"69.000 neue Jobs und 122.000 kommen noch hinzu", titelt Het Laatste Nieuws. "Viel mehr Jobs als erwartet", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Die Nationalbank hat gestern die neuesten Konjunkturdaten vorgelegt. Sie sind durchweg positiv: Gerade der Arbeitsmarkt hat sich gut entwickelt.
Dazu kommentiert De Standaard: Natürlich wird sich die Regierung die guten Zahlen als ihren Verdienst anrechnen. Das soll sie ruhig tun. Denn wenn die Konjunktur schlecht ist, schimpft man ja auch auf die Regierung. Doch darf man sich nicht blenden lassen: All die guten Zahlen verdanken wir der aktuell florierenden Weltwirtschaft. Der Spielraum unserer Regierung, die Konjunktur durch politische Maßnahmen zu beeinflussen, ist sehr gering. Die Aufgabe der Politik liegt vor allem darin, auch in guten Zeiten für die Zukunft vorzusorgen. Sie muss in Bildung und Innovation investieren und dafür sorgen, dass ein gutes Investitionsklima herrscht, meint De Standaard.
1.500 Seiten in 24 Stunden lesen und analysieren
Het Nieuwsblad geht auf die Abstimmung über den Haushalt 2018 in der Kammer ein. Das sogenannte Sommerabkommen umfasst knapp 1.500 Seiten. Den Text hatten die Abgeordneten am Donnerstagabend erhalten und sollten schon 24 Stunden später darüber diskutieren und abstimmen.
Het Nieuwsblad schreibt: Theoretisch kommen Gesetze so zustande, dass man sich zunächst im Parlament über die groben Linien unterhält. Experten werden angehört, man debattiert, gerne auch kontrovers. Jeder kann dann wissen, worum es geht. Heutzutage weiß fast kein Abgeordneter mehr, über welche Texte er genau abstimmen soll, wenn ein Gesetz verabschiedet wird. Gesetze werden heute von wenigen Politikern in langen Nachtsitzungen gemacht. Auch weil die Politiker dann übermüdet sind, sind diese Gesetze meist nachbesserungsbedürftig. Das "Sommerabkommen" ist so ein Beispiel. Auch bei ihm ist nicht klar, was eigentlich im Detail drinsteht. Von den Abgeordneten zu verlangen, 1.500 Seiten in 24 Stunden zu lesen und zu verstehen, kann nicht Sinn der Sache sein, kritisiert Het Nieuwsblad.
"Brussels-Bashing" oder legitime Kritik?
Der Brüsseler Verkehrsminister Pascal Smet von den flämischen Sozialisten (SP.A) hat in einem Interview Brüssel mit einer Prostituierten verglichen. Die Stadt sei "wie eine Hure", schön in ihrer Hässlichkeit und hässlich in ihrer Schönheit.
La Libre Belgique schreibt empört: Nein, es war nicht Donald Trump oder Marine Le Pen, die so einen Vergleich gezogen haben. Es war ein Brüsseler Minister. Was für eine Beleidigung für diese Stadt. Pascal Smet hat sich zwar dafür entschuldigt, aber im Interview hatte er auch gesagt, dass er Brüssel oft mit einer Prostituierten vergleiche. Glaubwürdig ist die Entschuldigung also nicht. Für Brüssels Ministerpräsident Rudi Vervoort ist die Sache allerdings mit der Entschuldigung erledigt. Aber das ist sie nicht. Brüssel gibt jährlich ein Vermögen dafür aus, um weltweit das Image der Stadt zu verbessern. Wenn Randalierer Schaufensterscheiben einschlagen, nimmt man sie fest. Wenn ein Minister das Bild von Brüssel beschädigt, dann feuert man ihn, fordert La Libre Belgique.
Ganz anders L'Avenir: Der arme Pascal Smet. Er bekommt jetzt die Rechnung dafür, dass er die Wahrheit gesagt hat. Er hat an einem Tabu gerüttelt. Denn seit einiger Zeit darf man nichts Negatives mehr über Brüssel sagen, ohne direkt den Vorwurf zu erhalten, beim im Ausland so beliebten "Brussels-Bashing" mitzumachen. Aus dieser Paranoia heraus werden alle Probleme, die es in Brüssel gibt, unter den Teppich gekehrt. Jeder, der die stadtplanerischen Probleme anspricht, die bröckelnden Tunnel, den Dreck und das allgemeine Gefühl der Unsicherheit, wird direkt an den Pranger gestellt. Eine selbstgefällige Nabelschau, die niemandem nützt, findet L'Avenir.
Der Zustand der SP.A und das "Modell Mechelen"
De Morgen schreibt zum allgemeinen Zustand der flämischen Sozialisten: Die SP.A liegt weiter am Boden. Gerade einmal zehn Prozent der Wähler würden sich aktuell für die Partei entscheiden. Woran liegt das? Die SP.A hat sich von ihrer Wahlschlappe 2014 nie wirklich erholt. Interne Debatten finden nicht statt. Die SP.A beschränkt sich darauf, die Regierung zu kritisieren, hat aber kein eigenes Programm. Und natürlich merkt der Wähler das. Die Partei wäre gut beraten, das im Hinblick auf die beiden kommenden Wahljahre, schnell zu ändern, rät De Morgen.
Gazet van Antwerpen blickt auf das Wahlbündnis von Groen und OpenVLD in Mechelen und führt aus: Die Grünen in Antwerpen werden neidisch nach Mechelen schauen. Denn in einer Koalition mit OpenVLD und N-VA kann Groen in Mechelen viel "grüne" Politik machen. Die Stadt will verbinden, nicht polarisieren. Mechelen wird immer mehr zur Fahrradstadt und bekommt immer mehr Grünflächen. Und die N-VA sitzt bei dieser Politik mit im Boot. Genau das ist das Problem in Antwerpen: Hier ist die N-VA der Gegner. Eine Kopie von Mechelen kann es für Groen in Antwerpen nicht geben, stellt Gazet van Antwerpen fest.
Guter Journalismus ist unverzichtbar
Le Soir feiert heute seinen 130. Geburtstag und kommentiert dazu: Auch heute hat die Presse noch eine Rolle in der Gesellschaft zu spielen. Auch in Zeiten, in denen viele Medienhäuser mit wirtschaftlichen Problemen kämpfen, ist guter Journalismus unverzichtbar. Das zeigt das Verhalten der Leser. Wenn eine Zeitung Artikel veröffentlicht, die Sachen enthüllen, analysieren und erklären, kurz: die die Möglichkeit geben, unsere Welt besser zu verstehen, dann wird diese Zeitung gekauft, stellt Le Soir fest.
Kay Wagner