"Warum immer mehr Lockdown-Partys stattfinden", so die Aufmachergeschichte von De Morgen. "Sollten Lockdown-Partys härter bestraft werden?", fragt sich das GrenzEcho. Het Nieuwsblad setzt das Ganze in den Imperativ: "Erhöht drastisch die Geldbußen für Lockdown-Partys", schreibt das Blatt auf Seite eins.
Es war letztlich DAS Thema des Wochenendes: So ein bisschen überall im Land musste die Polizei Lockdown-Partys beenden. In der Brüsseler Stadtgemeinde Laeken waren sogar 100 Personen anwesend; die Feier war quasi generalstabsmäßig organisiert, bis hin zu Shuttle-Bussen. Entsprechend wird der Ruf lauter nach strengeren Strafen für die Teilnahme an solchen Lockdown-Partys. Wie Het Laatste Nieuws berichtet, hat Justizminister Vincent Van Quickenborne auch schon sehr konkrete Pläne in diese Richtung. In der Praxis will Van Quickenborne dafür sorgen, dass alle Beteiligten automatisch vor ein Gericht gestellt werden. Der "Tarif": "Geldbußen von bis zu 4.000 Euro und drei Monate Haft für Lockdown-Partys", schreibt das flämische Massenblatt auf Seite eins.
Nach Einkommen gestaffelte Strafen nötig
"Wie lange dauert das noch, ehe hier hart durchgegriffen wird?", fragt sich anklagend Het Nieuwsblad. Diese Lockdown-Partys sind wie ein Ölfleck; man muss schnell reagieren, wenn man vermeiden will, dass er sich ausbreitet. Nur die Strafen zu verschärfen, das wird mitunter nicht reichen. Zwar ist jeder vor dem Gesetz gleich, in der Praxis stimmt das aber nicht. Ums mal so auszudrücken: Jemand, der einen Dacia fährt, der muss gegebenenfalls bluten, derjenige, der sich einen Tesla Model X leisten kann, für den ist das ein Klacks. Im Klartext: Die Strafen müssen je nach Einkommen gestaffelt werden. Um jene zehn Prozent, die sich einen Dreck scheren um die Regeln zur Raison zu bringen, braucht es ein resolutes Vorgehen. Je mehr über Lockdown-Partys berichtet wird, desto weniger werden die Menschen gewillt sein, sich über Weihnachten an die Regeln zu halten.
Das allerdings muss nicht so sein. "Acht von zehn Belgiern werden sich über die Weihnachtstage an die Regeln halten", titelt Le Soir. Das geht auch aus dem Polit-Barometer hervor, das die Zeitung seit Samstag veröffentlicht. Demnach haben sieben von zehn Belgiern ganz konkret Angst vor einer dritten Welle, die quasi im Fahrwasser der Weihnachtstage ins Rollen geraten könnte.
Durchhalten: Fast ein Jahr bis Risikogruppen geimpft sind
Das Ganze ist und bleibt ein Marathonlauf, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Am Wochenende gab es wieder einen neuen Beweis dafür. Jetzt musste auch Deutschland einen verschärften Lockdown ankündigen, das Land also, das bislang quasi als Vorbild durchging. In Italien und in Frankreich ist die Lage ebenfalls nach wie vor sehr besorgniserregend. Und auch bei uns sinken die Zahlen nicht mehr; sie bleiben auf einem noch immer viel zu hohen Niveau. Heißt: An neue Lockerungen ist nicht zu denken. Und Impfstoff hin oder her, wir sind noch längst nicht überm Berg. Natürlich macht sich da Corona-Müdigkeit breit; nur haben wir leider keine andere Wahl.
Spätestens am Beispiel Deutschland sehen wir, dass wir nicht lockerlassen dürfen, meint auch Le Soir. Wenn an diesem Freitag die Regierungen des Landes zu einem neuen Konzertierungsausschuss zusammenkommen, dann muss klar sein, dass am bisherigen Kurs nichts verändert werden darf. Natürlich ist das hart, natürlich gibt es Menschen, die es leid sind, unter einer Käseglocke zu leben. Die Regierungen sollten am Freitag nicht über Weihnachten sprechen, sondern vielmehr über die Frage, wie wir das Ganze bis zum Sommer durchstehen sollen.
Eben deswegen ist die Versuchung ja so groß, einmal den Deckel hochzuheben, um Druck vom Kessel zu lassen, meint L'Avenir. Viele können einfach nicht mehr. Und das Grundrauschen wir hörbar lauter; das Knurren und Grummeln all jener, denen das Ganze inzwischen regelrecht auf den Zeiger geht. Das gilt vor allem für junge Menschen. Viele von ihnen sind aber auch von dieser Krise wachgerüttelt worden; sie träumen inzwischen von einer neuen, einer anderen Welt. Statt sich darauf zu beschränken, mit dem Finger auf die Jugendlichen zu zeigen, sollte man ihnen auch vielleicht mal zuhören.
Von der erfrischenden Euphorie infolge der Aussicht auf einen Impfstoff ist nicht mehr viel übriggeblieben, konstatiert jedenfalls ernüchtert De Standaard. Es wird wohl am Ende fast ein Jahr dauern, ehe hierzulande nur die Risikogruppen geimpft sind. Unser Grundvertrauen wird in dieser Krise auf eine harte Probe gestellt. Das Vertrauen nicht nur in unsere politisch Verantwortlichen, sondern auch das in die Wissenschaft, die Ärzte, die Medien und die Impfung. Das kann auf Dauer gefährlich werden. Für unsere offenen Demokratien ist das ein außergewöhnlicher Stresstest.
Brexit-Verhandlungen gehen noch einmal in letzte Runde
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute auch wieder mit dem Brexit. "Es ist der letzte Versuch, um doch noch einen No-Deal zu verhindern", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. Gestern ist ja eigentlich die letzte Frist abgelaufen. Und doch haben sich beide Seiten entschlossen, weiter zu verhandeln. Le Soir hat da eine originelle Formulierung gefunden: "Es sind die Verhandlungen, die nicht aufhören zu enden".
In dieser Geschichte kann es nur Verlierer geben, meint Het Belang van Limburg. Zentral steht die EU-Forderung nach einem "gleichen Spielfeld": Wollen die Briten einen uneingeschränkten Zugang zum Binnenmarkt behalten, dann werden sie sich an die gleichen Wettbewerbsregeln halten müssen wie die EU-Länder. Auf die Gefahr hin, dass der Wettbewerb eben verzerrt wird. Klar ist das eine bittere Pille für ein Land, dass doch eigentlich die Kontrolle über sein Schicksal zurückgewinnen wollte, Stichwort "Taking back control". Nur wird sich die EU in Bezug auf den Binnenmarkt nie spalten lassen; auch nicht durch einen Ex-Journalisten, der um sein politisches Überleben kämpft.
Das GrenzEcho ist sich da nicht so sicher. Besonders die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zuletzt beim Brüsseler EU-Gipfel die Kompromisse aneinandergereiht, die bei genauerem Hinsehen nicht immer überzeugend sind. Das lässt mit Blick auf die Brexit-Verhandlungen befürchten, dass die EU am Ende doch auf den letzten Zentimetern den Briten Zugeständnisse macht, die sogar den mittelfristigen Fortbestand der EU gefährden könnten.
Gazet van Antwerpen glaubt das nicht. Den Briten ist längst aufgegangen, dass sie sich verkalkuliert haben. Sie wollen ein großes Rosinenpicken veranstalten. Inzwischen beginnen sie zu verstehen, dass man nur zusammen Handel treiben kann, wenn man sich an dieselben Regeln hält. Unlautere Konkurrenz wird kein EU-Staat akzeptieren, ob der nun Ungarn oder Deutschland heißt. Es werden also entweder die EU-Regeln gelten, oder eben es gibt einen No-Deal. Wobei die Briten da wesentlich mehr zu verlieren haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass den Briten der Brexit noch leid tun wird. Aber, wie das häufig so ist: Bedauern kommt immer zu spät.
Roger Pint