"Eine Impfpflicht spaltet das Personal", lautet der Aufmacher bei La Libre Belgique. Die Zeitung berichtet aus einem Krankenhaus, das befürchtet, Pflegekräfte zu verlieren, wenn für sie eine Impfpflicht kommt. Das bedeutet: noch weniger Pflegekräfte in einem Mangelberuf.
Trotzdem: Es braucht eine Impfpflicht für Pflegekräfte - zumindest vorübergehend, kommentiert De Morgen. Ja, das ist ziemlich hart. Aber wenn jemand im Krankenhaus stirbt, weil ein Pfleger oder eine Pflegerin nicht an Impfstoffe glaubt, dann ist das härter und vor allem endgültiger. Daher dürfen sich Pflegekräfte nicht auf ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit berufen, wenn sie dadurch andere Menschen in Lebensgefahr bringen, findet De Morgen. Dass einige wegen einer Impfpflicht gegen Corona den Beruf aufgeben würden, beeindruckt das Blatt nicht und stellt die rhetorische Frage: Wollen Krankenhäuser wirklich mit Personal arbeiten, das Patienten in Gefahr bringt?
Unverzichtbare Vakzine
Noch schärfer kommentiert Het Belang Van Limburg und plädiert für eine generelle Impfpflicht. Nichtgeimpfte sind auf den Corona-Stationen überrepräsentiert. Sie sind es, die das gesamte Gesundheitssystem ins Wanken bringen. Das Paradoxe daran: Diejenigen, die sich nicht impfen lassen, brüsten sich mit dem Begriff der Freiheit. Und gleichzeitig sorgen sie dafür, dass die Unfreiheit für alle - auch für sie selbst - noch länger anhält.
Ebenso L'Avenir unterstreicht, dass die Impfung unverzichtbar ist. Aber bei allem Lob über den Impfstoff darf man nicht vergessen, dass die Schutzwirkung schnell nachlässt. Daher müssen die Vakzine weiterentwickelt und die allgemeine Impfbereitschaft hochgehalten werden, mahnt L'Avenir. Die Impfung wurde uns als wichtigster und notwendiger Ausweg aus der Krise verkauft. Aber Realität ist das noch nicht geworden.
Das Ende unseres westlichen Lebensstils
Der Klimagipfel in Glasgow geht heute in seine zweite Woche und bleibt ein wichtiges Kommentarthema in den Zeitungen. Für das GrenzEcho endet in Glasgow das industrielle Zeitalter und damit unser westlicher Lebensstil. Diese Wahrheit müssen die Regierungen den Bürgern vermitteln und soziale Härtefälle abfedern. Werden die Bürger nicht überzeugt, dass dieser Wandel nötig ist, wird er nicht gelingen, so das Grenzecho.
Die Zeitung La Libre Belgique befürchtet, dass sich die Welt beim Kampf gegen den Klimawandel nicht auf Belgien verlassen darf. Die grüne föderale Umweltministerin Tinne Vander Straeten beklagt, dass die flämische Amtskollegin Zuhal Demir von der N-VA zu wenig für den Klimaschutz tut. Prompt verbittet sich Flanderns Ministerpräsident Jan Jambon Einmischungen des Föderalstaats in flämische Angelegenheiten. Mit seinen vier Umweltministern auf unterschiedlichen Ebenen zahlt unser Land für seine angeborene Unfähigkeit, einen gemeinsamen Standpunkt klar zu vertreten. Bedauerlich, findet La Libre Belgique.
Gazet Van Antwerpen pflichtet dem bei: Die verschiedenen politischen Ebenen sollten sich gegenseitig ergänzen, anstatt sich zu bekämpfen. Politische Spielchen und Profilierung sind das Letzte, was unser gestörtes Klima braucht.
Dilettantisch, verspätet und improvisiert
Trotzdem rücken genau diese Spielchen in den Fokus der Kommentare von Het Nieuwsblad und La Dernière Heure. Het Nieuwsblad findet es unredlich, dass die N-VA die Grünen in Misskredit bringen will. Die N-VA will weiter auf CO2-freie Atomkraft setzen, die Grünen auf Gaskraftwerke, die aber das schädliche CO2 freisetzen. Dabei vergisst die N-VA, dass auch sie den Atomausstieg mit vorbereitet hat. Kritisch sieht Het Nieuwsblad auch, dass die N-VA-geführte Regierung Flanderns ihren Klimaplan dilettantisch, verspätet und improvisiert vorgelegt hat. Daher wäre mehr Demut angebracht.
In das gleiche Horn bläst La Dernière Heure: Unsere Entscheidungsträger hatten zwei Jahre Zeit, um sich auf die Klimakonferenz vorzubereiten. Sie drohen aber wie ein Student zu scheitern, der seine Abschlussarbeit erst drei Tage vor dem Abgabetermin schreibt. Stattdessen ziehen die Politiker es vor, sich in Medien und Sozialen Netzwerken gegenseitig zu beschimpfen.
Aus den eigenen "Silos" herauskommen
Le Soir blickt auf die Untersuchungen im Fall Jürgen Conings. Der radikalisierte Soldat hatte Waffen gestohlen, war damit untergetaucht und drohte, den Virologen Marc Van Ranst zu töten. Der Kontrollausschuss der Geheimdienste mahnt, dass die Sicherheitsbehörden ihre Informationen immer noch zu wenig austauschen. Auch wenn das Problem seit Monaten bekannt ist, bleiben Justiz, Polizei und Geheimdienste zu oft in ihren "Silos". Das spielt potenziell gewalttätigen Extremisten in die Hände - seien es nun Islamisten oder Rechtsradikale. Dieses Kommunikationsdefizit stellt ein Risiko dar.
Le Soir appelliert an die Abgeordneten und die Regierung, sich des Problems anzunehmen. Sie sind als einzige in der Lage, sich gegenseitig zu zwingen, aus ihren Silos herauszukommen. Für die Sicherheit des Landes.
Olivier Krickel