Die Luxemburger sind uns wieder mal voraus: Sie haben schon in diesem Jahr ihr "Superwahljahr". Bescheiden wie sie sind, begrenzen sie sich im Ländchen aber auf die kommunale und die nationale Ebene. Also weit entfernt von der institutionellen Lasagne "à la belge".
Zu deren Besonderheit gehört, dass die Gewichtung der einzelnen Schichten verschieden ausfällt, sie aber alle dazu beitragen sollten, dass es schmeckt. Davon kann angesichts von wilden Küchenschlachten nicht immer die Rede sein - und da meine ich nicht nur selbstverliebte Promi-Köche wie Georges-Louis Bouchez oder Bart De Wever.
In einem Punkt haben der erklärte Unitarist Bouchez und der überzeugte Konföderalist De Wever aber recht: Belgien muss einfacher werden, wenn es die Belgier noch verstehen sollen. Es wäre schon damit gedient, wenn wir neben den Gemeinderäten nicht auch noch den zumindest für Ostbelgien überflüssigen Provinzialrat bestücken müssten.
Kein Zweifel, dass sich die Ostbelgier vorrangig für die Ebene interessieren, die ihnen neben den Gemeinden am nächsten liegt: die Gemeinschaft, die gerade ihr 50-Jähriges feiert. Und im Sinne der angesprochenen Vereinfachung auf eine weitere Aufwertung aus ist.
Noch spielt die Musik für so manches in Namur und Brüssel. Wir dürfen gespannt sein, welche Eisen im Feuer uns die Schwesterparteien dort einräumen. Und auf vieles werden wir im Spiel der demokratischen Kräfte kaum oder keinen Einfluss haben - es kann ja nicht immer so gehen wie bei der Zuerkennung eines eigenen Europaabgeordneten.
Der Wähler, der nach dem Dafürhalten aller Politiker das Wort hat (zumindest solange sie Kandidaten sind), hat also im verbleibenden Jahr noch einiges zu tun, will er sich so richtig "reinfuchsen" in die Chancen, die ihm geboten werden.
Politikverdrossenheit gilt nicht. Und am Wahlsonntag blau machen schon gar nicht. Abgesehen davon, dass seit den letzten Wahlen zwangsläufig neue Erstwähler nachgewachsen sind, werden wir es im nächsten Juni mit einer ganz neuen Generation zu tun bekommen: Bei der Europawahl im Juni dürfen die 16- bis 18-Jährigen mitstimmen. Allerdings müssen sie sich in die Wählerlisten eintragen, was jetzt schon möglich ist.
Eine grandiose Chance, die sich keiner entgehen lassen sollte. Das gilt im Übrigen auch für die Älteren.
Stephan Pesch
Dazu folgendes Zitat von Kurt Tucholsky (deutscher Journalist, Satiriker und Schriftsteller) :
"Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten".
Gefunden auf der Homepage "1000-zitate.de"
Deswegen gibt es auch keine direkte Demokratie in Belgien.
Während der Griechischen Schuldenkrise wollte der damalige Ministerpräsident eine Volksabstimmung abhalten, die auf Druck der EU Staaten nicht abgehalten wurde. Die EU Staaten hatten Angst, dass sich tatsächlich was ändern könnte.