Mehrere Dutzend Fotos, Gemälde und Info-Plakate hängen an Stellwänden, die in der Form eines offenen Rechtecks angeordnet sind. Am Fuß der Stellwände sind viele kleine Kreuze aufgestellt. Man kann sich denken, dass es genau 223 sind. Denn genau so viele Menschen sind mit Sicherheit Opfer der Hochwasserkatastrophe geworden, die am 14. und 15. Juli Teile Ostbelgiens, Nordrhein-Westfalens und von Rheinland-Pfalz schwer getroffen haben.
223 Namen von Opfern werden auch in Dauerschleife auf einem Bildschirm gezeigt, immer gleichzeitig mit einem zweigeteilten Herzen: rechts die EU-Fahne, links die Fahne des Bundeslandes oder der Wallonie. Dass diese Ausstellung im Europaparlament einen Platz gefunden hat und grenzüberschreitend Opfergeschichten darstellt, ist Klaus Jansen aus Odendorf bei Euskirchen zu verdanken.
"In Deutschland wusste niemand, dass im Osten von Belgien 39 Menschen umgekommen sind, und welche Verwüstungen hier entlang der Weser vonstattengegangen sind. Das ist in einer Krisensituation häufig so, dass man nur auf sich selber schaut. Als ich das herausbekommen habe, da habe ich sofort im Internet recherchiert, und da bin ich gestolpert über Oswald Schröder." Schnell freundeten sich Schröder, der damalige Chefredakteur des GrenzEcho, und Jansen an. Über Schröder lernte Jansen dann auch Pascal Arimont kennen.
"Wir haben ein gemeinsames Arbeitsessen gemacht, in der Nähe von Eupen. Der Herr Arimont hat mich absolut überzeugt mit seiner Art und Weise, mit seiner Offenheit. Mit seiner zuhörenden Art. Und er hat mir angeboten: Wir könnten eine Ausstellung im Europaparlament machen. Ich habe da direkt zugesagt, ohne zu wissen, was auf mich zukommt."
Aufgrund der Erfahrungen mit dem Hochwasser in seiner Heimatregion hatte Arimont sein Engagement im Europaparlament für Katastrophenhilfe und -schutz intensiviert. Bis heute ist dieses Thema ein Anliegen für ihn. Die Arbeit von Jansen, der in Deutschland das "Team Gedenken" als Folge der Hochwasserkatastrophe gegründet hatte, begeisterte ihn sofort.
"Diesen Menschen, die davon betroffen waren, wollten wir hier eine Art Erinnerung geben, ein an Sich-Erinnern, und gleichzeitig auch mahnen, dass wir, die wir in der Politik tätig sind, die Bedingungen so machen müssen, dass Menschen, die Opfer einer solchen Katastrophe werden, vielleicht vorher besser informiert sind, vielleicht besser wissen, was sie in so einem Fall machen müssen, dass sich Solidarität europäisch organisiert", so umschreibt Arimont die Motivation zu der kleinen Ausstellung.
Von Belgien ist da nicht sehr viel zu sehen, der Schwerpunkt liegt auf den Folgen des Hochwassers im Ahrtal, aber "wir haben den Film 'Après la pluie', ein Dokumentarfilm um die Ereignisse rund um Verviers. Dieser Film ist ein Lehrbeispiel für all diejenigen, die noch keine Katastrophe hinter sich hatten, weil er einfach auch wissenschaftlich aufzeigt, wie man reagieren kann."

Zur Ausstellungseröffnung war sogar Roberta Metsola gekommen, die Präsidentin des Europaparlaments. Sie sprach ebenso ein paar Worte, wie auch ihre Stellvertreterin Sabine Verheyen aus Aachen. Ein Zeichen dafür, dass die Ausstellung im geschäftigen Betrieb des Europaparlaments vielleicht doch nicht ganz untergeht.
Bis Ende der Woche ist sie dort zu sehen. Die Ausstellungsmacher hoffen, dass sie einiges in Bewegung setzen kann, um durch konkrete Maßnahmen Menschen künftig besser vor solche Katastrophen vorzubereiten und vor diesen zu schützen. "Diese Katastrophen werden häufiger sein. Dass sagen uns alle Experten", erklärt Schirmherr Arimont.
"Also muss jeder eigentlich besser darüber informiert werden, was er zu tun hat, wenn eine solche Katastrophe eintritt. Darüber zu reden, kann also helfen, dass man das Thema einfach mal auf den Schirm kriegt. Und diese Emotionalität, ich sage mal, diese Tränen helfen uns dabei, dafür zu sensibilisieren. Und deswegen ist solch eine Ausstellung glaube ich sehr wichtig und sehr gut."
"Es wäre wünschenswert, wenn - vielleicht koordiniert durch die EU - einmal im Jahr überall Bestandsaufnahme gemacht wird. Nach dem Motto: Bin ich aktuell auf dem neusten Stand?", regt Jansen an. "Der Vergleich untereinander hilft, besser zu werden. Und einmal im Jahr, zum internationalen Tag des Katastrophenschutzes, dem 13. Oktober, überall in Europa sich darauf vorzubereiten, dass wir handlungsfähig sein wollen. Das wäre mein Appell. Dann sind die Toten nicht umsonst gestorben, sondern das hat einen Sinn gegeben. Einen Auslöser, ein Impetus."
Kay Wagner