MR-Präsident Olivier Chastel stellt erstmals ganz klare Bedingungen auf für eine Regierungsbeteiligung seiner MR in Brüssel und in der Französischen Gemeinschaft. Zwei Dinge sagt Chastel da. Erstens: "Die MR wird sich an keiner Regierung beteiligen, in der auch die PS vertreten ist". Und zweitens: "In Brüssel werde ich nur zusammen mit der CDH und Défi regieren." Auch wenn beides vielleicht jetzt nicht unbedingt neu klingen mag: Neu ist es, dass Chastel das so klar ausspricht und quasi zum Prinzip erklärt.
Seine Äußerung ist auf beiden Ebenen interessant. Bleiben wir erstmal in Brüssel: Die CDH will ja hier eigentlich nicht mehr mit der PS zusammen regieren. Zurzeit regieren die beiden Parteien noch zusammen mit Défi, also der Sprachenpartei von Olivier Maingain. Dass die CDH in Brüssel gerne mit der MR zusammengehen würde, ist ein offenes Geheimnis. Das Problem ist nur, dass den beiden noch ein dritter Partner fehlt, um die nötige Mehrheit zu erlangen. Ecolo als möglicher Partner hat sich schon dankend zurückgezogen. Ja und bleibt dann nur noch Défi übrig. Défi ist aber bisher - sagen wir mal - zögerlich. Eigentlich, so lässt die Partei es verlauten, hätte sie auch nichts dagegen, in der aktuellen Formation mit PS und CDH einfach weiter zu regieren. Auch die drei flämischen Regierungsparteien in Brüssel finden, dass man an der aktuellen Situation eigentlich nichts ändern müsste.
Regierung in Brüssel nur mit MR, CDH und Défi
Und jetzt kommt MR-Präsident Chastel und sagt: "Wenn in Brüssel jemand mit uns, also der MR, regieren will, dann nur in der Konstellation MR, CDH und Défi". Das ist also eine klare Aufforderung an Défi, sich jetzt bald zu entscheiden.
Für nächste Woche hat Défi angekündigt, sich wieder mit der Problematik in Brüssel beschäftigen zu wollen. Wir können also davon ausgehen, dass Défi nächste Woche zu Chastels Forderung irgendwie Stellung bezieht. Vermutlich wird sich Défi diese Diskussion aber nicht aufdrängen lassen - und will zur Not eben weiter wie bisher in Brüssel mit PS und CDH regieren.
Für die CDH würde das bedeuten, dass Benoît Lutgen mit seinem Vorhaben gescheitert wäre, selbst weiter zu regieren, aber das ohne die PS. Er müsste sich dann entscheiden: Entweder verlässt die CDH dann die Regierung in Brüssel, oder die CDH macht zähneknirschend weiter.
Chastels Äußerungen könnten aber auch Auswirkungen auf die Französische Gemeinschaft haben. Chastels Aussage, dass er nicht mit der PS zusammen regieren möchte, ist klar ein Seitenhieb auf einen Vorschlag von Défi-Präsident Maingain. Der hatte gesagt: Er könne sich auch eine Regierung in der Gemeinschaft vorstellen, die einen Spiegel der beiden Regionalregierungen darstellt. Also: MR und CDH aus der Wallonie, und CDH, PS und Défi aus Brüssel. Aber da sagt Chastel: "Bei so etwas mache ich nicht mit. MR und PS in einer Regierung, das wird es mit mir nicht geben."
Das wäre also nicht das, was man sich idealerweise vorstellt, weil es dann zu der Situation kommen würde, dass die Französische Gemeinschaft etwas mit den Stimmen von CDH, PS und Défi beschließt, mit dem der größte Koalitionspartner der wallonischen Regierung, eben die MR, nicht einverstanden wäre. Das ist sozusagen ein Gegeneinander-Regieren, und eigentlich sollte die Gemeinschaftsregierung die Frankophonen ja eher verbinden, als spalten.
Schwarzer Peter
Chastel scheint den Schwarzen Peter jetzt Défi zuschieben zu wollen, indem er sagt: "Ihr müsst euch in Brüssel entscheiden. Wenn ihr in die Koalition mit MR und CDH einwilligt, wird alles gut. Wenn nicht, wird es zu Chaos in der Französischen Gemeinschaft kommen, und wir, die MR, sind dann nicht schuld daran." Aber Défi braucht sich diesen Schuh nicht anzuziehen. Défi hat die Politikkrise nicht herbeigeführt und hat kein Problem mit der aktuellen Regierung in Brüssel, muss also gar nicht handeln.
Und dann bleibt letztlich nur die CDH übrig. Sie hat die Krise herbeigeführt und hätte es dann einfach nicht geschafft, neue Mehrheiten ohne die PS zu finden - halt nur in der Wallonie. Der Schwarze Peter würde dann bei der CDH liegen bleiben.
Kay Wagner - Bild: Thierry Roge/BELGA