"Belgien holt IS-Waisenkinder aus den syrischen Lagern zurück", titeln De Standaard, Het Belang van Limburg und De Morgen. Het Laatste Nieuws ist präziser: "Belgien holt rund 20 IS-Kinder zurück", so die Schlagzeile auf Seite eins.
Nach wie vor sorgt der Umgang mit den belgischen IS-Kämpfern und ihren Familien für Kopfzerbrechen. Bislang hatten es auch die belgischen Behörden immer ausgeschlossen, diese Menschen nach Belgien zu holen, um sie gegebenenfalls hier vor Gericht zu stellen.
Bei Waisenkindern will man jetzt offensichtlich eine Ausnahme machen. Die Regierung hat kurdische Medienberichte bestätigt, wonach Belgien rund 20 Kinder unter zehn Jahren von belgischen Syrienkämpfern nach Belgien überführen will.
"Roter Paarungstanz artet aus in einen Straßenkampf"
Viele Zeitungen beschäftigen sich aber auch heute mit den Nachwirkungen der Wahlen vom 26. Mai beziehungsweise mit den Verhandlungen im Hinblick auf die Bildung neuer Regierungen. "In Brüssel läuft es auf eine Koalition zwischen PS, Ecolo und Défi hinaus", bemerkt etwa Le Soir. "In der Wallonie kommt die PS nicht mehr an der MR vorbei", stellt seinerseits das GrenzEcho fest.
Während in Brüssel Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, hat sich in der Wallonie eine weitere Türe geschlossen. Die PTB hat gestern den Verhandlungstisch in Namur polternd verlassen. De Standaard fasst das in ein anschauliches Bild: "Der rote Paarungstanz artet aus in einen Straßenkampf".
Marxisten und Sozialisten haben sich gestern nämlich lautstark Nettigkeiten an den Kopf geworfen. Resultat: Die PS hat jetzt eine Option weniger. Eine Koalition allein mit den Grünen hätte keine Mehrheit. Ein Bündnis mit der MR ist keine Wunschlösung, zumal Ecolo hier nicht nötig wäre und die Grünen eine solche Konstellation ablehnen.
"Welch ein Kontrast", meint L'Avenir. Auf der einen Seite zerfetzen sich die roten Parteien, auf der anderen scheinen sich PS und Ecolo fast schon auf die Flitterwochen vorzubereiten. Zwischen beiden Parteien scheint die Chemie zu stimmen. Da gibt es nur ein Problem: Entweder man versucht es mit einer Minderheitsregierung oder man muss die MR ins Boot holen, was die Harmonie doch sehr stören könnte.
Die Quadratur des politischen Kreises
"In den Regionen tut man sich schwer mit Arithmetik", stichelt De Tijd. In der Wallonie scheint niemand laut aussprechen zu wollen, dass wohl alles auf eine rot-blaue, sprich violette Koalition hinausläuft. Am wenigsten scheint das die PS einsehen zu wollen.
In Flandern kann man dasselbe Phänomen beobachten. Hier verhandelt N-VA-Chef Bart De Wever weiterhin mit dem rechtsextremen Vlaams Belang. Beide Parteien hätten alleine keine Mehrheit. Ein potentieller dritter Partner ist aber nicht in Sicht, da kein anderer mit dem Belang zusammenarbeiten will.
Irgendwie hat man den Eindruck, dass in beiden großen Regionen mit angezogener Handbremse agiert wird, um die Regierungsbildung auf der föderalen Ebene nicht zu stören.
Genau den gleichen Eindruck hat auch Het Nieuwsblad. In Flandern wie in der Wallonie kann man den Eindruck haben, dass die Akteure Zeit schinden wollen. Und natürlich hat das mit der föderalen Ebene zu tun.
Die beiden Informatoren, Didier Reynders und Johan Vande Lanotte, müssen die Quadratur des Kreises hinbekommen, konkret: PS und N-VA an einem Tisch kriegen. Das ist die einzige und zudem logischste Alternative. Was nicht heißt, dass das am Ende auch funktionieren wird. Politische Führungsstärke ist in diesen Tagen rar gesät und wird zudem oft mit Parteistrategie verwechselt.
Lieber in die Opposition statt mitzuregieren
Jeder hat plötzlich die Opposition für sich entdeckt, kann Le Soir nur feststellen. Nicht nur, dass in den Regionen im Gegensatz zu 2014 nicht der Drang besteht, schnelle Fakten zu schaffen. Darüber hinaus scheint es mehr Interessenten zu geben für eine Oppositionskur.
Nach der CDH verzichtet jetzt auch die PTB auf die Macht. In Flandern denkt die CD&V darüber nach, in der Opposition eine Frischzellenkur zu machen. Die N-VA und Ecolo wollen auch nicht um jeden Preis mit regieren. Was ist denn da los? Man könnte meinen, die Parteien hätten Angst vor einer neuen noch schmerzhafteren Klatsche. Vielleicht, weil die Herausforderungen zu groß sind: Stichwort Haushalt, Stichwort Klimaschutz, Stichwort Strukturreformen.
Für das GrenzEcho stößt das heutige politische System an seine Grenzen. Man kann jedenfalls nur feststellen, dass es fast unmöglich geworden ist, überhaupt noch Mehrheiten zu bilden, die mit einem glaubwürdigen Programm oder wenigstens mit dem Segen einer Mehrheit der Bevölkerung ausgestattet sind.
Die Wahlen vom 26. Mai haben uns vor Augen geführt, dass die Komplexität unserer heutigen Zeit kaum noch mit dem klassischen Instrumentarium der repräsentativen Demokratie zu bewältigen ist.
Wir alle sind das Wetter
De Morgen sorgt sich einmal mehr um das Klima. Eine neue Studie deutet darauf hin, dass der CO2-Ausstoß in den nächsten Jahren eher noch zunehmen könnte. Der Grund: Steigende Temperaturen dürften für eine intensivere Nutzung etwa von Klimaanlagen sorgen.
Ein klassischer Teufelskreis, meint das Blatt in seinem Leitartikel: Steigende Temperaturen sorgen für ein Verhalten, das die Temperaturen noch weiter steigen lässt. Das Schlimme ist: Mehr denn je zeigt sich hier, dass es der Welt nicht gelingen will, den wirtschaftlichen Fortschritt abzukoppeln von Treibhausgas-Emissionen.
Jetzt zeigt sich aber auch: Wir alle sind das Wetter. Jeder von uns kann seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ob man die Klimaanlage nun einschaltet oder nicht, genau das macht schon einen Unterschied.