Die Pano-Reportage beginnt am Brussels Airport in Zaventem. Der Flug aus Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, ist eingetroffen. Wie üblich stehen massenhaft Kühlboxen auf dem Gepäckband. Viele kongolesischstämmige Menschen bringen nämlich gerne auch kulinarische Souvenirs mit aus dem Heimaturlaub. Früchte, Gebäck, aber auch Fleisch. Das freilich dürfen sie nicht laut sagen. Die private Einfuhr von Fleischprodukten aus Drittstaaten ist strikt verboten.
Kontrolliert wird allerdings selten. Und wenn, dann sind die Zollbeamten vor allem auf der Jagd nach sogenanntem Buschfleisch. Gemeint ist damit Fleisch von afrikanischen Wildtieren. So etwas darf unter keinen Umständen nach Belgien gelangen. Oft werden die Beamten dennoch fündig. "Wir sehen hier von allem: Beutelratte, manchmal auch Affenfleisch, und dann oft Fleisch, das wir nicht wirklich identifizieren können", sagt ein Zöllner in der Reportage. Viele haben das wohl für den privaten Verzehr dabei. Doch ist davon auszugehen, dass das Fleisch auch systematisch nach Belgien geschmuggelt wird.
Das sogenannte "Matongé-Viertel": Ein paar Straßenzüge und Häuserecken in der Gemeinde Ixelles, die vornehmlich von kongolesischstämmigen Bürgern bewohnt werden. Dort machen sich zwei Mitarbeiter des Teams mit versteckter Kamera auf die Suche nach Buschfleisch. Sie werden recht schnell fündig - oft muss vorbestellt werden, in einem Fall war das Fleisch sogar vorrätig. Die Produkte werden zum Königlichen Belgisches Institut für Naturwissenschaften in Brüssel gebracht, wo eine DNA-Analyse durchgeführt wird. Nur so ist das Fleisch zweifelsfrei zu identifizieren. Der Befund ist eindeutig: Die Kunden wurden nicht übers Ohr gehauen, es handelt sich tatsächlich um Buschfleisch: eine Blauducker, also eine Antilope, und zwei Affenarten, sagt Mitarbeiterin Sophie Gombeer. Die Experten sind sprachlos. Diese Tiere stehen unter Schutz, fallen unter das Washingtoner Artenschutzabkommen. Der Handel damit ist strikt verboten.
In Kisangani, im Osten Kongos
Das Team macht sich auf nach Kisangani, im Osten Kongos, dorthin also, wo das Fleisch aller Wahrscheinlichkeit nach herkommt. Auf dem dortigen Markt zeigt sich jedenfalls schnell, dass man nicht am falschen Ort ist. Auch dort finden sich allerlei Wildtiere, bis hin zu einem Schimpansen. "Ist das nicht verboten?", fragt der Journalist. "Eigentlich schon", erwidert die Verkäuferin; man mache das eben heimlich.
Tierschützer sind entsetzt. "Dieser Schimpanse ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Die massive Jagd auf Wildtiere ist längst ein Problem", sagt Sofie Ruysschaert, Expertin für Wildtiere bei der Organisation WWF. In einigen Gebieten finde man quasi keine Affen mehr. Und auch die Jagd auf die anderen Tiere sei eine tickende Zeitbombe. Hier werde ein ganzes Ökosystem aus dem Gleichgewicht gebracht.
Krankheiten können nach Belgien gelangen
Im Kongo, ist es schwer, das Phänomen in den Griff zu bekommen. Es handelt sich oft um lange Traditionen. Dass das Fleisch aber auch nach Belgien gelangt, ist durchaus problematisch. Und das nicht nur aus Tierschutzgründen. Über das Fleisch können auch Krankheiten zu uns gelangen - vielleicht sogar das gefürchtete Ebola-Fieber. Die Wahrscheinlichkeit sei zwar sehr gering, sagt Professor Herwig Leirs von der Uni Antwerpen. Im Prinzip überlebt das Virus die Reise beziehungsweise die Zubereitung nicht. Gänzlich ausschließen kann man die Gefahr aber nicht.
Also nicht nur, dass die Wildtierbestände dadurch noch weiter unter Druck geraten, auch aus Gründen der Volksgesundheit ist der Import von Buschfleisch höchst problematisch. Genaue Zahlen gibt es nicht - laut Schätzungen sollen aber jährlich allein über Zaventem bis zu 150 Tonnen Buschfleisch nach Belgien gelangen. Man muss die Kontrollen verschärfen, fordert Erik Verheyen vom naturkundlichen Institut. Denn, wenn es keine Kontrollen gibt, dann kann man die Regeln auch gleich abschaffen.
Roger Pint