"Das Coronavirus taucht erstmals in einer Schule auf", titelt Het Belang van Limburg. "Coronavirus hält Ostbelgien auf Trab", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins.
Einige Zeitungen beschäftigen sich zunächst mit neuen Corona-Fällen in ihrem jeweiligen Einzugsgebiet. In Eupen gibt es ja jetzt einen ersten Patienten, der positiv auf das Virus getestet wurde. In Tienen ist ein Schüler erkrankt. In Hasselt sind zwei Schüler des örtlichen Athenäums möglicherweise ebenfalls infiziert. Aber: "Schulen zu schließen, das wäre sinnlos", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Das ist die Ansicht des Löwener Virologen Marc Van Ranst. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder oder Jugendliche an der neuartigen Krankheit sterben, sei äußerst gering, so die Argumentation des Wissenschaftlers.
Die föderale Gesundheitsministerin Maggie De Block lanciert auf Seite eins von Het Nieuwsblad und von Gazet van Antwerpen einen flammenden Appell: "Sind Sie krank? Bleiben Sie zuhause!", fordert De Block. Sie denkt da vor allem auch an Alten- und Pflegeheime. Wenn jemand das Virus in eine solche Einrichtung tragen würde, dann könnten die Folgen dramatisch sein.
"Wie das Virus unsere Urlaubspläne verhagelt", so derweil die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. Auf acht Sonderheiten zeigt das Blatt unter anderem auf, wie das Coronavirus im Moment unser Leben verändert. "Flüge gestrichen, Buchungen storniert, die Reisebranche zwischen Hoffnung und Angst", notiert auch De Standaard. In einigen Sektoren lässt die Angst vor Covid-19 die Geschäfte abkühlen. Viele Länder werden wohl ihre Wachstumsaussichten nach unten korrigieren müssen.
Schweres Geschütz kann nicht überzeugen
Für den belgischen Patienten sind das schlechte Neuigkeiten, glaubt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Unsere Staatsfinanzen müssen schon jetzt künstlich beatmet werden. Das Haushaltsloch beläuft sich bereits auf zwölf Milliarden Euro. Das ist zum Teil das Erbe der Regierung Michel, die unter anderem ihren Tax-Shift nicht ausreichend gegenfinanziert hatte. Jetzt sorgen die Folgen der Ausbreitung des Coronavirus aber nochmal für zusätzlichen Druck. Allein durch die gedämpften Wachstumsaussichten dürfte das Loch wieder um mindestens eine Milliarde Euro größer werden. Hätten die politischen Parteien ihre Verantwortung übernommen, dann wäre das zu vermeiden gewesen. Jetzt stehen wird da mit einer geschäftsführenden Regierung, die auf eine wirklich handfeste Krise nicht reagieren kann.
Die US-Notenbank Fed hat ihrerseits reagiert. "Die Fed trifft die spektakulärsten Krisenbekämpfungsmaßnahmen seit elf Jahren", schreibt etwa de Tijd auf Seite eins. Die Zentralbank hat den Leitzins um stattliche 50 Basispunkte gesenkt. So etwas gab es zuletzt 2008-2009 infolge der Finanzkrise. "Die Fed fährt schweres Geschütz auf, kann die Märkte aber nicht überzeugen", so die warnende Schlagzeile von L'Echo. Der Dow Jones, der wichtigste amerikanische Börsenindex, gab erneut um knapp drei Prozent nach.
Übertriebene Pferdemedizin
Grund dafür ist wohl, dass es für die Entscheidung der Fed zwei mögliche Lesarten gibt, meint de Tijd in ihrem Leitartikel. Erste Interpretation: Die Notenbank will der Wirtschaft unter die Arme greifen. Zweite Möglichkeit aber: Die Fed ist der Einschätzung, dass der wirtschaftliche Schaden durch das Coronavirus enorm hoch sein könnte. Eine solche Perspektive ist natürlich für die Märkte nicht wirklich vertrauenserweckend. Nach einem Gegenmittel zu suchen ist legitim. Gleich zur Pferdemedizin zu greifen, wäre aber nicht nötig gewesen.
Immerhin gab es in den letzten Tagen Absprachen zwischen den wichtigsten Zentralbanken auf der Welt, lobt L'Echo. Zum ersten Mal seit 2008 scheinen sich die Notenbanker aus den USA, China, Australien und auch der Eurozone abgestimmt zu haben. Ob sie damit den Brand an den Finanzmärkten löschen können, das steht auf einem anderen Blatt. Die Europäische Zentralbank EZB verfügt nämlich nur über einen sehr geringen Handlungsspielraum. Sie hatte in den letzten Jahren ihr Pulver verschossen und noch keinen neuen Reserven angelegt.
"Flüchtlinge sind keine Handelsware"
"Schaut mal, da ist eine Flüchtlingskrise", schreibt derweil Het Nieuwsblad auf Seite eins. Zu sehen sind die wichtigsten Vertreter der EU, allen voran die Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel. Sie waren gestern im griechisch-türkischen Grenzgebiet, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Seit der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Grenzen geöffnet hat, drängen tausende Flüchtlinge in Richtung Europa. Die griechischen Grenzschützer setzen unter anderem Tränengas ein, um die Menschen zurückzudrängen. "Zutritt verboten", notiert denn auch sinngemäß De Morgen. "Verzweiflung an der griechischen Grenze", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins.
"Flüchtlinge sind keine Handelsware", wettert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Der türkische Präsident missbraucht die Migranten, benutzt sie wie ein politisches Faustpfand. Er weiß, dass eine neue Flüchtlingskrise in Europa Rechtsextremisten nach oben spülen würde. Die ersten Opfer wären allerdings türkische Einwanderer, wie etwa vor zwei Wochen in Hanau. Die EU muss ihre Freiheit wieder erlangen, muss sich aus der Abhängigkeit von diesem erpresserischen Präsidenten lösen.
Deal mit Autokraten – einfacher als neue Flüchtlingspolitik
Dafür bräuchte die EU aber eine gemeinsame Asyl- und Flüchtlingspolitik, scheint Le Soir einzuhaken. Davon sind wir aber leider weiterhin weit entfernt. Einige EU-Staaten stehen da nach wie vor mit beiden Füßen auf der Bremse. Stattdessen werden jetzt Migranten mithilfe von Tränengas ferngehalten. Selbst die moralischsten EU-Länder haben sich offensichtlich inzwischen dieser unmoralischen und illegalen Praxis gebeugt.
Die Welt lernt nicht aus Krisen, meint das GrenzEcho. Fünf Jahre hatte die EU Zeit, sich eine neue Flüchtlingspolitik zu geben. Wir sind aber keinen Schritt weiter. Einig ist man sich nur über schmutzige Deals mit Autokraten oder fragwürdigen Regimen.
Het Laatste Nieuws sieht das ähnlich. Die EU verletzt ihre eigenen Regeln - und Erdogan grinst hämisch, meint das Blatt sinngemäß. Doch statt jetzt endlich an einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik zu arbeiten, denken die Europäer hinter den Kulissen schon an ein neues Abkommen mit Erdogan. Es ist offensichtlich einfacher, mit einem Autokraten einen Deal abzuschließen, als die 27-EU-Staaten auf eine Linie zu bringen. Heute ist Erdogan der große Buhmann, morgen vielleicht schon wieder der nicht zu vermeidende Nachbar.
Roger Pint