"König Albert ist wieder zu Hause nach einer Blutvergiftung und neun Tagen im Krankenhaus", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Geschwächt aber lächelnd", so beschreibt Le Soir das ehemalige Staatsoberhaupt. "'Très bien', aber doch vor allem gebrechlich und geschwächt", so die Diagnose von Het Nieuwsblad. Und das besorgte Fazit von Het Laatste Nieuws: "Alberts Zustand ist ernster als gedacht".
König Albert war am 27. Juni mit Symptomen einer Dehydrierung in der Brüsseler Saint-Luc-Uniklinik aufgenommen worden. Später war zudem eine Blutvergiftung festgestellt worden. Auf den Fotos, die viele Zeitungen veröffentlichen, wirkt König Albert tatsächlich unerwartet geschwächt.
Gentechnologie auf dem Teller
"Moderne Gentechnologie schafft Superpflanzen", notiert derweil De Tijd auf ihrer Titelseite. Die Schlagzeile von De Standaard klingt besorgter: "Schon bald landen unbemerkt mehr genetisch veränderte Organismen in unserem Einkaufswagen". Die EU-Kommission will die Regeln im Zusammenhang mit genetisch veränderten Pflanzen lockern. Grob gerafft, muss demnach nicht mehr in jedem Fall die Präsenz von genetisch manipulierten Organismen in Lebensmittelprodukten ausdrücklich und sichtbar vermerkt werden.
De Tijd begrüßt diesen Vorstoß. Viel zu lange hat Europa hier auf der Bremse gestanden und allzu viel Misstrauen gegenüber genetisch veränderten Organismen an den Tag gelegt. Und das aus völlig irrationalen Gründen. Es gibt viele gute Argumente, die für den Einsatz solcher Pflanzen sprechen: die stetig wachsende Weltbevölkerung, der geringere Bedarf an Pestiziden, die Notwendigkeit einer effizienteren Landwirtschaft, um nur einige zu nennen. Mit der Kehrtwende, die die EU-Kommission jetzt vorschlägt, verabschiedet sich Europa endlich von seiner Naivität und entscheidet sich stattdessen für einen realistischen Ansatz. Das ist auch eine gute Neuigkeit für die europäische Agrarindustrie, die insbesondere der Konkurrenz aus den USA hinterherhinkt. Das alles ist aber nur ein erster Schritt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Europa die Tür für Gentechnologie in der Landwirtschaft auf Dauer noch viel weiter aufstoßen muss.
Arbeitsmarkt: Kluft zwischen Angebot und Nachfrage
Im frankophonen Landesteil sorgt die aktualisierte Liste der Mangelberufe für Diskussionsstoff. In der Wallonie umfasst die jetzt 158 Tätigkeiten, in Brüssel 108. Parallel dazu liegt die Arbeitslosenquote in beiden Regionen aber über dem Landesdurchschnitt, konstatiert Le Soir in seinem Leitartikel. Und diese Feststellung ist doch himmelschreiend. Hier wird nochmal offensichtlich, wie groß der Graben zwischen Angebot und Nachfrage ist; also konkret zwischen dem Profil einer großen Anzahl von Arbeitssuchenden einerseits und dem tatsächlichen Bedarf der Unternehmen auf der anderen Seite. Mehr denn je muss die Politik sich dieser Herausforderung stellen. Aber Vorsicht: Dieses Problem ist komplex. Es gibt hier keine einfachen Lösungen, wie sie zuweilen von rechts wie von links in den Raum gestellt werden. In einem Punkt sollten sich aber alle einig sein: So kann es nicht weitergehen.
Man sollte hier aber einen wesentlichen Akteur nicht vergessen, mahnt L'Echo: Die Rede ist von den Arbeitssuchenden selbst. Jeder einzelne von ihnen muss auch Eigenverantwortung an den Tag legen. Etwa, indem man Weiterbildungen in eben den Bereichen belegt, in denen Arbeitskräfte händeringend gesucht werden. Und einige grundsätzliche Fragen sollte man auch mal entspannter angehen, will heißen: frei von ideologischen Dogmen. Beispiel: Muss man Arbeitssuchende sanktionieren, wenn sie eine Ausbildung in einem Mangelberuf ablehnen? Sagen wir mal so: Den Faktor Eigenverantwortung kann man nicht auf ewig kategorisch und ohne Debatte ausblenden. Denn die Feststellung an sich ist dramatisch. Und wenn man die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage nicht verkleinern kann, dann läuft man Gefahr, dass der Süden des Landes noch weiter in seiner wirtschaftlichen Misere versinkt.
Scheckbuchjustiz für Kinderschänder
Gazet van Antwerpen kommentiert die vorzeitige Haftentlassung eines verurteilten Kinderschänders. Pieter C., ein gebürtiger Niederländer, war 2016 zu 19 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Nach nur sieben Jahren wurde er vorzeitig auf freien Fuß gesetzt und steht jetzt unter Aufsicht der niederländischen Justizbehörden.
Der Kontrast könnte größer nicht sein, meint die Zeitung. 2016 wurde Pieter C. noch von einem Antwerpener Gericht als ein gefährlicher und unverbesserlicher Pädophiler eingestuft. Sieben Jahre später sieht das Strafvollstreckungsgericht von Gent aber keine Rückfallgefahr mehr. Die Freilassung von Pieter C. nach nur einem Drittel seiner Haftzeit ist sehr außergewöhnlich. Zu verdanken hat er das wohl seinem üppigen Bankkonto: Er verfügte über die nötigen Mittel, um die besten Anwälte zu bezahlen, Gerichtspsychiater einzuschalten und auch teure Privattherapeuten in Anspruch zu nehmen. Wenn das vielleicht auch keine Klassenjustiz ist, so kann man das zumindest als Scheckbuch-Justiz bezeichnen.
LGBTQ-Rechte nicht in Beton gegossen
De Morgen beschäftigt sich auf seiner Titelseite mit einer Klage gegen den ehemaligen Kammerabgeordneten Dries Van Langenhove. LGBTQ-Organisationen haben Anzeige gegen Van Langenhove erstattet, weil dieser die Regenbogen-Flagge als "Pädophilenflagge" bezeichnet hatte.
Die Regenbogenflagge mit einem Handstreich mit Pädophilie zu assoziieren, das hat nur ein eindeutiges und unmissverständliches Ziel, analysiert die Zeitung in ihrem Kommentar: Es ist eine unverhohlene Strategie, um Menschen, die nicht der Hetero-Norm entsprechen, zum Abschaum der Gesellschaft zu degradieren. Es ist quasi eine Rückkehr in eine Zeit, in der Homosexuelle ihre Orientierung verbergen mussten. Wenn man weiß, dass Dries Van Langenhove seinerzeit auf einer Liste des Vlaams Belang ins Parlament gewählt wurde, dann zeigt die Episode nur eins: Die LGBTQ-Rechte sind auch in diesem Land noch nicht in Stein gemeißelt.
Roger Pint