben wir da unterschiedliche Wege vor Augen: Sie wollen die Last verschieben, wir wollen die Steuern insgesamt senken."
"Die OpenVLD gibt sich die größte Mühe, möglichst auszusehen wie die N-VA", erwidert Kristof Calvo, der irgendwie tatsächlich geschafft aussieht. Nur noch zwei Tage bis zur Wahl.
Roger Pint
Der naechste PS-Skandal kommt bestimmt. Nur eine Frage der Zeit.