Die Titelseiten dominiert am Samstag der Spielabbruch der Partie RSC Anderlecht gegen Standard Lüttich. In den Leitartikeln spielt das Spektakel dann allerdings keine Rolle mehr. In ihren Kommentaren beschäftigen sich die Zeitungen mit einer Reihe verschiedener Themen.
Gazet van Antwerpen analysiert einen Streit zwischen N-VA-Chef Bart De Wever und Asylstaatssekretärin Maggie De Block: Die OpenVLD-Politikerin plant, ein neues Asylzentrum im Antwerpener Vorort Deurne anzusiedeln - pikanterweise in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses von De Wever. Der Chef der flämischen Nationalisten und Bürgermeister der Scheldestadt wirft De Block vor, Antwerpen zu viel aufzubürden.
Es stimmt, dass Antwerpen mehr anerkannte Flüchtlinge aufnimmt als andere Gemeinden, schreibt die Zeitung. Drei Viertel der Asylsuchenden in Antwerpen bleiben auch dort, wenn ihr Status anerkannt wird. Allerdings kommen auch viele Asylsuchende, die ursprünglich in anderen Zentren untergebracht waren, am Ende dann nach Antwerpen. Wenn das Asylzentrum sich in Antwerpen befindet, bekommt die Stadt zumindest auch finanzielle Mittel, um die Flüchtlinge unterzubringen. Wo ist also das Problem? De Wever will vor allem vermeiden, dass er nicht noch mehr Wähler an den Vlaams Belang verliert, ist sich Gazet van Antwerpen sicher.
Klientilistische Politik
La Libre Belgique befasst sich mit dem Völkermord an den Armeniern. 1915 und 1916 hatte das zerfallende Osmanische Reich 1,5 Millionen Armenier ermordet. Das Thema ist bis heute in der Türkei tabu. Von offizieller Seite wird bestritten, dass es überhaupt einen Völkermord gegeben hat. Die Zeitung prangert an, dass das belgische Parlament ein Gesetz zum Thema Genozid verabschieden möchte, das das Leugnen dieses Völkermords an den Armeniern nicht unter Strafe stellt. Die Abstimmung soll zudem just am Gedenktag dieses Genozids stattfinden.
Dieser Widerspruch zeigt den negativen Einfluss klientilistischer Politik: Die Abgeordneten umwerben die Stimmen der türkisch-stämmigen Wählerschaft in Belgien. Man könnte einfach klarstellen, dass die Türken heute keine Verantwortung für das vor 104 Jahren verübte Massaker tragen. Dann müsste nicht auf dem Gedenken der Opfer herumgetrampelt werden, meint La Libre Belgique.
Die Wirtschaftszeitung De Tijd kommentiert die fehlgeschlagene Strategie der Föderalregierung, Privatanleger zu Investitionen am Kapitalmarkt zu bewegen: Das Sparbuch ist immer noch sehr beliebt, obwohl es nahezu keine Rendite bringt. Es ist schade, dass in unserem Land so viel Geld verfügbar ist, aber nicht den Weg in produktive Investitionen findet. Es muss ein Mechanismus gefunden werden, um das viele Spargeld zu nutzen, um einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen und den Anlegern zugleich Rendite einzubringen. Solange das nicht passiert, bleiben wir auf der Menge an Ersparnissen sitzen und das Geld fehlt an anderer Stelle, mahnt De Tijd.
Assange-Verhaftung und Umsturz im Sudan
"Sieben Jahre hat er sich selbst der Freiheit beraubt, um seiner Verhaftung zu entgehen" - das GrenzEcho beschäftigt sich mit der Festnahme des Wikileaks-Gründers Julian Assange. Die britische Polizei hatte den Australier am Mittwoch aus der ecuadorianischen Botschaft in London geholt, wohin er 2012 geflüchtet war. Ecuador hatte ihm damals Asyl gewährt. Nach einem Regierungswechsel in Quito war damit nun aber Schluss. Ihm droht jetzt lebenslängliche Haft in den USA. Dabei hat er mit der Enthüllungsplattform Wikileaks die Welt auf eine ganze Reihe von Missständen, unter anderem auch auf amerikanische Kriegsverbrechen, aufmerksam gemacht. Dadurch geriet er ins Kreuzfeuer der US-Behörden. Nicht wenige Versuche wurden unternommen, ihn mundtot zu machen. Sie waren am Ende nie erfolgreich. Donald Trump hatte Wikileaks in den Himmel gelobt, als mitten im Wahlkampf E-Mails seiner Konkurrentin Hillary Clinton dort erschienen. Heute will er Wikileaks nicht kennen. Wird Assange an die USA ausgeliefert, wird er wohl lebenslang hinter Gittern verschwinden. Er hat Besseres verdient!, urteilt das GrenzEcho.
L'Avenir kommt auf den Umsturz im Sudan zu sprechen: Selbst die schlimmsten Diktaturen gehen irgendwann zu Ende. Auch im Sudan. Dort hat es noch bis acht Jahre nach dem Arabischen Frühling gedauert, bis die Bevölkerung den Präsidenten Umar al-Baschir und seine tyrannische Regierung losgeworden ist. Es wäre allerdings übereilt, zu glauben, dass mit dem Militär an der Macht nun alles besser wird. Die Armee ist opportunistisch und hat begriffen, dass die Opposition zum Diktator besser für ihre Interessen ist. Es bleibt also abzuwarten, ob ein demokratischer Übergang möglich ist. Und bis dahin gilt auch für den Sudan, dass, wenn das Militär die Macht übernimmt, von einem Staatsstreich die Rede sein muss, unterstreicht L'Avenir.
Das Brexit-Karussell hat sich schon zu lange gedreht
L'Echo blickt nach Großbritannien: Die Europawahlen Ende Mai könnten richtungsweisend für den Brexit sein. Es könnten sowohl EU-Freunde als auch Brexit-Befürworter gestärkt aus der Wahl hervorgehen. Eventuell wäre dann sogar ein neues Referendum über den Austritt möglich. Aber wie dem auch sei: Das Brexit-Karussell hat sich schon zu lange gedreht - die EU befasst sich schon zu lange hauptsächlich mit dieser Angelegenheit. Sicher, die Gemeinschaft geht in ihrer Einheit gestärkt daraus hervor. Aber viele andere wichtige Themen rücken dadurch in den Hintergrund, beklagt L'Echo.
Peter Eßer