Keine einzige Schlagzeile auf den Titelseiten der Zeitungen widmet sich dem Brexit. Dabei wäre am Freitag eigentlich der Tag gewesen, an dem die Briten die EU hätten verlassen müssen. Selbst kürzere Meldungen zu den jüngsten Ereignissen im britischen Unterhaus finden nur selten Platz auf den Titelseiten. Immerhin zwei Leitartikler widmen sich aber dem Thema.
Het Laatste Nieuws schreibt: Am Freitag wäre eigentlich der Tag, an dem sich die EU und Großbritannien hätten trennen sollen. Leider ist es anders gekommen. Statt Klarheit herrscht am heutigen D-Day Chaos und Verwirrung. So ein Austritt aus der EU ist halt doch viel schwieriger als viele gedacht haben. 40 Jahre lang hat sich die EU im britischen Alltagsleben eingerichtet. Brexit-Befürworter würden sagen "sich wie ein Gift in britischen Adern ausgebreitet". Das alles mit einem Mal abzuschütteln, ist eben kompliziert.
Was jedoch gar nicht hilft, sind all die Untergangsszenarien, vor denen überall gewarnt wird. Mit einem wie auch immer gearteten Brexit werden die Briten nicht plötzlich in tiefste Armut verfallen. Auch Europa wird alles ohne wirklich große Katastrophen bewältigen. Die Erde wird sich weiterdrehen, ist sich Het Laatste Nieuws sicher.
Wille des Volkes?
Le Soir findet: Es ist wohl ziemlich normal, was sich da gerade in Großbritannien abspielt. Und es war eigentlich auch vorauszusehen. Denn einfach ist der Brexit eben doch nicht. Das hatten schon nach dem Referendum viele Kritiker des Austritts prophezeit. Ein bisschen fragt man sich allerdings schon, warum die britischen Politiker so unbedingt am Brexit festhalten. Als Grund wird immer angeführt: Das Volk will es ja. Aber so ein Schauspiel, das wir gerade erleben, will das Volk sicher nicht, meint Le Soir.
In Belgien ist das Klimagesetz Donnerstagnacht wie erwartet im Plenum der Kammer gescheitert. Schon vor der Abstimmung kommentierte dazu das GrenzEcho: Das Klimasondergesetz ist vom Tisch. Es gibt im föderalen Parlament dazu nicht die erforderlichen Mehrheiten. Das ist ok. Denn das Gesetz enthält nicht etwa konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes, sondern bekräftigt nur bekannte Klimagas-Einsparziele und regelt die Zusammenarbeit der Gliedstaaten in der Klimapolitik. Aber es ist nicht, weil man das Thema in die Verfassung legt und sich erneut zu ehrgeizigen Zielen bekannt hat, dass ein Gramm CO2 weniger ausgestoßen wird. Es muss eine globale Anstrengung her, die alle Bereiche des Lebens umfasst und erwiesene nachhaltige Methoden einer sauberen Energiegewinnung fördert, weiß das GrenzEcho.
Sicherheit hat ihren Preis
L'Avenir beschäftigt sich mit der Bahn und führt aus: Die SNCB hatte am Donnerstag gute Neuigkeiten zu vermelden. Ihr Angebot an Vorstadtzügen im Großraum Brüssel kommt gut an. Viele Menschen nutzen diese Züge und lassen dafür ihr Auto stehen. In Zeiten, wo so viel über sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung des Klimas geredet wird, ist das zum einen eine positive Entwicklung. Und zum anderen sollte das Beispiel Schule machen. Auch andere größere Städte wie Lüttich und Charleroi sollten ihre Vorstadtzüge zum Wohl aller wieder aktivieren, fordert L'Avenir.
La Libre Belgique bemerkt zum Arbeitskonflikt bei der belgischen Flugsicherung: Zusammen gerechnet sind es jetzt schon 15 Tage, an denen der Flugverkehr durch Protestaktion bei Skeyes behindert wird. Der wallonische Minister Jean-Luc Crucke hat deshalb angeregt, die Flugsicherung zu regionalisieren. Doch Vorschläge wie diese sind natürlich Quatsch. Keinem wäre damit gedient, den Flugraum über Belgien zu fragmentieren. Vielmehr sollte man die Probleme, die es bei Skeyes und dem Vorgänger Belgocontrol schon seit langem gibt, endlich anpacken. Bessere Arbeitsbedingungen, mehr Personal natürlich kostet das alles Geld. Aber die Sicherheit des belgischen Luftraums hat nun mal auch einen Preis, erinnert La Libre Belgique.
Alles zu hoch: Staatsschulden und Arzthonorare
De Standaard schreibt zu den neuesten Prognosen der belgischen Staatsverschuldung: Ende des Jahres, so hat es der Hohe Finanzrat am Donnerstag gemeldet, wird Belgien ein strukturelles Defizit von 8,5 Milliarden Euro haben. Ohne eine neue Politik werden es 2021 sogar elf Milliarden Euro sein. Eigentlich wäre es gut und nötig, wenn die Parteien auf dieses Problem auch in ihren Wahlkampagnen hinweisen und zum Beispiel Möglichkeiten aufzeigen würden, wie sie diese Staatsschuld verringern wollen. Denn das muss unbedingt geschehen. Stattdessen versprechen die Parteien alles Mögliche. Wenn sie ehrlich wären, dürften sie das nicht machen. Doch leider passen Wahlkampfzeiten und die Ankündigung von Sparprogrammen nicht zusammen, bedauert De Standaard.
Die sozialistische Krankenkasse hat festgestellt, dass immer mehr Ärzte im Privatsektor Zusatzhonorare für ihre Leistungen fordern. Dazu meint De Morgen: Für diese Zusatzhonorare gibt es - laut den Ärzten - immer gute Gründe. Doch letztlich ist auch der Patient immer der Dumme. Oft hat er auch nicht die Möglichkeit, eine Behandlung bei einem privaten Arzt zu verhindern. Denn wenn man vor der Wahl steht, einen Termin beim Gynäkologen in vier Monaten oder nächste Woche zu bekommen, dann ist ja klar, was man wählt. Die Frage ist offen, ob die Zusatzhonorare nur aus Geldgier oder aus tatsächlicher Notwendigkeit erhoben werden. Die nächste Regierung sollte sich aber auf jeden Fall mal mit diesem Thema beschäftigen, findet De Morgen.
Kay Wagner