"Olympische Spiele – trotz allem!", titelt Le Soir. "Tokio entzündet wieder das Olympische Feuer – aber ohne Publikum", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. "Jagd auf Gold kann endlich beginnen", so die erwartungsvolle Schlagzeile von Het Belang van Limburg.
Heute wird in Tokio die Sommerolympiade eröffnet. Das Großereignis war wegen der Pandemie um ein Jahr verschoben worden. Doch ist die Ausgangslage in diesem Jahr eigentlich nicht wesentlich besser. Rein sportlich gesehen sind die Erwartungen hoch. "Team Belgien darf träumen", glaubt etwa Het Nieuwsblad. "Zehn Medaillen sollten schon drin sein", schreibt sinngemäß Gazet van Antwerpen. "Ist es die stärkste belgische Delegation aller Zeiten?", fragt sich die De Standaard.
Auf vielen Titelseiten sieht man Fotos der aussichtsreichsten Medaillenhoffnungen: die Red Lions, also das Feldhockey-Team, die Kunstturnerin Nina Derwael, die Radfahrer Wout Van Aert und Remco Evenepoel oder die Siebenkämpferin Nafissatou Thiam.
Historische Sommerspiele und Festival-Wirrwarr
Es sind jetzt schon historische Spiele, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Noch nie in der modernen Geschichte der Olympischen Spiele war eine Auflage derartig bedroht wie die, die heute beginnt. Noch in dieser Woche stand die Frage im Raum, ob nicht doch wieder verschoben werden soll. Ginge es nur nach den Japanern, dann wäre das wohl auch passiert. Dass man doch an den Spielen festgehalten hat, dafür gibt es einen einfachen Grund: das liebe Geld. Im Falle einer Absage wären dem Internationalen Olympischen Komitee astronomische Beträge aus den Senderechten durch die Lappen gegangen. Man sollte dem IOC hier aber nicht gleich reine Geldgier unterstellen. Das Geld wird nämlich in erster Linie an die nationalen Verbände weitergereicht, die ihrerseits damit ihre Sportler unterstützen. Man musste mit allen Mitteln verhindern, dass die Athleten am Ende die Zeche zahlen.
Nun findet die Sommerolympiade also doch statt. Und seien wir ehrlich: Wir freuen uns drauf, notiert L'Avenir. Vor allem ist das eine Erleichterung für die Athleten, die sich seit inzwischen fünf Jahren auf dieses Ereignis vorbereiten. Leider werden die Wettkämpfe weitgehend vor leeren Rängen stattfinden. Doch eine Medaille bleibt letztlich eine Medaille. Apropos: 2016 hat Team Belgien in Rio sechs Mal Edelmetall gewonnen. Diesmal darf man noch auf mehr hoffen, auf vielleicht sogar denkwürdige Spiele.
Zu dem olympischen Hin und Her passt auch das Wirrwarr um die diesjährige Ausgabe des Pukkelpop-Festivals in der Nähe von Hasselt. "Pukkelpop erhöht den Druck", titelt Het Laatste Nieuws. "Pokern um Pukkelpop", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. Die Verantwortlichen des Großereignisses haben gestern die Aufbauarbeiten und den Ticketverkauf ausgesetzt. Grund sind die neuen Beschlüsse des Konzertierungsausschusses vom vergangenen Montag. Demnach darf bei Großveranstaltungen ein PCR-Test höchstens 48 Stunden alt sein. Es ist ja so, dass der Zugang nur Geimpften beziehungsweise Getesteten vorbehalten ist. Tests mit einer Gültigkeit von 48 Stunden sind ein Problem für ein Festival, das drei Tage dauert. "Pukkelpop verschluckt sich an der Teststrategie", titeln denn auch Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg.
Regeln sind Regeln
Die Pukkelpop-Organisatoren kommen dann doch mit einem gehörigen Schuss Arroganz daher, kritisiert Gazet van Antwerpen. Durch das Aussetzen aller Vorbereitungen wollten sie offensichtlich eine Drohkulisse aufbauen. Wenn die Veranstalter "mehr Klarheit" verlangten, dann lautet die Botschaft eigentlich: Die neuen Regeln passen uns nicht.
Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke reagierte not amused, gab dann aber eiskalt die gewünschten Erläuterungen. Kurz und knapp: Die Regeln sind die Regeln. Und wenn sich Pukkelpop nicht daran halten kann, dann findet das Festival eben nicht statt. Und mal ehrlich: Die Macher hätten nach anderthalb Jahren Corona durchaus wissen können, dass sich die sanitäre Lage schnell verändern kann. Es wäre vielleicht besser gewesen, die diesjährige Auflage gleich abzusagen.
Die Entscheidung vom Montag kommt sicher nicht aus heiterem Himmel, ist auch De Standaard überzeugt. Gerade erst hatten ja auch Hausärzteverbände ihre deutlichen Bedenken zum Ausdruck gebracht und dazu aufgerufen, mit Großereignissen noch ein bisschen zu warten. Doch wagt es offensichtlich niemand, die fatale Entscheidung zu fällen. Und man mag sich fragen, ob nicht die Organisatoren letztlich dazu gebracht werden sollen, selbst das Handtuch zu werfen. Wenn diese Geschichte eins zeigt, dann die Feststellung, dass allein die Impfung in der Praxis am Ende wohl die Eintrittskarte zur Normalität sein wird. Das hinterhältige Coronavirus lässt uns keine andere Wahl.
De Morgen schlägt in dieselbe Kerbe. Die Warnung der Hausärzte muss man ernst nehmen. Sie waren in dieser Krise immer wie die Kanarienvögel in der Kohlenmine: Was sie in ihren Praxen sehen, das sind immer die Vorboten. Auf der anderen Seite wirft die Saga um Pukkelpop aber letztlich auch die Frage nach dem Wert der Impfungen auf. Konkret: Wie soll man Menschen dazu motivieren, sich impfen zu lassen, wenn ein Ereignis wie Pukkelpop dann am Ende doch nicht stattfinden kann? Die Politik sollte sich aber in jedem Fall entscheiden: Entweder man unterstützt die Organisatoren, oder man verbietet die Veranstaltung. Dazwischen zu lavieren, das ist keine Option.
Das Krisenmanagement muss überdacht werden
Het Belang van Limburg hält seinerseits das Pukkelpop-Festival sogar für richtungsweisend. Mitte August könnte in Kiewit bei Hasselt der Beweis erbracht werden, dass die sichere Durchführung von Großereignissen möglich ist. Das wäre ein wichtiges Signal an eine ganze Branche. Insofern hängt auch ein großes Maß an Hoffnung an der Veranstaltung. Natürlich wird Vorsicht in den nächsten Wochen und Monaten immer noch großgeschrieben werden müssen. Pukkelpop könnte aber zum Symbol unserer wiedergewonnenen Freiheit werden.
Einige Zeitungen berichten heute natürlich auch wieder über die Lage in den Katastrophengebieten in der Wallonie. "Drohende Rattenplage: Wettlauf gegen die Zeit", so die Aufmachergeschichte von L'Avenir. "Die Betroffenen werden skrupellos ausgeplündert", klagt La Dernière Heure an. "Das Krisenmanagement wirft ernste Fragen auf", berichtet seinerseits L'Echo. Es erhärtet sich der Verdacht, dass es zu schweren Fehlern und Versäumnissen gekommen ist. Das muss aufgearbeitet werden, fordert La Libre Belgique. Hier geht es nicht darum, einen Sündenbock an den Pranger zu stellen. Auch soll hier nicht der x-te Untersuchungsausschuss eingesetzt werden. Hier geht es allein darum, solche Katastrophen in Zukunft zu verhindern.
Roger Pint