Als während der Corona-Pandemie die Intensivbetten knapp wurden, oder als die Impfung auf den Markt kam, war das Wort Priorisierung in aller Munde. Wen behandeln und schützen wir zuerst? Wer bekommt überlebenswichtige Ressourcen zu Verfügung gestellt? Entweder Oder. Jetzt befinden wir uns in der nächsten Krise - eigentlich sind es sogar mehrere. Nur, dass jetzt nicht Impfstoff oder Betten knapp sind, sondern das Geld. Sodass auch die Frage nach der Priorisierung bleibt.
„Wenn wir in Schulen und Pflege investieren, dann müssen wir sparen“, so Ministerpräsident Oliver Paasch am Montag. Und wo? In der Verwaltung, die mit Inflation, steigenden Personal- und Energiekosten zu kämpfen hat - wie jeder andere auch. In der Verwaltung steigen im Vergleich zum letzten Jahr die Personalkosten im nächsten Jahr um sieben Millionen Euro - wenn die Regierung nicht eingreifen würde. Das tut sie nun, mit einem Einstellungsstopp. Der wird vom Ministerium auf andere paragemeinschaftliche Einrichtungen ausgeweitet. Das soll wiederum vier Millionen Euro pro Jahr einsparen, wie der Ministerpräsident diese Woche dem BRF erklärte.
Doch warum wird gerade in der Verwaltung gespart? Der Pflege-Sektor wurde spätestens während der Corona-Pandemie an seine Grenzen gebracht. Hier die Finanzspritze zu verweigern, wäre politischer Selbstmord. Ähnliches gilt für die Schulen, die immer noch Bildungslücken auffangen müssen und gleichzeitig die Digitalisierung einführen sollen. Auch hier muss finanziell Schritt gehalten werden.
Es muss also die Verwaltung herhalten, sich gedulden und auf eine weitere Finanzspritze warten. Auch wenn die Gehaltstabellen von Fachbereichsleitern und Generalsekretär gerade erst angehoben wurden - was vielleicht ein nötiger Schritt ist, vom Timing aber durchaus unglücklich erscheint. Besser hingegen ist das Timing, was die Ankündigung der Maßnahmen angeht. Denn die lassen sich jetzt als „drastisch“ verkaufen, wie es die Regierung getan hat. Dabei gehört auch zur Wahrheit: da wo die Regierung sparen will, kann auch gespart werden. Wie zwei Beispiele zeigen.
Dass statutarische Mitglieder in bestimmten paragemeinschaftlichen Einrichtungen teurer sind, könne durchaus sein, gab die Gewerkschaft CSC zu. Allzu neu scheint das Einsparungspotenzial hier also nicht zu sein. Eine weitere Sparmaßnahme betrifft die Personalverwaltung, Buchhaltung und Informatikabteilung von Ministerium, Arbeitsamt und Dienststelle. Die sollen zusammengelegt werden. Der Vorschlag ist allerdings nicht neu, sondern geht bereits aus dem Verwaltungsaudit hervor.
Die Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden, sind also nicht durch die Krise bedingt. Sie wurden aber von der Krise aufgezwungen. Daraus lässt sich die Hauptaufgabe der Politik der nächsten Jahre schließen. Die wird darin bestehen, krisenfeste Sektoren aufzubauen: sei es in der Pflege, in den Schulen oder aber in der Verwaltung. Vorausschauendes Handeln und das Vorgreifen auf vielleicht unbequeme Maßnahmen werden so zu Kennzeichen erfolgreicher Politik. Sonst wird in der nächsten Krise wieder priorisiert. Und die nächste Krise kommt bestimmt.
Andreas Lejeune
….Die wird darin bestehen, krisenfeste Sektoren aufzubauen: sei es in der Pflege, in den Schulen oder aber in der Verwaltung....
Da kann man sich nur noch an den Kopf fassen! So stellen sich also Journalisten die Welt vor, die Politik schafft „krisenfeste“ Sektoren mit … ja womit eigentlich? Wird in den Studiengängen der Journalisten nicht wenigstens ein Minimum an wirtschaftlicher Kompetenz vermittelt? Oben genannte „krisenfesten“ Sektoren finanzieren sich ausschließlich durch Transfergeld aus den wertschöpfenden Bereichen der Volkswirtschaft. Volkswirtschaften ohne Wertschöpfung kann man z.B. in Afrika zuhauf finden, wie es dabei zugeht muss man ja nicht erklären. Die aktuelle Energie- und Finanzpolitik ist nicht Teil der Lösung sondern Teil des Problems. Wir werden noch tief fallen müssen bevor das verstanden wird; wenn überhaupt.
Für die DG beginnt der Lange Marsch zurück in die Realität. Auch hier hat man endlich begriffen, dass zum Betreiben eines Schiffes auch Matrosen notwendig sind und nicht nur Kapitäne und Offiziere.
Wir brauchen mehr Marktwirtschaft, damit die Gesellschaft wieder sozialer wird.
Jedoch ist unsere westliche Elite so verbl...endet, denen fällt das gar nicht mehr auf.
"Wir brauchen mehr Marktwirtschaft, damit die Gesellschaft wieder sozialer wird."
Da hätte ich aber gerne mal näher erläutert.
Der Markt, das freie Spiel der Kräfte, das Gesetz von Angebot und Nachfrage werden zwangsläufig zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen?
Ein eklatantes Beispiel erleben wir doch gerade: die Energiepreise am freien Markt schießen durch die Decke, und die Firmen teilen ganz selbstlos diese riesigen Gewinne, für die sie keinen Finger rühren müssen, mit den Verbrauchern, also den sozial Schwächeren? Wirklich?
Warum wird denn lauthals nach dem Eingreifen des Staates, Übergewinnsteuern, Entlastungspaketen, Preisbremsen und dergleichen mehr gerufen?
Herr Schleck,
Dieser "freie Strommarkt" ist einer, der am besten geregelt ist.
In einem freien Strommarkt wäre es ein "Merit-Order"-Prinzip doch sehr fraglich.
Wie wäre es hiermit in Sachen Energie:
Die Preisbildung den Marktkräften überlassen, nur den Ärmsten direkt helfen.
Fossile Energierohstoffe nicht mehr künstlich verteuern. Windkraft, Fotovoltaik und „Biogas“ nicht mehr subventionieren und staatlich bevorzugen. Die Gas-Abnahme-Verträge mit Russland einhalten und Nordstream-2 öffnen.