"Das Coronavirus erschüttert den Planeten", titelt am Samstag Le Soir. "Börsengewinne eines Jahres durch Coronavirus weggewischt", heißt es dazu bei La Libre Belgique. De Tijd versieht das Drama mit einer Zahl: "6.000 Milliarden Dollar Börsengewinne verdampfen innerhalb einer Woche". Das Coronavirus hat auch die Zeitungen weiterhin fest im Griff.
Die Krise des Covid-19 hat zwei unterschwellige Gefühle bestätigt, schreibt L'Echo. Unsere Industrien sind mittlerweile zu abhängig von chinesischen Lieferketten. Und Chinas Konsum hat im Gleichgewicht der Weltwirtschaft heute so viel Gewicht, dass dortige Probleme weltweit Unternehmen ab einer bestimmten Größe betreffen.
Seitdem die Epidemie Europa erreicht hat, haben wir allerdings noch ein weiteres Level erreicht. Mittlerweile stellt Covid-19 die gesamte Globalisierung infrage. Müssen wir einen Schritt zurückgehen? Handelsbeziehungen kappen? Seien wir ehrlich: Das ist illusorisch. Niemals kann der freie Verkehr von Waren und Personen infrage gestellt werden. Vielmehr zeigt die Krise, dass wir globale Probleme, die auch künftig immer häufiger auftreten werden, gemeinsam und koordiniert angehen müssen, ist L'Echo überzeugt.
Noch hat die Krankheit bei uns nicht zugeschlagen, stellt De Standaard fest. Aber realistisch gesehen ist das nur noch eine Frage von Tagen, hoffentlich Wochen. In Erwartung des Kampfes gegen Covid-19 wird die Bevölkerung schon jetzt mit einem Strom an alarmierenden Nachrichten konfrontiert. Zusammen mit den Auswirkungen auf das öffentliche Leben, entsteht dadurch ein psychologischer Pessimismus, der die reale Gefahr übersteigt.
Dennoch sind jegliche Vorsichts- und Vorbereitungsmaßnahmen zu verteidigen. Denn sie verlangsamen die Ausbreitung, was uns Zeit bringt. Je später das Virus hier zuschlägt, desto größer ist die Chance, dass die Grippesaison bis dahin schon zu Ende ist. Dann haben die Krankenhäuser und das Gesundheitssystem im Allgemeinen mehr Kapazitäten, meint De Standaard.
Zynische "Corona-Koalition"
Het Nieuwsblad verknüpft das Coronavirus mit der politischen Situation in Belgien. Der CD&V-Vorsitzende Joachim Coens hatte zuletzt die Bildung einer "Corona-Koalition" angeregt, damit Belgien in der Krise nicht ohne Regierung dasteht. Coens war in einem früheren Leben mal Ko-Vorregierungsbildner. Damals hatte er die Karten in der Hand, aber verspürte offensichtlich nicht die Dringlichkeit, Mitspieler zu finden, um die zahlreichen Krisen unseres Landes anzugehen: Brandbriefe der EU, steigende Staatsschulden, der Brexit, Unzufriedenheit der Wähler – Eile schien trotz allem nicht vonnöten. Es wäre nun zynisch, wenn ein externer Faktor das nun vollbringen würde.
Coens' Aufruf passt viel eher in die Strategie, auf die alle Parteien setzen: Wir waschen unsere Hände in desinfizierender Unschuld. Eine "Corona-Koalition" wird es nicht geben. Allerdings ist das Ganze eine treffende Beschreibung dafür, wie erkrankt die Politik in diesem Land ist, wettert Het Nieuwsblad.
Ähnlich sieht das auch De Morgen. Was fordert der CD&V-Vorsitzende Joachim Coens da eigentlich? Lasst uns auf die Suche nach einer Gruppe von Parteien gehen, die eine Mehrheit im Parlament hinter sich haben und das Land regieren wollen. Aber das kennen wir ja schon alles: Die CD&V will nur mit der N-VA; die PS will nicht mit der N-VA; Groen will mit Ecolo, die aber nur ohne die N-VA wollen. Diese Liste macht jede Koalition quasi unmöglich. Coens' Forderung ist vor allem ein PR-Move, giftet De Morgen.
Erdoğan in der Zwickmühle
Als ob die Hysterie um das Coronavirus nicht schon gereicht hätte, so beginnt das Grenz-Echo seinen Leitartikel. Jetzt spekuliert der türkische Autokrat Recep Erdoğan in Syrien auch noch auf den Bündnisfall der NATO. Der jetzt nach Hilfe rufende Erdoğan hat sich in diesem Konflikt dermaßen verzettelt, dass er selbst nicht mehr weiß, auf welcher Seite er eigentlich steht. Die NATO ist gut beraten, Erdoğans Drängen nicht nachzugeben. Genauso sollte die EU auch weiterhin Erdoğans Erpressungsversuche, die Grenze für Flüchtlinge nach Europa zu öffnen, ignorieren, fordert das GrenzEcho.
Der Tod von 33 türkischen Soldaten im Nordwesten Syriens bringt Präsident Erdoğan in eine Zwickmühle, stellt L'Avenir fest. Anfangs hatte er durch den Einsatz des türkischen Militärs in Syrien noch Pluspunkte bei seinen Wählern sammeln können. Doch nun, da sich der Konflikt festzufahren scheint und sich menschliche Verluste häufen, schwindet das Vertrauen. Es zeigt sich mal wieder, dass der Einsatz von Waffen eine Sackgasse ist. Am Ende sind die Kriegsteilnehmer erschöpft. Dann muss auf den Trümmern, die sie hinterlassen, wieder aufgebaut werden. Europa hat das vor sechs Jahrzehnten demonstriert. Auch wenn es das heute allzu oft vergisst, mahnt L'Avenir.
Die Uhr tickt
Le Soir blickt auf die anstehenden Kommunalwahlen in Frankreich. Nach der Krise der Gelbwesten und den Rentenstreiks herrscht in Frankreich ein Klima der Sorge. Die Herausforderung für die Parteien, die ursprünglich mal Regierungsparteien hießen, ist enorm. Links wie rechts muss sich neu erfinden: Die Sozialisten müssen in der heutigen Zeit ankommen. Die Konservativen müssen zeigen, dass sie nicht komplett von Emmanuel Macron aufgesogen worden sind. Währenddessen tickt die Uhr, weil die Rechtsextremen von Marine Le Pen weiter auf dem Vormarsch sind, warnt Le Soir.
Peter Esser