"Der Kreuzweg von Charles Michel bis zu den Wahlen", titelt La Libre Belgique. Was kann eine geschäftsführende Regierung überhaupt noch machen?, fragt Le Soir auf Seite eins.
Die Föderalregierung nimmt am Montag nach den Weihnachtsferien ihre Arbeit wieder auf. Nach den politischen Turbulenzen im Dezember ist sie jetzt nur noch geschäftsführend im Amt. Zudem besitzt sie keine eigene Mehrheit mehr in der Kammer.
Dazu kommentiert Het Nieuwsblad: Machen wir uns nichts vor. Viel wird jetzt nicht mehr passieren. Denn erstens wird es für diese geschäftsführende Regierung schwierig werden, Mehrheiten zu finden. Und zweitens ist es grundsätzlich so, dass in den Monaten vor Wahlen meist nicht mehr viel passiert. Dass dadurch viele drängende Dinge jetzt nicht auf den Weg gebracht werden können, zum Beispiel der neue Haushalt, die Rentenreform, Entscheidungen bei der Energiepolitik, ist auch ein Versagen der Regierung Michel I. Sie hat es in den vergangenen vier Jahren nicht geschafft, diese Themen früh genug zu regeln, kritisiert Het Nieuwsblad.
Stillstand ist das Wahrscheinlichste
Het Belang van Limburg meint: Die Regierung muss jetzt beweisen, dass eine geschäftsführende Regierung nicht zwangsläufig Stillstand bedeutet. Die Chance, dass sie das schafft, ist klein. Den Arbeitsdeal, der schon mit der N-VA zusammen ausgehandelt worden war, wird wohl noch durchgehen, weil auch die N-VA an diesem Deal Interesse hat. Mehr wird wahrscheinlich aber nicht passieren. Eine monatelange Hängepartie droht, die zu Langeweile führen wird. Die Wähler dann kurz vor den Wahlen zu begeistern, wird schwerfallen, prophezeit Het Belang van Limburg.
La Libre Belgique notiert mit Blick auf das Wahljahr 2019: Die Regionalwahlen werden die Unterschiede zwischen den Regionen weiter akzentuieren. Flandern wird weiter nach rechts, die Wallonie weiter nach links rücken, die Hauptstadt grüner werden. Auf föderaler Ebene wird es wieder delikat, denn der Konföderalismus wird sicher wieder ein Thema werden. Dadurch, dass die N-VA jetzt nicht mehr der Regierung angehört, braucht sie sich auch nicht mehr an ihr Versprechen zu halten, dieses Thema auszuklammern. Die Verteidiger eines ambitionierten Föderalstaats müssen Acht geben, dass dieser durch neue Diskussionen um Zuständigkeiten der föderalen Ebene nicht noch weiter geschwächt wird, warnt La Libre Belgique.
SP.A meldet sich zur Flüchtlingsdebatte
Der Präsident der flämischen Sozialisten, John Crombez, hat in einer Sonntagszeitung vorgeschlagen den Strom von Migranten nach Europa einzudämmen. Dazu kommentiert La Dernière Heure: Jetzt springen sogar die Sozialisten auf den Zug und bestätigen damit das, wovon der liberale Alain Destexhe überzeugt ist: Einwanderung wird das zentrale Wahlkampfthema für die Regional- und Föderalwahlen sein. Gerade in Flandern. Denn im Norden des Landes kann man mit solchen Themen Stimmen gewinnen. Das zeigt der große Zuspruch, den die N-VA und der Vlaams Belang in jüngster Zeit für ihre harte Linie in Fragen Zuwanderung erhalten. Crombez will davon profitieren und verleiht seiner Partei einen Rechtsruck, analysiert La Dernière Heure.
De Morgen sieht das anders und schreibt: Crombez hat eigentlich nichts Neues gesagt. Denn die SP.A hat sich schon immer für eine geregelte Einwanderung ausgesprochen. Jahrelang stand das in ihrem Programm. Doch niemand hatte darüber gesprochen. Das Crombez diesen Punkt jetzt in den Vordergrund rückt und damit riskiert, das bisherige Bild der SP.A zu erschüttern, ist letztlich auch nicht überraschend. Bei den großen Verlusten, die die SP.A in den vergangenen Jahren hinnehmen musste, hat sie jetzt im Grunde auch nichts mehr zu verlieren, spottet De Morgen.
Het Laatste Nieuws gibt zu bedenken: Es ist fraglich, ob Einwanderung tatsächlich zum großen Wahlkampfthema taugt. Denn seitdem Maggie De Block die Zuständigkeit für Migrationspolitik in der Föderalregierung von Theo Francken übernommen hat, ist es eher ruhig geworden um das Thema. Außerdem kommen tatsächlich immer weniger Flüchtlinge nach Europa. Letztlich könnte sich auch die Erkenntnis durchsetzen, dass wirkungsvolle Maßnahmen in Fragen Flüchtlingspolitik sowieso nur auf europäischer Ebene getroffen werden können, so Het Laatste Nieuws.
Richtungsweisender Prozess
L'Avenir beschäftigt sich mit dem Prozessauftakt zum Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel 2014 und erinnert: Es ist der erste Prozess, der sich mit einem islamistisch begründeten Anschlag beschäftigt. Die Prozesse zu den Attentaten in Brüssel werden folgen, sowie 2020 die Prozesse zu den verschiedenen Attentaten in Paris. Der am Montag beginnende Prozess wird Weichen stellen. Er wird nicht nur erste Erkenntnisse liefern, wie diese Anschläge geplant wurden, sondern auch wie über die Verantwortlichkeit der Täter gerichtet wird, glaubt L'Avenir.
Le Soir bemerkt zur Situation im Kongo: Die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl sind am Sonntag noch nicht verkündet worden. Noch bleibt es offen, ob der Kandidat des Regimes oder der der Opposition gewonnen hat. Wichtig wird vor allem sein, dass es nicht zu Gewalt kommt. Denn das wäre eine Katastrophe mit unvorhersehbaren Konsequenzen, fürchtet Le Soir.
Kay Wagner