"Der Tod eines Papstmachers", titelt La Libre Belgique. "Kardinal Danneels ließ die Kirche im Dorf", so die Schlagzeile von L'Avenir. "Erst himmelhoch gelobt, dann verteufelt", heißt es bei Het Laatste Nieuws auf Seite eins.
Fast alle Zeitungen berichten am Freitag schon auf den Titelseiten über den Tod von Kardinal Godfried Danneels. Der frühere Primas der Katholischen Kirche in Belgien und ehemalige Vorsitzende der Belgischen Bischofskonferenz ist am Donnerstag im Alter von 85 Jahren in Mechelen gestorben.
Gerade die linksliberale Zeitung De Morgen findet in ihrem Leitartikel lobende Worte für den Verstorbenen: Mit Godfried Danneels verlässt uns ein Kirchenfürst von Format. Eine Sphinx, die lange Zeit wie ein Spitzenpolitiker die Kirche mit großer strategischer Voraussicht lenkte. Beinahe wäre der Kardinal vielleicht sogar Papst geworden. Klug und geschickt öffnete er die Kirche für die Diskussionen der Moderne. Er zeigte sich offen bei Themen wie Kondomen, Aids und Sterbehilfe. Diese Hinwendung zu gesellschaftspolitischen Themen sorgte dafür, dass viele Katholiken in Belgien der Kirche treu blieben zu einer Zeit, wo in anderen westlichen Ländern die Gläubigen scharenweise aus der Kirche flohen. Sein Verhalten angesichts des Pädophilieskandals, der auch die belgische Kirche vor knapp zehn Jahren erschütterte, trübte aber nachhaltig seine Verdienste. Danneels führte seine Kirche mit sanfter Hand. Vielleicht mit zu sanfter Hand, grübelt De Morgen.
Gazet van Antwerpen ist der gleichen Meinung und führt aus: Das Schweigen von Danneels zu den Missbrauchsvorwürfen gegen belgische Priester hat an seinem Ansehen in der Öffentlichkeit gekratzt. Warum er so beharrlich geschwiegen hat, machte er nie verständlich. Er verwies lediglich auf Gott als letzten Richter, bedauert Gazet van Antwerpen.
Stehen wir an einem Wendepunkt?
Zum heutigen weltweiten Schülerprotest zur Rettung des Klimas kommentiert Het Laatste Nieuws: Gegen diesen Protest ist im Grunde nichts einzuwenden. Allerdings darf bezweifelt werden, dass er viel bringt. Denn schon die Proteste der vergangenen Monate haben gezeigt, dass die Fronten bei der Klimadebatte durch diese Proteste nicht aufgeweicht werden. Ein Dialog, durch den Dinge verändert werden könnten, kommt so nicht zustande. Daran wird auch der heutige Tag nichts ändern, schlussfolgert Het Laatste Nieuws.
Le Soir staunt: Sechs Monate lang gibt es nun schon diese Klimaproteste. Und mit dem heutigen Tag erreichen sie eine noch nie dagewesene Dimension. Die Forderung: ein radikaler Wandel. Es ist zu hoffen, dass dieser Ruf gehört wird - vor allem von der Politik. Denn natürlich machen die Veränderungen Angst, denen wir uns unterziehen müssten, um unser Leben klimafreundlicher zu gestalten. Aber viele Menschen - und auch Unternehmen - haben damit schon begonnen. Sie wollen jetzt von der Politik in ihren Maßnahmen unterstützt werden. Es wäre ein großer Fehler, dies nicht zu tun, weiß Le Soir.
L'Avenir fragt sich: Stehen wir an einem Wendepunkt? Zumindest ist diese Bewegung für das Klima interessant. Es sieht tatsächlich so aus, als ob es den Demonstranten ernst wäre mit ihren Anliegen. Doch das würde auch bedeuten, dass wir uns von der Globalisierung verabschieden müssten. Also von dem Wirtschaftsmodell, das uns die vergangenen 50 Jahre geprägt und den Planeten an den Rand des Erstickens gebracht hat, stellt L'Avenir fest.
Jetzt schwarz auf weiß: Es gibt keine einfachen Lösungen
De Standaard beschäftigt sich mit dem Klimaplan, den die flämischen Grünen am Donnerstag vorgestellt haben und führt aus: Das große Verdienst dieses Plans ist, dass er ehrgeizig ist. Er macht deutlich, auf was wir uns eigentlich eingelassen haben, als wir das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet haben. Bislang haben sich alle Parteien geweigert, uns dies schwarz auf weiß zu präsentieren. Die Grünen haben es jetzt getan. Auch, weil sie in der Klimapolitik ihre Kernkompetenz sehen.
Problematisch an dem Plan ist allerdings, dass er auch klarmacht: Wenn wir etwas tun wollen für das Klima, dann gibt es keine einfachen Lösungen, analysiert De Standaard.
Auch für die Briten keine Ausnahme machen
La Libre Belgique schreibt zum Thema Brexit: Jetzt verlangen die Briten also einen Aufschub. Es wäre verlockend für die EU, diese Forderung abzulehnen. Denn die Brexit-Debatte hat sich mittlerweile schon so lange hingezogen, ohne dass wirklich eine Lösung in Sicht ist. Irgendwann ist auch mal Schluss. Doch so zu handeln, wäre falsch. Denn ein "No deal" wäre das schlimmste aller möglichen Szenarien. Kompromisslösungen sind das Rückgrat der EU. Darauf sollte sich die Union besinnen und jetzt auch bei den Briten keine Ausnahme machen. Das Wohl aller hängt davon ab, glaubt La Libre Belgique.
La Dernière Heure zeigt Verständnis für die Briten: Es ist doch klar, dass die Briten für sich das Beste herausholen wollen. Der aktuelle Austrittsvertrag ist das sicher nicht. Er geht zu hart mit den Briten um. Die haben schon öfter in ihrer Geschichte Gefahren von außen abgewehrt, Stichwort "Armada", Stichwort "Napoleon". Es ist nicht davon auszugehen, dass sich der alte britische Löwe von Leuten wie Juncker, Barnier oder Verhofstadt einschüchtern lässt, ist La Dernière Heure überzeugt.
Kay Wagner