"1. Mai: PS und MR bereiten sich auf die Schlacht vor", titelt L'Avenir. "PS und MR – Stelldichein der Lieblingsfeinde zum 1. Mai", heißt es bei De Tijd auf Seite eins. Und beim GrenzEcho heißt es: "Elio Di Rupo will zurück an die Macht".
Viele Zeitungen kommen auf die Maikundgebungen der verschiedenen Parteien am gestrigen Tag der Arbeit zurück. L'Echo kommentiert: Liberale und Sozialisten haben es geschafft, die Themen Klima und Umwelt gestern in den Hintergrund zu drängen. Ganz klassisch drehte es sich bei ihnen um die Themen Wirtschaft und Soziales.
Beide lobten ihre eigenen Programme und schossen wild auf den anderen ein. Das war ein Zeichen für das Problem, mit dem Ecolo zurzeit zu kämpfen hat: Die Debatte rund um Klima und Umwelt wird langsam leiser. Die Donnerstag-Kundgebungen der Schüler sind am Versiegen.
Die klassischen Gesellschaftsthemen der traditionellen Parteien treten wieder in den Vordergrund. Doch ob das auch etwas für den Wahlausgang zu bedeuten hat, das weiß natürlich noch keiner, grübelt L'Echo.
L'Avenir stellt fest: Die PS hat gestern dick aufgetragen. Sie probte bei ihrer gestrigen Kundgebung in La Louvière den Schulterschluss mit der sozialistischen Gewerkschaft FGTB und der sozialistischen Krankenkasse Solidaris.
Das ist ein deutliches Zeichen aller drei Partner, die Wähler hinter der PS zu vereinen. Wähler, die oft enttäuscht waren, als die PS auf föderaler Ebene mit Elio Di Rupo an der Macht war. Sie will man jetzt wiedergewinnen, glaubt L'Avenir.
Bäume wachsen in den Himmel
Het Laatste Nieuws meint: OK, es war der 1. Mai. Da sind gerade die Sozialisten gerne euphorisch. Bäume wachsen in den Himmel, alle wollen etwas träumen und da darf man ruhig mal viele Versprechen verkünden, die nüchtern betrachtet natürlich illusorisch sind. Es ist ja der 1. Mai. Und so war es gestern auch wieder bei den Veranstaltungen von PS und SP.A.
Schön wäre es allerdings, wenn dann am zweiten Mai auch wieder mal ein bisschen Nüchternheit eintreten würde und man dann auch den Mut dazu hätte, zu sagen, dass das, was man gestern noch versprochen hatte, eigentlich unhaltbar ist, weil unbezahlbar, bemerkt Het Laatste Nieuws.
Neben dem 1. Mai beschäftigen sich viele Leitartikler auch mit den Vorfällen an einer Grundschule in Schaerbeek. Dort war vor einer Woche ein vierjähriges Mädchen mit Blut in der Unterhose nach Hause gekommen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergaben, dass das Blut von einer Infektion kam. Daraufhin war es teilweise zu gewalttätigen Protesten von Eltern vor der Schule gekommen.
La Libre Belgique verurteilt diese Proteste aufs Schärfste und führt aus: Noch bevor die Justiz überhaupt ihre Arbeit machen konnte, wurden bereits auf sozialen Medien schwere Vorwürfe gegen die Schule erhoben. Aufgebrachte Eltern wollten dann den Schlussfolgerungen der Justiz nicht glauben und griffen die Schule an.
Wie sollen Kinder in dieser Schule noch Respekt gegenüber dem Staat lernen, wenn ihre Eltern ihnen das Gegenteil vorleben? Die Arbeit von öffentlichen Einrichtungen darf kritisch hinterfragt werden. Gewalttätig gegen sie zu werden ist in einem Rechtsstaat nicht zu tolerieren, poltert La Libre Belgique.
Toxischer Mix
De Standaard notiert: Erneut hat sich gezeigt, wie toxisch der Mix von angeblich sexuellem Missbrauch, Verschwörungsdenken, Unwissenheit, Misstrauen in den Staat und Soziale Medien ist.
Dass zwei lokale Politiker von PS und CDH ebenfalls noch dazu beigetragen haben, die Stimmung aufzuheizen, hat alles nur noch verschlimmert, findet De Standaard.
De Morgen sieht das genauso: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Wenn es um möglichen Kindesmissbrauch geht, gilt diese Regel umso mehr, besonders für Politiker.
Es war unverantwortlich, dass sich die beiden Lokalpolitiker gleichsam offen auf die Seite der aufgebrachten Eltern gestellt haben. "Ich wollte meine Landsleute unterstützen", sagt dazu der aus Guinea stammende PS-Politiker. Ein Armutszeugnis ist das. Als ob seine Landsleute in Belgien nicht durch das Rechtssystem unterstützt würden, ärgert sich De Morgen.
Het Nieuwsblad meint: Die Parteien sollten in Zukunft vorsichtiger sein, wenn sie bei Wahlen Mitglieder ethnischer Gruppen aufstellen, um dadurch Wähler in diesen Gruppen zu gewinnen.
Die beiden Lokalpolitiker, die in Schaerbeek ein krasses Fehlverhalten an den Tag legten, kommen aus der türkischen und der guinesischen Gemeinschaft. Die Gefühle und Werte ihrer Landsleute scheinen ihnen wichtiger zu sein als die Prinzipien unseres Rechtsstaats. Für die PS und CDH, denen die beiden angehören, ist ihr Verhalten schädlich, urteilt Het Nieuwsblad.
Die "ultimative Rache" des KV Mechelen
Gazet van Antwerpen jubelt über den 2:1-Sieg des KV Mechelen im belgischen Fußballpokal gestern gegen die Mannschaft aus Gent: Das war die ultimative Rache eines Vereins, dem diese Saison böse mitgespielt worden ist.
Die Anschuldigungen im Rahmen des belgischen Fußballskandals hätten das Potential gehabt, den Verein auch sportlich diese Saison in Abgründe zu werfen. Doch genau das Gegenteil trat ein.
Fast unangefochten ist Mechelen Zweitliga-Meister geworden und hat jetzt auch noch den Pokal gewonnen gegen einen Erstligisten. Selbst wenn der Verein vom Verband noch degradiert wird: Den Pokal, den zweiten in der Vereinsgeschichte kann dem KV Mechelen niemand mehr nehmen. Und auch nicht eine Saison, die aus spielerischer Sicht "historisch" genannt werden kann, schließt Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner