"Trump in Militärkrankenhaus gebracht", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "US-Präsident - Corona-Infektion mitten im Wahlkampf", liest man beim GrenzEcho. "Die Ansteckung von Donald Trump - der jüngste Schock einer außergewöhnlichen Amtszeit", titelt L'Echo.
Die Meldung, dass Donald Trump und zahlreiche Menschen in seinem Umfeld positiv auf das Corona-Virus getestet worden sind, hat eingeschlagen wie eine Bombe. Nicht nur, weil das Verhalten Trumps während der Pandemie von Anfang an kontrovers war, sondern besonders auch wegen der möglichen Folgen für den Wahlkampf und die im November anstehenden Wahlen.
Trump abzuschreiben wäre ein Fehler
Diese Nachricht hat in den Vereinigten Staaten und in der gesamten Welt einen regelrechten Tsunami ausgelöst, kommentiert Le Soir. Gerade die Börsen reagierten nervös. Donald Trump hat seit Beginn der Corona-Krise mit dem Feuer gespielt. Er hat die Ansteckungsrisiken unterschätzt und quasi nie eine Schutzmaske getragen. Im Gegensatz zu seinem demokratischen Herausforderer, Joe Biden. Trump hat die Schwere der Pandemie öffentlich pausenlos verharmlost. Immer wieder hat er behauptet, dass das Virus von selbst verschwinden würde. Von den zahlreichen "Wunderheilmitteln", die er angekündigt oder beworben hat, ganz zu schweigen.
Aber Trump ist ein Mann, dem nichts ferner liegt, als sich unterkriegen zu lassen, selbst mit 74 Jahren. Auch im Angesicht großer Widerstände gelingt es ihm immer wieder, sich wieder aufzuraffen. In dem Monat, der noch bis zu den Wahlen bleibt, könnte er noch einige Überraschungen in petto haben. Diejenigen, die ihn jetzt schon abschreiben, täten gut daran, sich an 2016 zu erinnern. Ja, Trump hat mir dem Feuer gespielt, aber er hat noch nicht verloren.
Ärger bei Groen und MR
Andere Leitartikel greifen Themen rund um die neue Föderalregierung auf. Insbesondere der interne Konflikt bei den flämischen Grünen sorgt für Aufsehen. Der Kammerfraktionsvorsitzende Kristof Calvo, der für Groen ja über Vivaldi verhandelt hatte, war bei der Verteilung der Vizepremier- und Ministerposten überraschend leer ausgegangen. Groen ist von einem Phänomen getroffen worden, dass bei den Grünen nicht unüblich ist, stellt L'Avenir fest. Nämlich die Köpfe, deren Stern am Steigen ist, abzuschneiden. "Anders Politik zu machen" ist eben nicht so einfach. Wobei die Frage ist, inwiefern grüne Politik tatsächlich anders ist. Kristof Calvo hat mit der Entscheidung gehadert, sich aber gebeugt. Aber diese Episode wird zweifellos ihre Spuren hinterlassen.
Man kann viel über Kristof Calvo sagen, so Gazet von Antwerpen. Dass er manchmal zu viel von einem Pitbull hat, dass er die Welt zu radikal an seine eigenen noblen Ansichten anpassen will, dass er Andersdenkenden zu quengelig die Leviten liest. Kurzum: jemand, der Widerstand provoziert. Trotz des Tiefschlags aus der eigenen Partei hat er aber die neue Vivaldi-Regierung am Freitag mit Leidenschaft weiter verteidigt. Dafür hat er zurecht viel Applaus bekommen und sogar Theo Francken vom "Erzfeind" N-VA hat ihn als "großen Politiker" gelobt. Auch wenn die tatsächlichen Beweggründe der Grünen für diese Entscheidung noch unklar sind, eines kann man sagen: Für die Regierung ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass Calvo nicht mitdrinsitzt. Er wäre nämlich die Traum-Zielscheibe für die rechte Opposition gewesen. Vielleicht ist es auch für Calvo selbst besser. Statt unmittelbar wieder in einer sehr exponierten Position zu landen, kann er erstmal wieder frische Energie tanken. Die Vivaldi-Koalition, die er selbst als letzte Verteidigungslinie gegen die Politik-Verdrossenheit sieht, wird ihn sicher noch öfter brauchen, als ihm lieb sein kann.
Calvo sollte nicht sauer auf die Groen-Vorsitzende Meyrem Almaci sein, empfiehlt Het Laatste Nieuws. Er sollte ihr dankbar sein. Manche Politiker mögen bei der eigenen Basis sehr populär sein, aber bei Anderen haben sie eine Wirkung wie das rote Tuch auf den Stier. Und eines darf man auch nicht vergessen: Calvo ist mit seinen 33 Jahren für einen Politiker noch blutjung. Man kann ihn lieben oder hassen, aber wer in dem Alter schon so viel erreicht hat, den kann man mit Recht als politisches Talent bezeichnen. Er hat noch genug Zeit, um mehr zu erreichen.
Ärger gibt es auch bei den frankophonen Liberalen: Der MR-Vorsitzende Georges-Louis Bouchez hat es sich mit seiner eigenen Partei durch die verkorkste Personalpolitik der letzten Tage offenbar ziemlich verscherzt. Inzwischen wird sogar sein Rücktritt gefordert. Bouchez hat es geschafft, die MR wieder mit an die Macht zu bringen, erinnert La Libre Belgique. Seine Bilanz, was den internen Zusammenhalt angeht, ist aber schlicht negativ. Seine größte Schwäche sind seine Alleingänge, seine Einstellung, dass er immer Recht hat, dass er immer mehr weiß, als die anderen. Ein Parteipräsident ist kein Diktator, der Karrieren ermöglicht oder beendet. Er muss Entscheidungen treffen, aber erst nachdem er zugehört hat. Das Gefühl, das jetzt bei der MR vorherrscht, ist Wut - und Scham. Wie diese interne Krise ausgehen wird, hängt vom Ausmaß des angerichteten Schadens ab - und von der Fähigkeit Bouchez', die Dinge wieder geradezubiegen.
Demokratie, Fortschritt, Respekt
Das GrenzEcho beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit dem Thema "Respekt". Die Corona-Krise hat verdeutlicht, dass der mangelnde Respekt vor der Meinung anderer nicht nur ein zwischenstaatliches, sondern ein zwischenmenschliches Problem ist, das unsere Gesellschaft zunehmend entzweit. Dabei lebt Demokratie von gegenseitigem Respekt und von Toleranz.
Aus dem für ein friedliches Zusammenleben notwendigen Austausch von Argumenten ist ein Be- und Verharren auf der eigenen Meinung geworden. Jedes, egal wie motivierte Verweigern von Dialog macht Fortschritt unmöglich. Das Erstarren des politischen Dialogs aber ist das Ende der Demokratie: im Kleinen wie im Großen.
Boris Schmidt