"Corona-Gefahr - Die Behörden raten von Klassenfahrten nach Italien und Frankreich ab", titelt Het Belang van Limburg. "Jetzt dürfen wir sogar nicht mehr auf Schulreisen", bedauert Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Die Auswirkungen der Corona-Krise beherrschen nach wie vor die Titelseiten. Das Außenministerium hat ja am Freitag seine Reiseempfehlungen aktualisiert. Das gilt aber zunächst nur für Schulen. Demnach sollten die also möglichst ihre Klassenfahrten nach Italien beziehungsweise in die Corona-Gebiete in Frankreich absagen. Einige Schulen kritisieren aber, dass die Empfehlungen offenbar nicht deutlich genug formuliert sind: "Dürfen wir jetzt, oder dürfen wir nicht unsere Italienreise antreten?", fragt sich ein Schuldirektor auf Seite eins von Gazet van Antwerpen. Viele hätten sich ein explizites Verbot gewünscht, statt einer bloßen Empfehlung.
"Schulreisen zu verbieten, das bringt nichts", titelt seinerseits Het Laatste Nieuws. Das ist die Meinung von Herman Goossens, Professor für Mikrobiologie an der Antwerpener Uniklinik. Seine Argumentation: Kinder entwickelten ohnehin nur selten die Krankheit. Und es gebe auch keine wirklichen Anzeichen dafür, dass Kinder eine Rolle spielen bei der Verbreitung des Virus, so die Meinung von Professor Goossens.
"Wir werden am Ende wahrscheinlich maximal 13.000 Patienten haben", sagt derweil Gesundheitsministerin Maggie De Block auf Seite eins von La Libre Belgique. 13.000, von denen 3.000 im Krankenhaus behandelt werden müssen. De Block beruft sich dabei auf Schätzungen der Experten, die die Regierung beraten. Aber apropos Maggie De Block: Le Soir nennt sie "Super-Maggie" und bringt heute ein Porträt der Open-VLD-Politikerin. De Block steht ja in diesen Corona-Zeiten besonders im Rampenlicht. So mancher schätzt ihre direkte Art der Kommunikation. Doch gab es zuletzt auch viel Kritik an der Gesundheitsministerin. In Le Soir setzt sie zum "Gegenangriff" an.
Lektion Nummer eins: die Angst beherrschen
Het Laatste Nieuws predigt heute in seinem Leitartikel für die eigene Kapelle: Man kann über die Medien sagen, was man will, aber im Moment machen sie einen guten Job. Dieses Kompliment kommt von kompetenter Stelle, genauer gesagt ist das die Meinung des Virologen Marc Van Ranst. Natürlich kann die reine Berichterstattung bei manchen Leuten schon Panik auslösen. Es gibt aber eine enorme Nachfrage für wissenschaftlich fundierte Informationen. Die Medien versuchen, so gut wie möglich, diese Nachfrage zu befriedigen. Informieren ohne zu verschweigen, aber auch ohne zu dramatisieren. Und ganz ehrlich: Wir nehmen uns jeden Tag vor, auch mal etwas weniger über das Coronavirus zu berichten und andere Themen hervorzuheben. Die Aktualität holt uns aber immer wieder ein.
An den Börsen hinterlässt die Corona-Krise eine Schneise der Verwüstung. "Das Coronavirus hat den Bel20-Index bereits um 18 Prozent einbrechen lassen", titelt etwa L'Echo. "Die Panik bei den Anlegern ist größer als bei Unternehmern", kann De Tijd nur feststellen. Aus einer Befragung geht hervor, dass sich die Auswirkungen der Krise auf die belgischen Unternehmen noch mehr oder weniger in Grenzen halten. Zwei Ökonomen warnen aber auf Seite eins von La Libre Belgique vor einem regelrechten Erdbeben: "Die Finanzkrise, die vor uns liegt, wird schlimmer sein, als die von 2008", sagen Jacques Attali und Bruno Colmant.
"Viel gefährlicher als das Virus selbst ist die Angst davor", ist De Tijd überzeugt. Frei nach dem früheren US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt: Es gibt nur eine Sache, die wir fürchten müssen, das ist die Furcht selbst. Die derzeitige Krise ist besonders schwer zu bekämpfen. Die reinen Zahlen sagen wenig aus, hier geht es vor allem um irrationale Reaktionen. Wie stark die Erschütterungen sein werden, das hängt im Wesentlichen von den Reaktionen der Verbraucher und der Unternehmen ab. Nur sind die nicht wirklich vorhersehbar. Die einzige Strategie, um wirklich großen Schaden abzuwenden, das ist, einen kühlen Kopf zu bewahren.
"Erste Lektion: die Angst beherrschen", empfiehlt auch L'Echo. In Belgien scheint das im Moment noch recht gut zu funktionieren. Jeden Tag pünktlich um 11:30 Uhr gibt Maggie De Block die neuesten Corona-Zahlen bekannt. Eine zugegebenermaßen makabre Statistik, die aber auch etwas Beruhigendes an sich hat. An manchen Stellen mögen Nachbesserungen durchaus möglich sein. Man darf aber behaupten, dass in Belgien in dieser ersten Corona-Woche jemand am Ruder stand. Das allgemeine Klima ist gesund - und so muss es bleiben.
"Vivaldi oder Requiem?"
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch mit der innenpolitischen Lage. Die beiden königlichen Beauftragten, Patrick Dewael und Sabine Laruelle, versuchen nach wie vor, eine Notregierung auf die Beine zu stellen. Das Ganze steht und fällt offenbar wieder mit der CD&V. Die flämischen Christdemokraten bleiben bei ihrer Haltung, wonach eine Regierung in Flandern über eine Mehrheit verfügen muss. Und das gilt bislang auch für ein Not-Kabinett. Am Montag will die Partei ihre Entscheidung treffen: "Vivaldi oder Requiem?", so fasst Le Soir das Dilemma der CD&V zusammen.
"Die CD&V plädiert jetzt auch für eine neue Staatsreform. Und das ist eigentlich positiv", glaubt Het Nieuwsblad. Bislang hieß es, man werde die laufende Legislaturperiode nutzen, um eine neue Staatsreform für das Jahr 2024 vorzubereiten. Damit würde aber das Klima für diesen ganzen Zeitraum vergiftet. Alle Beteiligten sollten sich auf ein gemeinsames Ziel verständigen. Das würde ohne Zweifel helfen, das Misstrauen auf beiden Seiten der Sprachgrenze abzubauen.
Het Belang van Limburg mahnt da aber zur Vorsicht: "Rührt um Gottes Willen nicht den Verfassungsartikel 35 an!", appelliert das Blatt. Artikel 35 sieht die Möglichkeit vor, dass alle Zuständigkeiten prinzipiell erstmal auf der Teilstaatenebene angesiedelt würden. Und danach würde man dann entscheiden, was man noch gemeinsam machen will. Aktiviert man diesen Hebel, dann öffnet man die Büchse der Pandora. Und dann droht ein innerbelgischer Rosenkrieg.
Weltfrauentag
Einige Zeitungen blicken schließlich noch auf den Weltfrauentag am Sonntag: "Der Kampf der Frauen für mehr Gleichberechtigung ist noch längst nicht gewonnen", stellt L'Avenir fest. Frauen werden nach wie vor benachteiligt, etwa in Punkto Bezahlung. Außerdem sind sie in vielen Bereichen immer noch unterrepräsentiert. Ganz zu schweigen vom Themenkomplex Gewalt gegen Frauen.
"Nur müssen die Männer das erst noch einsehen", meint La Libre Belgique. Wobei, zugegeben: Man kann durchaus ein "männliches Erwachen" beobachten. Viele Männer haben längst die Augen geöffnet, ihr Verhalten angepasst, ihre Vorurteile abgebaut. Das gilt aber leider immer noch nicht für alle.
Roger Pint