"Das Jahr, in dem alles anders wurde in der Ukraine", titelt Le Soir. "Vor einem Jahr überfiel Russland die Ukraine", schreibt De Morgen auf seiner Titelseite. "Der Wirtschaftskrieg verläuft mehr und mehr zugunsten von Europa", heißt es bei L'Echo auf Seite eins.
Schon ein paar Tage vor dem Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine widmen sich viele Zeitungen diesem Thema mit Sonderbeilagen, ausführlichen Reportagen und Analysen. In seinem Leitartikel schreibt L'Avenir: Rückblickend kann man sagen: Schon seit der Annexion der Krim 2014 hatte Russlands Präsident Wladimir Putin den Angriff auf die Ukraine vorbereitet. Es hat ihm Spaß gemacht, den Westen viele Jahre an der Nase herumzuführen. Mit Sicherheit hatte er auf einen schnellen Sieg gehofft. Aber diese Rechnung ist nicht aufgegangen. Es wäre zu wünschen, dass Putin es auch grundsätzlich nicht schafft, die Ukraine in die Knie zu zwingen, hofft L'Avenir.
Auch L'Echo bilanziert: Ein Jahr nach dem Beginn des Kriegs hat Putin nichts von dem erreicht, was er wollte. Er hat die Ukraine nicht unterwerfen können, hat es nicht geschafft, die Europäer zu spalten, sondern hat sogar im Gegenteil Nachbarländer dazu gebracht, sich der Nato anschließen zu wollen. Auch wirtschaftlich ist Putins Rechnung nicht aufgegangen. Klar, Europa leidet unter den Folgen des Kriegs. Aber doch nicht so stark, wie es hätte sein können. Eine Rezession zum Beispiel konnte vermieden werden. Und die Energiewende wurde beschleunigt. Trotzdem bleibt es natürlich dabei: Ein Jahr nach der Invasion in der Ukraine sitzen wir weiter auf einem Vulkan. Der Westen hat eine Schlacht gewonnen, aber noch nicht den Krieg, warnt L'Echo.
Ein sinnvolles Comeback
Le Soir beschäftigt sich mit der Innenpolitik und stellt fest: Es gibt ein Comeback zu feiern, und zwar das Comeback der föderalen Koordinierung. Denn durch die Ernennung einer nationalen Kommissarin zur Bekämpfung der Drogenkriminalität werden die Kräfte jetzt auf föderaler Ebene gebündelt. Das ist genau richtig. Die Krisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass nur im koordinierten Zusammenspiel mehrerer Akteure Krisen wirkungsvoll bekämpft werden können. Zu nennen wären zum Beispiel die Hochwasserkatastrophe in der Wallonie, die Covid-Krise oder auch der Kampf gegen den Klimawandel. Was man zusammen macht, macht man besser. Das ist kein Slogan gegen Separatisten. Sondern einfach eine Evidenz, wenn man gute Ergebnisse erzielen will, betont Le Soir.
Die flämischen Zeitungen beschäftigen sich mit der aktuellen Regierungskrise in Flandern. Die Regierungsparteien N-VA, OpenVLD und CD&V wollten bis gestern eine Einigung beim so genannten Stickstoff-Dossier erzielen. Das hat trotz Krisensitzungen nicht geklappt. Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Um was es in dem Streit bei diesem Stickstoffdossier inhaltlich geht, weiß eigentlich fast niemand mehr. Es ist klar, dass es längst nicht mehr um die Sache geht.
Vor allem die CD&V legt es auf Konfrontation an. Sie will sich profilieren mit Hinsicht auf die kommenden Wahlen. Damit schadet die Partei nicht nur sich selbst, sondern auch der N-VA. Die N-VA kann jetzt nicht mehr behaupten, dass flämische Regierungen ohne Konflikte funktionieren. Die CD&V torpediert aber auch die Regierungsarbeit selbst. Die Vorstellung, dass die Regierung ein gutes Paket für die Zukunft der Bauern schnürt, ist geplatzt, meint Het Laatste Nieuws.
Kopfschütteln über CD&V
Het Belang van Limburg weiß: Wenn in Flandern nach föderalen Regeln gespielt würde, müsste Ministerpräsident Jan Jambon beim König seinen Rücktritt einreichen. Aber in Flandern kann die Regierung nicht stürzen. Die drei Parteien sind zur Zusammenarbeit verdonnert. Und natürlich will die CD&V mit ihrer Opposition gegen die Pläne der N-VA-Ministerin Zuhal Demir Punkte bei ihrer Wählerschaft auf dem Land sammeln. Unklar bleibt allerdings die Frage, warum die CD&V vor einem Jahr der Einigung zum Stickstoffdossier noch zugestimmt hat und sich jetzt dagegenstellt, wundert sich Het Belang van Limburg.
Het Nieuwsblad wertet: Dass Ministerpräsident Jan Jambon gestern die Parteivorsitzenden zu sich laden musste, bedeutet den Tiefpunkt in diesem unsäglichen Stickstoffdossier. Das Spiel der CD&V ist unbegreiflich. Denn ob die Partei wirklich Punkte sammelt durch ihre Opposition ist fraglich. Durch diesen Streit verlieren die Bürger auch das Vertrauen in die Regierung und auch in die Rechtssicherheit, die von ihr ausgehen soll, urteilt Het Nieuwsblad.
Karnevalsscherz mit ernstem Hintergrund
Das GrenzEcho blickt nach Ostbelgien und berichtet: Büllingens Bürgermeister Friedhelm Wirtz hat am Donnerstag offen über die "anstehende Gemeindefusion" mit Amel oder Bütgenbach philosophiert. Aber aufgepasst: Diese Äußerungen waren nicht ernst gemeint und fielen bei seiner humoristischen Rede zum Möhnenansturm.
Der Hinweis zeigt allerdings: Die Diskussion um Gemeindefusionen ist auch in Ostbelgien angekommen. Denn auch in Ostbelgien wird die Frage beantwortet werden müssen, wie die Gemeinden angesichts der immer größeren Herausforderungen finanziell überleben können. Das muss nicht unbedingt in einer Fusion enden, sollte aber zu mehr Zusammenarbeit und gemeinsam angebotenen Dienstleistungen führen. Für die Kommunen würde dies nicht nur Einsparpotenzial bedeuten, sondern könnte auch mehr Professionalisierung bringen, bemerkt das GrenzEcho.
Kay Wagner