Für Armin Laschet stand am Dienstag zunächst ein Besuch beim flämischen Minister Geert Bourgeois auf dem Programm. Abgesehen von dem Knatsch über die Atomkraftwerke haben beide Regionen mindestens ein gemeinsames Anliegen, nämlich den Brexit. Flandern unterhält bekanntermaßen enge wirtschaftliche Beziehungen zu Großbritannien - NRW auch, wobei Flandern wohl aufgrund der geographischen Nähe stärker betroffen ist.
Beide Regionen haben jetzt vereinbart, eine gemeinsame Strategie auszuarbeiten, um eben die Folgen möglichst abzufedern. Beide Seiten haben auch vereinbart, zusammen an einer Wiederbelebung des sogenannten Eisernen Rheins zu arbeiten, also der Zugtrasse zwischen dem Antwerpener Hafen und dem Ruhrgebiet.
Danach ging es für Armin Laschet zum "Lambertmont", der Amtswohnung von Premierminister Charles Michel. Und dabei ist dann auch die AKW-Problematik aufs Tapet gekommen, denn die Föderalregierung ist zuständig für die Energiepolitik. Mit am Tisch saß auch Energieministerin Marie-Christine Marghem. "Ich habe die Sorgen der Region und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hier noch einmal formuliert. Belgien hat die Position: Für uns sind die Klimaziele wichtig und deshalb brauchen wir die Kernenergie noch für eine begrenzte Zeit. Die Energiepreise in Belgien sind niedriger als die in Deutschland - das wird als Wettbewerbsvorteil betrachtet. Insofern brauchen wir auch gute Argumente, wenn wir auf ein schnelleres Ende, insbesondere von Doel 3 und Tihange 2, drängen", so Laschet im BRF-Interview.
Energiepolitik
Dennoch sei die belgische Seite bis zu einem gewissen Maß auf die Sorgen in NRW eingegangen. "Wir haben verabredet, dass wir noch einmal einen strukturierten Dialog beginnen wollen, in dem auch deutsche Kernenergiesicherheitsexperten und belgische Experten die vorliegenden Analysen anschauen. Das hat schon stattgefunden, aber es kann zu mehr Klarheit bei unseren kritischen Fragen beitragen", so Laschet.
Dennoch hat Laschet auch noch einmal sein Angebot erneuert, den Belgiern im Falle einer Stilllegung dabei zu helfen, Engpässe mit Lieferungen aus Deutschland zu überbrücken. Zwar räumte Laschet selbst ein, dass es zumindest im Moment technisch schwierig wäre, überhaupt Strom nach Belgien zu bringen, denn die Alegro-Verbindung zwischen beiden Ländern ist ja noch im Bau - und auch, wenn sie fertig ist, verfügt sie nur über begrenzte Kapazitäten. Er wolle jetzt aber die Prozeduren voranbringen, um noch eine zweite Stromtrasse zu bauen, sagt Laschet.
Aber, ganz davon abgesehen, kennt man aber auch die Marschrichtung der Föderalregierung. In Belgien beruft man sich immer wieder darauf, dass die Energiepolitik eine "nationale" Angelegenheit ist. Das bestätigte auch nochmal Armin Laschet. "Die Position ist klar. Jedes Land hat seine eigene Energiepolitik. Unsere Zusage ist der Ausstieg 2025 - und da arbeiten wir drauf hin. Ich erkenne beim Premierminister den ernsthaften Willen, das auch in den Zeitplänen, die vorliegen, umzusetzen."
Wenig Medieninteresse
Zum Abschluss wurde Armin Laschet dann auch noch von König Philippe auf Schloss Laeken empfangen. Daneben hat Armin Laschet auch noch deutsche und belgische Wirtschaftsvertreter getroffen. Damit war die Visite des NRW-Ministerpräsidenten dann auch ein waschechter "Antrittsbesuch". Laschet hatte im Vorfeld auch immer betont, dass die Tihange- und Doel-Problematik nicht allein im Mittelpunkt seines Besuchs stehen würde.
In den Inlandsmedien ist der Besuch des NRW-Ministerpräsidenten in Brüssel übrigens nur sehr bedingt wahrgenommen worden. Am Dienstagmorgen gab es zwar ein zweiseitiges Interview mit Armin Laschet in der Zeitung De Standaard, das war es dann aber auch. Die großen Öffentlich-Rechtlichen VRT und RTBF haben den Besuch jedenfalls nicht gecovert.
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