"Selbst Kinderkrankenhaus wird zum Ziel – sicher 33 Tote nach großflächigem russischen Raketenangriff auf die Ukraine", titelt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Russland schießt Kinderkrankenhaus in Trümmer", schreibt Het Laatste Nieuws, andere Zeitungen formulieren es ähnlich. "'Es ist verdammt noch mal ein Kinderkrankenhaus' – Russland schlägt hart zu in der Ukraine", so De Standaard. "Am Vorabend des Nato-Gipfels intensiviert Russland seine Angriffe", ergänzt La Libre Belgique.
Dass das russische Regime die Angriffe gestern unter anderem auf ein großes Kinderkrankenhaus und ein Wohngebäude als militärische Erfolge feiert, zeigt, wie barbarisch es ist, kommentiert Gazet van Antwerpen. Es illustriert auch wieder, mit welchem Genuss Moskau seine angeblichen "Blutsbrüder" in der Ukraine abschlachtet. Aber Putin und sein Clan beweisen auch mit Wonne innerhalb des eigenen Landes, wie blutrünstig sie sind. Siehe die unzähligen russischen Soldaten, die seit Beginn von Putins Angriffskrieg getötet worden sind. Siehe die brutale Unterdrückung aller, die auch nur angeblich gegen diesen wahnsinnigen Krieg sind. Aber ein Ende oder eine Lösung sind nicht in Sicht. Es werden weiter viele tausend Menschen sterben, hält Gazet van Antwerpen fest.
Putin lacht sich ins Fäustchen
Das erneute russische Blutbad in der Ukraine wird sicher auch beim heute beginnenden Nato-Gipfel in Washington in aller Munde sein, schreibt L'Avenir. Und es wird noch mehr Druck aufbauen bei den Diskussionen über mehr Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Aggressor. Aber in Washington wird es auch um andere aufziehende Sturmwolken gehen, vor allem um eine mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Der Trump, der Wladimir Putin aufgefordert hatte, zu tun, was er wolle mit Nato-Ländern, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen. Aber die Blicke werden sich auch auf Europa richten, denn die Spannungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Olaf Scholz und Emmanuel Macron sind offensichtlich. Und da haben wir noch nicht über die jüngsten Provokationen von Dauer-Störenfried Viktor Orbán gesprochen. Die Alliierten haben keine Wahl: Wenn sie jetzt – gerade anlässlich des 75. Geburtstags des Bündnisses – keine Einigkeit demonstrieren, dann droht ein enormer Kater, warnt L'Avenir.
In diesem so toxischen Klima wird die Nato versuchen müssen, ihre Mitglieder zu beruhigen, ergänzt Le Soir. Und ihre Unterstützung der überfallenen Ukraine zu "institutionalisieren". Aber im Hintergrund werden die jüngsten Erfolge der mehr oder weniger offen pro-russischen Extremisten die treuen Unterstützer Kiews beunruhigen. Ein Sieg von Donald Trump könnte einen Keil in die europäische Einigkeit treiben. Putin reibt sich schon voller Vorfreude die Hände, unterstreicht Le Soir.
Putin lacht sich in Moskau schon ins Fäustchen, meint De Morgen in einem anderen Zusammenhang. Sowohl die radikale Rechte als auch die radikale Linke haben bei den Parlamentswahlen in Frankreich deutlich zugelegt. Beide hegen bestenfalls zwiespältige Gefühle, was eine weitere militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine angeht. Das ist ein Problem für Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. Denn bisher war er eine treibende Kraft des Widerstands gegen Moskaus Angriffskrieg. Wenn er nun auf EU-Gipfeln sprechen wird, wird er weniger Rückendeckung des eigenen Parlaments haben, betont De Morgen.
Es muss ein Kurswechsel kommen
Het Nieuwsblad zieht Parallelen zwischen Emmanuel Macron und Co. und Joe Biden: Die Franzosen müssen sich davor hüten, in die gleiche Falle zu tappen wie Biden vor vier Jahren, als er Trump knapp schlagen konnte. Biden hatte danach so getan, als ob nichts passiert wäre – und wir sehen ja, wo die Vereinigten Staaten heute wieder stehen: Die Chance ist hoch, dass Trump in einigen Monaten doch wieder an die Macht kommt. Das ist ein allgemeines Muster: Zuerst gibt es eine große Gefahr von Rechts. Die wird dann irgendwie noch abgewendet. Und dann machen die Politiker einfach so weiter wie davor, so, als ob nichts gewesen wäre. In der Zwischenzeit organisieren sich die Rechten aber noch strammer, siehe, was gerade im Europäischen Parlament geschieht. Was muss also passieren? Erstmal muss das Signal der Wähler in klare Politik umgesetzt werden. Das gibt den Wählern dann auch etwas, wofür sie stimmen können. Anstatt nur etwas, wogegen sie stimmen können, wie in Frankreich geschehen, fordert Het Nieuwsblad.
Ja, es ist beruhigend, dass die republikanische Front gehalten hat, konstatiert La Dernière Heure. Aber selbst wenn der rechte Rassemblement National (RN) die Wahlen "verloren" hat, so ist er nun doch noch besser verankert und noch mächtiger als davor. Mehr als genug Grund also, dass die vereinte Linke und die Macronisten alles dafür tun, um dem RN keine Steilvorlage für 2027 zu liefern, appelliert La Dernière Heure.
Nur um ganz deutlich zu sein: Die Gegner des Rassemblement National haben jetzt nicht den Luxus, sich ein Jahr gegenseitig zerfetzen zu können, hebt L'Echo hervor. Zwischen 2022 und 2024 haben die Rechtsextremen um über 40 Prozent zugelegt. Wenn jetzt nicht endlich ein politischer Kurswechsel kommt, dann wird sich dieser Trend auch fortsetzen. Die nicht-rechtsextremen Parteien müssen die Bürger zurückerobern, die sich vergessen fühlen und unverstanden. Aber auch die, die sich über die mehr als mäßige Qualität der Politik ärgern. Sie müssen sich überzeugend zeigen, sie müssen Resultate liefern und sie dürfen den Rechtsextremen nicht einfach das Monopol überlassen über sicherheitstechnisch und gesellschaftlich wichtige Diskussionen. Frankreich hat eine Gnadenfrist bekommen. Jetzt nichts zu ändern, bedeutet, dem RN für 2027 oder noch früher die Bahn zu ebnen, ist L'Echo überzeugt.
Eine Regierungsvereinbarung vor Oktober?
De Standaard blickt auf die Verhandlungen über die Bildung einer föderalen Regierungskoalition: Heute werden die fünf Parteien, die dazu verdammt sind, föderal zusammen zu regieren, erstmals gemeinsam am Tisch sitzen. Vor-Regierungsbildner Bart De Wever muss dabei weiter höchst behutsam agieren, um kein Vertrauen zu zerstören. Denn die budgetären Herausforderungen sind groß, die Parteien fühlen sich verwundbar. Es ist natürlich einfacher gesagt als getan, wenn gefordert wird, dass die Parteien über ihren Schatten springen müssen. Aber das schulden sie den Menschen im Land. Hoffentlich kann morgen die eigentliche Regierungsbildung beginnen, wenn De Wever beim König gewesen ist. Dann könnte bis Ende September eine Regierungsvereinbarung auf dem Tisch liegen. Das wäre schön pünktlich, was Europa betrifft. Aber auch für die Wähler, die so noch vor den Gemeindewahlen ein deutliches Signal bekommen würden, dass das Land regiert wird, hofft De Standaard.
Boris Schmidt