"Großbanken eröffnen Schlussoffensive, um an das Geld der Staatsbons zu kommen", titelt De Tijd. "Der Wettbewerb zwischen den Banken um die Milliarden aus den Staatsbons wird intensiver", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Aktien haben im Verlauf des Jahres fünfmal mehr Rendite abgeworfen als die Staatsbons", heißt es im Aufmacher von L’Echo.
Nächste Woche Mittwoch laufen die Staatsbons aus, in die Anleger vor einem Jahr rund 22 Milliarden Euro investiert hatten. Die Großbanken in Belgien versuchen mit attraktiven Zinsangeboten die Empfänger dazu zu bringen, das freiwerdende Geld in ihrer Bank neu anzulegen.
Gazet Van Antwerpen kommentiert: So attraktiv, wie viele am Anfang geglaubt hatten, waren die Staatsbons dann doch nicht. Sie haben netto 2,81 Prozent Zinsen gebracht. Das ist zwar mehr als normale Sparanlagen bei den Banken gebracht hätten. Aber auch weniger als die Inflation, die während der Laufzeit der Staatsbons 2,86 Prozent betragen hat. Lukrativer wären andere Anlagen gewesen. Zum Beispiel Investitionen in einige Börsenkurse. Aktien bergen natürlich immer ein gewisses Risiko. Aber wenn man wirklich etwas aus seinem Geld machen möchte, muss man dieses Risiko eingehen. Es bringt letztlich mehr als Sparen, behauptet Gazet Van Antwerpen.
Der gute Ruf der Vergangenheit
La Dernière Heure beschäftigt sich mit dem Stopp der Erweiterung der Straßenbahn in Lüttich und führt aus: Solche Geschichten darf es nicht mehr geben. Es muss Schluss damit sein, so gedankenverloren mit Steuergeldern umzugehen. Denn klar, jetzt werden zwar Millionen gespart, weil die Straßenbahn nicht weiter gebaut wird. Aber Millionen sind bereits verschwendet worden, nämlich für die Bauarbeiten, die jetzt für die Katz waren. Außerdem müssen die Baufirmen entschädigt werden. Misswirtschaft nennt man so etwas. Und das vergrößert den Graben zwischen Bürgern und der Politikerwelt, ärgert sich La Dernière Heure.
L’Avenir bedauert: Diese Entscheidung bei der Straßenbahn in Lüttich erweckt wieder den Eindruck, dass trotz der mittlerweile sechs Staatsreformen Belgien unfähig bleibt, große Projekte zu Ende zu führen. Das Nationalstadion, das Projekt Néo, die Erweiterung der Brüsseler U-Bahn, der Bau der RER, der Bahnhof in Mons, die Vollendung des Antwerpener Rings, die Renovierung des Brüsseler Justizpalasts - alles gescheiterte oder problembehaftete Projekte. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber natürlich ist das alles zu bedauern, wenn man weiß, dass belgische Baufirmen im Ausland einen guten Ruf genießen. Und Belgien in der Vergangenheit Pionier war beim Bau von Infrastruktur. Stichwort: Eisenbahn, seufzt L’Avenir.
Mehr Freiheit, mehr Substanz
Het Nieuwsblad notiert zum Beginn des neuen Schuljahrs am Montag in Flandern: Schule ist gerade auch ein heißes Eisen bei den Koalitionsverhandlungen in Flandern. Die künftigen Partner sind sich nicht einig. N-VA und Vooruit wollen das flämische Schulwesen zentraler gestalten, die CD&V will den Privatschulen nicht zu viel vorschreiben. Die Erfahrung lehrt, dass zu viel Politik der Organisation des Unterrichtswesens nicht guttut. Gewählte Politiker sollten vielmehr nur den Rahmen gestalten, in dem sich Bildungsexperten bewegen und die Schulen ihre eigenen Entscheidungen treffen können, rät Het Nieuwsblad.
La Libre Belgique notiert zum Fernsehinterview von Kamala Harris, der Präsidentschaftskandidatin der Demokraten in den USA: Harris ist eine harte Nuss in Interviews. Es ist schwer, etwas von ihr zu erfahren. Und am Donnerstagabend war es wieder so. Die Journalistin von CNN schaffte es trotz aller Anstrengungen nicht, viel aus Harris herauszulocken. Aber wenn Harris die Wahl gegen Trump gewinnen will, sollte sie dieses Verhalten ändern. Harris muss Substanz in ihre Kandidatur bringen. Man muss wissen, wofür sie steht. Das weiß man nämlich nicht wirklich. Allein zu sagen, dass Trump nicht der passende Mann für das Präsidentschaftsamt ist, wird nicht reichen, glaubt La Libre Belgique.
Denk ich an Thüringen…
Het Belang Van Limburg fragt: Ist die deutsche Demokratie in Gefahr? Am Sonntag finden in den Bundesländern Sachsen und Thüringen Wahlen statt, drei Wochen später folgt Brandenburg. Überall wird erwartet, dass die rechtsextreme AfD viele Stimmen erhält. Gerade der Wahlausgang in Thüringen wird mit Spannung erwartet. Da tritt mit Björn Höcke die radikalste Figur der AfD-Führungsriege an. Aus seinen Verbindungen zur Neo-Nazi-Szene macht er kein Geheimnis. Die Angst in Deutschland ist groß, dass sich die Geschichte wiederholen könnte. Denn 1930 war es auch in Thüringen, wo die Nazis damals das erste Mal an die Macht kamen, erinnert Het Belang Van Limburg.
Le Soir nennt in diesem Zusammenhang ein anderes Datum: 1933 war Suhl in Thüringen die erste Stadt in Deutschland, die von Nazis regiert wurde. Heute geben 50 Prozent der Einwohner von Suhl an, morgen rechtsextrem wählen zu wollen. Die Erinnerung an 80 Jahre Befreiung Brüssels von der Nazi-Herrschaft am 3. September, also nächste Woche, ist da nicht ohne Bedeutung. So ein Ereignis führt uns nämlich vor Augen: Das Schlimmste kann passieren. Aber es kann auch besiegt werden, wenn man sich dagegen wehrt, immer und überall, gibt Le Soir zu bedenken.
Kay Wagner