"Das Wunder von Marie", titelt Het Nieuwsblad. "Marie überlebt sechs Tage in einem Autowrack", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. Het Laatste Nieuws zeigt besagtes Wrack und schreibt: "In diesem Wrack saß Marie sechs Tage fest". La Dernière Heure fasst all das noch einmal zusammen: "Sie war sechs Tage in ihrem Auto eingeklemmt und lebt noch: Ein Wunder".
Es ist wirklich eine unglaubliche Geschichte: Marie Bastide war am Dienstag vergangener Woche verschwunden. Marie - ihr Rufname lautet eigentlich Corine - hatte an einer Autobahnausfahrt in der Nähe von Lüttich die Kontrolle über ihr Auto verloren und war im Graben gelandet. Die Unfallstelle war von der Straße nicht einsehbar, weil dort viele Bäume stehen. Marie war verletzt und eingeklemmt und konnte sich nicht bewegen, selbst ihr Handy nicht erreichen. Zu allem Überfluss war das mitten in der Hitzewelle. Erst am Montagabend wurde der Unfallwagen gefunden.
Sechs Tage ohne Essen und Trinken, und doch war die Mittvierzigerin noch am Leben. "Sie hat das Regenwasser getrunken", sagt ihr Sohn in L'Avenir und La Dernière Heure. "Gerettet durch ein bisschen Regenwasser und sehr viel Zufall", schreibt Het Nieuwsblad. Het Laatste Nieuws formuliert es so: "Überlebt durch Willenskraft und Regenwasser". Mediziner sind sich einig, dass die Frau sehr viel Glück gehabt hat.
Der Haussegen hängt schief
Fast schon bedrohliche Schlagzeilen für viele Pendler auf mehreren Titelseiten: "In Brüssel droht Chaos wegen Bahnarbeiten", schreiben Het Nieuwsblad und das GrenzEcho. "Mehr als 1.000 Züge werden im Herbst vorübergehend gestrichen", so die Schlagzeile auf Seite eins von La Libre Belgique. Der Schienennetzbetreiber Infrabel hat Modernisierungsarbeiten angekündigt auf der Brüsseler Nord-Süd-Achse. Das ist quasi das Nadelöhr der belgischen Bahn. Um den Bereich zu entlasten, müssen also Zugverbindungen zeitweilig gestrichen werden. Sehr zum Ärger der SNCB, die offensichtlich zu spät informiert wurde. "Die SNCB reagiert wütend", bemerkt Le Soir auf seiner Titelseite. "Zwischen Infrabel und der SNCB hängt der Haussegen schief", notiert auch L'Echo.
Die armen Pendler, meint empathisch Het Laatste Nieuws. Im Herbst droht also schon wieder Chaos auf der Schiene. Und schuld ist mal wieder der inzwischen x-te Konflikt zwischen den beiden Bahngesellschaften, nämlich dem Schienennetzbetreiber Infrabel und der SNCB, die ja nur noch für den reinen Personentransport zuständig ist. Schuld sind aber auch die seit Jahrzehnten verkrusteten Strukturen: staatlich eingesetzte Manager, die wenig Tatendrang zeigen, allmächtige Gewerkschaften, die permanent auf der Bremse stehen, und obendrauf noch der unselige Einfluss der Politik. "Auf dem falschen Gleis", "entgleist", "aus den Schienen gesprungen", Bilder, die den Zustand der belgischen Bahn beschreiben, gibt zur Genüge.
Der Pendler hat die Nase voll
Eigentlich darf uns ja nichts mehr wundern, meint sinngemäß Le Soir. Und doch! Diesmal ist die Kakophonie auf den Schienen besonders laut. Infrabel behauptet, frühzeitig die Arbeiten angekündigt zu haben. Die SNCB hält dagegen, dass sie erst im Juni von den tatsächlichen Ausmaßen erfahren hat. Stopp! Der Pendler hat die Nase voll von diesen Spielchen. Ihm ist es egal, wer die Verantwortung trägt. Er will einfach nur Lösungen.
"Sprecht doch endlich miteinander!", fordert auch L'Echo. Wieder einmal zerfetzen sich die beiden Bahngesellschaften auf dem Markplatz. Dabei haben doch Infrabel und die SNCB den gleichen Auftrag: Sie sollen Züge verkehren lassen, die Reisende von A nach B bringen. Stattdessen leisten sie sich Machtkämpfe, schrecken dabei auch vor Tiefschlägen nicht zurück. Damit muss nun endlich Schluss sein. Beide Unternehmen sollen einfach nur ihren Job machen. Punkt. Aus.
Jetzt ist endgültig die Politik gefragt, ist Het Nieuwsblad überzeugt. Im Grunde trägt sie nämlich auch die Schuld an dem Kuddelmuddel. Nicht vergessen: Die Bahn funktioniert nach wie vor auf der Grundlage eines Geschäftsführungsvertrags aus dem Jahr... 2008. Dass sich die Situation seither grundlegend verändert hat, spielt offensichtlich keine Rolle. Und weil man davon ausgehen kann, dass eine neue Regierung dieses Thema möglicherweise doch mal anpackt, wollen sich Infrabel und die SNCB jetzt eben positionieren, schieben sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Solange die Politik die beiden Streithähne nicht dazu zwingt, wie Erwachsene zusammenzuarbeiten, kann es nur noch schlimmer kommen.
Das kommt gerade ungelegen...
"Die amerikanische Bitte um militärische Hilfe kommt ungelegen", bemerkt derweil Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite. Es ist so: Die USA haben die europäischen Partner ersucht, sich an einer Marinemission in der Straße von Hormus zu beteiligen. Konkret sollen Handelsschiffe vor möglichen iranischen Übergriffen geschützt werden. In Belgien gibt es da nur ein Problem: Die Regierung ist bekanntermaßen nur geschäftsführend im Amt, kann eine solche Entscheidung also schwerlich treffen. Und das Parlament ist in der Sommerpause.
Die linksliberale Zeitung De Morgen steht dem Gesuch der USA überraschend wohlwollend gegenüber. Nicht vergessen: Auch europäische Handelsschiffe können zu Opfern der Spannungen in der Straße von Hormus werden. Und wenn nur als Kollateralschaden im Konflikt zwischen dem Iran einerseits und den USA und Großbritannien auf der anderen Seite. Die EU sollte da nur transparent sein: Provokationen verhindern und darauf pochen, dass es hier um eine rein defensive Mission geht.
L'Avenir bewertet die amerikanische Anfrage mit gemischten Gefühlen. Natürlich wollen die USA die europäischen Alliierten dazu zwingen, einen größeren Beitrag innerhalb der Nato zu leisten. Das mag aus ihrer Sicht noch legitim sein. Bei der Gelegenheit würden die Europäer aber auch in das Säbelrasseln von US-Präsident Donald Trump hineingezogen, der es offensichtlich auf Konfrontation mit Teheran anlegt. Vielleicht ein Grund mehr, über eine wirklich europäische Verteidigungspolitik nachzudenken.
Roger Pint