"Das Fest hat begonnen!", titelt De Standaard. "Endlich der Startschuss für Olympia 2020", schreibt L'Avenir auf Seite eins. "Die olympische Flamme brennt", notiert das GrenzEcho.
Gestern sind in Tokio die Olympischen Spiele eröffnet worden, dies allerdings vor fast leeren Rängen. Gleich im Anschluss haben schon die ersten Wettbewerbe begonnen. "Team Belgien beginnt mit der Medaillenjagd", so die Schlagzeile von La Dernière Heure.
Le Soir bringt heute ein Interview mit Nafissatou Thiam, die ja vor fünf Jahren in Rio Gold im Siebenkampf gewonnen hatte und ihren Titel in Tokio natürlich verteidigen will. Nafi Thiam war übrigens zusammen mit dem Feldhockeyspieler Félix Denayer Fahnenträgerin der belgischen Mannschaft. Das Foto sieht man heute auch auf einigen Titelseiten.
Viele Zeitungen berichten aber auch weiterhin über die Lage in den Katastrophengebieten. "Viele Betroffene werden wahrscheinlich kaum entschädigt", so die anklagende Schlagzeile von La Dernière Heure. La Libre Belgique macht sich ihrerseits auf die Suche nach den genauen Ursachen für die Katastrophe: "Wurde zu spät gewarnt? Was man jetzt schon weiß über die Tage vor der Katastrophe". "Die Stunde der Lektionen hat geschlagen", schreibt L'Echo auf Seite eins.
Flutkatastrophe – Diskussion über Verantwortlichkeiten
"Wir brauchen Antworten, alle Antworten", fordert L'Echo in seinem Leitartikel. Langsam, aber sicher mehren sich die Hinweise darauf, dass beim Krisenmanagement und auch schon in den Tagen vor der Katastrophe Fehler gemacht wurden. Man kann etwa nur feststellen, dass einige Gemeinden die Evakuierung der Wohngebiete entlang der Wasserläufe angeordnet hatten, andere nicht. Ferner steht die Frage im Raum, ob die Talsperre in Eupen zu viel Wasser zum falschen Zeitpunkt abgelassen hat. Die Katastrophe wird akribisch rekonstruiert werden müssen. Das ist erstmal wichtig für die Betroffenen und vor allem die Angehörigen der Todesopfer. Sie haben ein Recht auf die Wahrheit. Zudem müssen die Verantwortlichkeiten geklärt werden. Hier geht es nicht darum, den ein oder anderen an den Pranger zu stellen, wie es etwa die flämischen Rechtsextremisten fordern. Hier darf es nicht um eine politische Hexenjagd gehen. Denn schon jetzt sieht es eher danach aus, als habe eine Verkettung von Fehleinschätzungen und falschen Entscheidungen zu der Katastrophe geführt.
L'Avenir sieht das ähnlich. Zugegeben, wir sind keine Hydrologen. Doch darf man sich mindestens die Frage stellen, ob man in Eupen nicht angesichts der alarmierenden Wetterprognosen früher hätte Wasser ablassen müssen. Allgemeiner gefragt: Hat man wirklich alles getan, um die Katastrophe zu verhindern? Die Verantwortlichkeiten werden geklärt werden müssen. Das allerdings dürfte sich als schwierig erweisen, da man ja jetzt schon beobachten kann, wie der Schwarze Peter herumgereicht wird. In jedem Fall müssen aber die Lehren gezogen werden.
Erneute Evakuierungen im Wesertal
Immer mehr Experten bestätigen, dass in der fatalen Nacht sehr wohl mit Überschwemmungen zu rechnen war, unterstreicht das GrenzEcho. Und durch ein effizientes Management der Wesertalsperre hätten Schäden vermieden werden können, sagt ein Hydrologe der Uni Löwen. Außerdem besteht nach vorliegenden Erkenntnissen kein Zweifel daran, dass frühzeitig Informationen vorlagen, wonach man spätestens in der Nacht zum Donnerstag die Kontrolle über die Wesertalsperre verlieren würde. Das allerdings wurde zu spät kommuniziert. Die politische Verantwortung für all das trage der wallonische Umweltminister Philippe Henri, meint das GrenzEcho.
"Die brennendste Frage lautet wohl: Warum wurde das Wasser aus der Eupener Talsperre nicht früher abgelassen?", meint auch De Morgen. Zumal vier europäische Warnungen für die Wallonie eingegangen waren. Hier entsteht der Eindruck, dass die wallonischen Behörden mindestens nicht proaktiv genug gewesen sind. In jedem Fall scheint es dramatische Fehleinschätzungen gegeben zu haben. All das ändert freilich nichts an der Feststellung, dass die Überschwemmungen eine Folge des Klimawandels sind. Genau vor diesem Hintergrund ist es denn auch wichtig, die Katastrophe resolut aufzuarbeiten.
Bei alledem gibt es auch heute schon wieder sehr besorgniserregende Schlagzeilen: "Schon wieder Code Orange", warnt etwa Het Belang van Limburg. "Die Flutopfer im Wesertal werden schon wieder zur Evakuierung aufgerufen", bemerkt besorgt L'Avenir.
Pukkelpop: Die Augen waren größer als der Bauch
Viele flämische Zeitungen machen ihrerseits wieder mit dem Pukkelpop-Festival auf. Die Organisatoren haben gestern die diesjährige Auflage abgesagt. "Strenge Regeln versetzen Pukkelpop den Todesstoß", titelt Het Nieuwsblad. Het Belang van Limburg ist präziser: "Neue Testauflagen werden Pukkelpop zum Verhängnis".
Die Leitartikel sind bei der Bewertung hin- und hergerissen. "Wer ist schuld? Die Politik oder die Organisatoren?", fragt sich etwa Het Belang van Limburg. Diese Diskussion läuft auf die Frage hinaus, was zuerst da war: das Huhn oder das Ei. Auf der einen Seite hat Pukkelpop womöglich die Augen größer als den Bauch gehabt. Auf der anderen Seite mag man der Politik vorwerfen, zu vorsichtig zu agieren. Aber hatte sie eine andere Wahl? Angesichts der Delta-Variante und der überall steigenden Zahl der Neuinfektionen musste man irgendwo eine Grenze setzen. Niemand will schließlich eine vierte Welle. Wenn der Hunger nach Freiheit auch riesengroß ist, vielleicht ist es wirklich besser, wenn ein so großes Ereignis erstmal nicht stattfindet.
Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen
"Musste Pukkelpop denn unbedingt gleich in die Vollen gehen?", kritisiert Het Laatste Nieuws. Kaum hatte es das prinzipielle grüne Licht für Großereignisse gegeben, da kündigte Pukkelpop schon eine viertägige Auflage mit jeweils 60.000 Besuchern pro Tag an. Maximalkapazität. Weniger hätte auch gereicht, zumindest für den Anfang. Das kann man jedenfalls mindestens unvorsichtig nennen.
Gazet van Antwerpen sieht das ähnlich. Und letztlich stellt sich hier auch die Frage, ob die Behörden nicht auf's falsche Pferd gesetzt haben, indem sie vor allem die großen Festivals unterstützt haben. Pukkelpop und auch Tomorrowland sind inzwischen aus dem Rennen. Man hätte sich vielleicht besser auf kleinere Veranstaltungen konzentriert.
Hoffentlich ist die Pukkelpop-Absage kein Zeichen an der Wand, meint seinerseits besorgt Het Nieuwsblad. Hier zeigt sich jedenfalls, dass das vielbeschworene "Reich der Freiheit" doch nicht so nah lag, wie man gehofft hatte. Pukkelpop sollte zum Symbol für die Rückkehr zur Normalität werden. Es steht zu wünschen, dass diese Geschichte nicht der Vorbote für das Gegenteil ist.
Wenn diese Geschichte eins zeigt, dann die Wichtigkeit der Impfungen, sind La Libre Belgique und La Dernière Heure überzeugt. Denn das ist es, was Pukkelpop den Hals gebrochen hat. Zu viele Jugendliche sind noch nicht geimpft. Bei einer höheren Impfquote werden Großveranstaltungen gleich doch wieder möglich. In dem Sinne, so La Dernière Heure, haben die Jugendlichen das auch selbst in der Hand.
Roger Pint