"Die PS vor einer kommunistischen Mauer in der Wallonie", schreibt L'Echo auf Seite eins. "Warum soziale Organisationen Druck auf Koalitionsverhandlungen ausüben", notiert Le Soir. "PTB weist Charmeoffensive der PS zurück", meldet De Standaard auf seiner Titelseite.
Die PS hat sich gestern mit der marxistischen PTB zu Konsultationsgesprächen in der Wallonie getroffen. Das Treffen verlief nicht sehr erfolgreich. Trotzdem beschäftigen sich die Zeitungen ausführlich mit dieser möglichen Zusammenarbeit zwischen Sozialisten und Kommunisten.
Dabei warnt La Libre Belgique ganz offen: Es ist ein gefährliches Spiel, das die PS da spielt. Denn das Programm der PTB macht Angst. Das Wirtschaftsprogramm der PTB würde die Wallonie oder sogar ganz Belgien zum "kranken Mann von Europa" machen. Zumal die ganzen Versprechen der PTB laut Experten 50 Milliarden Euro kosten würden.
Für ein Land, das es seit Jahrzehnten nicht schafft, sein strukturelles Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen, ist das inakzeptabel. Und mit so jemandem will die PS eventuell regieren? Das ist schlicht und ergreifend gefährlich, wiederholt La Libre Belgique.
PS zwischen zwei Lobbygruppen
Auch L'Echo findet: Das ist ein gefährliches Spiel, auf das sich die PS da bei den Gesprächen mit der PTB einlässt. Vielleicht macht die PS das ja aber auch nur, um die PTB k.o. zu setzen. Wenn die PTB deutlich macht, dass sie nicht mit der PS regieren will, dann könnte die PS-Spitze ihren Wählern einfacher die ungeliebte Koalition mit der MR verkaufen.
Trotzdem bleibt der Flirt mit der PTB besorgniserregend. Die PTB ist ein rotes Tuch für die Wirtschaft. Sie wird an der Fähigkeit der Wallonie zweifeln, wettbewerbsfähig zu werden, glaubt L'Echo.
Ähnlich L'Avenir: Die Wirtschaft ist beunruhigt über den negativen Einfluss, den die Kommunisten in einer Regierung in der Wallonie ausüben könnten. Auf der anderen Seite fordern die militanten Linken mit Nachdruck eine linke Allianz zwischen PS und PTB.
Die Sozialisten sehen sich in der Mitte von zwei starken Lobbygruppen. Wahrscheinlich wird es darauf hinauslaufen, dass die PS sich für eine Lösung entscheiden wird, die den schädlichen Einfluss der PTB so klein wie möglich halten wird, orakelt L'Avenir.
Das GrenzEcho analysiert ebenfalls: Der PS bieten sich im Grunde nur zwei Optionen an: Entweder man wird sich mit der MR einig und bildet eine "unheilige Allianz". Oder aber man optiert für ein linksorientiertes Dreierbündnis der PS mit Ecolo und der PTB. Dieses Bündnis verlangt aber von der PS, dass sie sich von ihrer bisherigen Politik mehr oder weniger verabschiedet. Ob die PS zu einem solch radikalen Einschnitt erstens willens und zweitens fähig ist, bleibt fraglich, so das GrenzEcho.
Belgien (noch) nicht bereit für Minderheitsregierung
Le Soir beschäftigt sich mit der Möglichkeit einer Minderheitsregierung in der Wallonie und führt aus: Genau so etwas hat Paul Magnette gestern angedeutet. Nämlich eine Minderheitsregierung aus PS und Ecolo, die dann, je nach Dossier, von der PTB unterstützt würde. Eine ähnliche Idee hatte schon Charles Michel, nachdem die N-VA im Dezember seine Regierung verlassen hatte. Doch in der Kammer wollte keine der Oppositionsparteien diese Idee unterstützen.
Die wallonische Regierung musste die letzten Wochen vor der Wahlen ebenfalls als Minderheitsregierung agieren. Genau wie Michel in der Kammer bekam auch sie keines ihrer wichtigen Gesetzesvorhaben mehr durch. Es scheint, als ob Belgien für so ein Konstrukt der Minderheitsregierung nicht bereit ist, bedauert Le Soir.
Het Nieuwsblad stellt fest: Nicht nur die PS spielt bei ihrem Flirt mit der PTB mit dem Gedanken einer Minderheitsregierung. Auch die N-VA hat über diese Option schon laut nachgedacht im Zusammenspiel mit dem Vlaams Belang. Sehr wahrscheinlich ist das alles jedoch rein strategisches Geplänkel. In Sachen politischer Zynismus sind PS und N-VA Meister ihres Faches. Es wird sicher noch ein langer Sommer werden bis zu tatsächlichen Regierungskoalitionen, vermutet Het Nieuwsblad.
Aufgabe für Spitzenkräfte
Die CD&V hat nach der Wahlschlappe jetzt einen Zwölferrat gebildet, der Vorschläge für eine Erneuerung der Partei bis September formulieren soll. Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Die Idee ist gut und richtig. Die CD&V muss sich erneuern. Doch leider beauftragt die Partei junge Mitglieder aus der zweiten Reihe mit dieser doch so wichtigen Aufgabe, Ratschläge zu formulieren. Eigentlich sollte das die Aufgabe der Spitzenkräfte sein. Die CD&V lässt hier eine Chance ungenutzt, ist Het Laatste Nieuws überzeugt.
Die Wirtschaftszeitung De Tijd freut sich über den Erfolg des Technologie-Unternehmens Combell aus Gent und führt aus: Durch die Fusion mit einem niederländischen Konkurrenten ist Combell jetzt zum zweiten belgischen Internet-Unternehmen geworden, das in diesem Jahr einen Marktwert von über einer Milliarde Euro erreicht.
Das ist ein Zeichen dafür, wie gut solche Internet-Start-ups in Belgien funktionieren können. Sie setzen in Marktnischen an und werden darin erfolgreich, weltweit. Dank einer internationalen Ausrichtung und der geschickten Nutzung der Möglichkeiten, die dieser noch relativ junge Markt bietet, jubelt De Tijd.
kw/jp