Sieben Saisonläufe der Rallye Weltmeisterschaft sind vorbei, sechs kommen noch. Wie sieht dein Zwischenfazit aus?
Ich denke gut! Die Saison hat für uns ganz gut begonnen mit einem Sieg bei der Rallye Monte-Carlo. Danach haben wir konstant gut gepunktet und versucht, so gut wie möglich von dem neuen Punktesystem zu profitieren. Es gab einen kleinen Rückschlag bei der Kenia-Rallye mit einem technischen Problem und in Sardinien dann den Ausrutscher, der uns einige Punkte gekostet hat, wo dann auch ein bisschen Frustration dabei war. Aber grundsätzlich konnten wir uns bis jetzt ganz gut schlagen.
Die schwierigsten Rallyes liegen noch vor uns. Ich denke, nach Polen, welche bereits eine der schwierigeren und schnelleren Rallyes war, kommen jetzt noch Lettland und auch Finnland. Das sind so Rallyes, wo wir versuchen müssen, durchzukommen und Punkte mitzunehmen, ohne zu viel Risiko einzugehen. Und das Ziel ist es immer noch, die Führung zu behalten, bevor es dann nach Chile, Griechenland und auch dann zu den letzten zwei Asphaltläufen geht, wo wir hoffentlich immer noch in Führung liegend auf die WPs gehen und den Vorteil nutzen können, als Erster auf die Strecke zu müssen auf Asphalt.
Das Auto scheint einen Schritt nach vorne gemacht zu haben. Du hast technische Probleme in Kenia angesprochen. Das war es aber bisher, oder?
Ja, das Auto lief eigentlich ganz gut diese Saison. Ein größeres Problem bei der Kenia-Rallye, was dann einen Ausfall mit sich bringt. Aber im Großen und Ganzen muss ich sagen: Die Performance ist gut. Das Team hat hart gearbeitet. Durch die Limitierung mit den Jokern können wir halt nicht so viele Änderungen bringen. Aber ich muss sagen, das Gefühl im Auto ist gut. Wir waren bei allen Rallyes bis jetzt relativ schnell. Und wie gesagt, am Sonntag haben wir immer gepusht. Ich glaube, fünf von sieben Powerstages konnten wir für uns entscheiden und das sind dann wichtige Punkte in der Meisterschaft.
Teamkollege Ott Tänak hat öfters gepatzt dieses Jahr als ihr. Kristallisiert sich da jetzt schon raus, dass du dann doch Nummer eins im Team bist? Oder ist es noch zu früh?
Ich denke, es ist noch zu früh. Es ist klar, dass es zu Beginn der Saison Regeln gab. Wir liegen alle drei relativ nah zusammen. Ott hat jetzt bei der letzten Rallye noch mal ein paar Punkte verloren. Elfyn liegt aber nur 15 Punkte hinter uns [Ott Tänak hat 21 Punkte Rückstand.] Es ist alles noch relativ eng und wir müssen versuchen, so gut wie möglich zu punkten. Und dann schauen wir dann Rallye für Rallye, wo wir liegen. Klar ist es für uns das Ziel, in Führung zu bleiben, auch vor unserem Teamkollegen zu liegen, damit wir dann irgendwann auch die Hilfe unseres Teams nutzen können, um die Meisterschaft zu gewinnen.
Wie findest du dieses neue Punktesystem?
Man hat viel darüber gesprochen. Es hat den Sonntag, den letzten Tag, auf jeden Fall viel interessanter gemacht. Nicht nur für die Zuschauer, aber auch für uns, weil wir halt konstant pushen müssen. Aber ansonsten kann man darüber streiten, wenn man am Freitag oder Samstag ausfällt und dann sonntags trotzdem noch eventuelle zwölf Punkte mit nach Hause nehmen kann. Das sind schon viele Punkte für jemanden, der bei der Rallye ausgefallen ist.
Ich habe es mal ausgerechnet, bisher spielt das System dir in die Karten. Du hast mehr Vorsprung vor Evans als du mit dem alten Punktesystem hättest.
Ja klar. Wir haben auch mehr attackiert am Sonntag. Ich glaube, generell über die letzten Jahre haben wir immer gezeigt wenn es Powerstage-Punkte zu holen gibt, waren wir immer vorne mit dabei. Sowohl Ott, als auch ich. Das haben wir dieses Jahr noch mal bewiesen. Wenn gepusht werden muss, sind wir immer mit vorne dabei. Es ist immer ein bisschen mit Risiko verbunden, aber trotz alledem sind das wichtige Punkte und man muss halt immer attackieren. Und das hat bis jetzt ganz gut funktioniert.
Jetzt steht Lettland vor der Tür. Eigentlich solltest du noch testen vorher, oder?
Ja, das war der Plan, dieses Wochenende eine Rallye in Litauen zu fahren, als Vorbereitung auf die Lettland-Rallye. Das ist dann leider ins Wasser gefallen. Unser Auto wurde leider bei einem Unfall in Estland beschädigt und dann fehlten halt irgendwie Fahrzeuge im Fuhrpark von Hyundai. Mein Teamkollege Esapekka Lappi wird dennoch bei der Rallye am Start sein, aber mit seinem "Entry Fahrzeug". Das heißt, das ist sein richtiges Rallyefahrzeug, wobei ich mit dem Testfahrzeug am Start sein sollte und dieses leider nicht mehr existiert.
Geht es Ott nach diesem Unfall gut?
Ja, ich denke schon. Soweit ich gehört habe keine größeren Blessuren, bis auf einen kleinen Knochenbruch am Fuß. Aber das wird ihn sicherlich nicht davon abhalten, bei der Rallye am Start zu sein.
Da ist auch Martins Sesks wieder dabei. Der hat ja jetzt bei der letzten Rallye in Polen sein WM-Debüt gegeben, ein starkes Debüt [Platz fünf]. Natürlich hatte er eine gute Position auf der Strecke und kannte die Rallye sehr gut. Aber ich fand es doch sehr überraschend.
Er hat eine gute Performance abgeliefert. Klar kennt er die Rallye gut, aber vor allem hatte er eine gute Startposition. Trotz alledem war auch am Samstag relativ schnell unterwegs und ich denke, in Lettland wird er noch schneller sein, da er zu Hause fährt. Sein Vater ist der Bürgermeister von Liepaja. Also fährt er wirklich rund ums Haus und kennt die Strecken sicherlich auswendig. Aber wir fokussieren uns halt nur auf Ott und Elfyn. Ich denke, Ott wird um einiges schneller sein als wir, aber Elfyn hat zwar etwas bessere Streckenbedingungen, aber sollte nicht so viel schneller sein. Und wenn das Gefühl im Auto gut ist, werden wir versuchen, zu attackieren. Wenn das Gefühl nicht da ist, werden wir halt versuchen, wie bei der letzten Rallye, am Sonntag vorne mit dabei zu sein, um viele Punkte am Sonntag zu sammeln und generell die Rallye gut zu managen.
Es ist wieder eine Schotterrallye. Wie groß ist dieser Straßenkehreffekt in Lettland?
Ich denke, Lettland und Chile werden wahrscheinlich die schwierigsten Rallyes für uns sein. Wir waren aber noch nicht vor Ort und hatten auch keinen Test vor Ort. Deswegen weiß ich nicht genau, was auf uns zukommt. Aber von dem, was wir bis jetzt gesehen haben, von den Videos her wird es wohl eine der schwierigsten Rallyes sein.
Was sagt dein Gefühl? Ist es dieses Jahr drin, die Krone zu holen?
Ja, es ist drin. Aber das war es auch in den anderen Jahren. Man muss halt Rallye für Rallye schauen, dass man konstant punktet. Es ist eindeutig, dass das Auto bis jetzt konstant über die Saison schnell ist. Das ist wahrscheinlich der einzige Unterschied zu den vorherigen Jahren. Und dann das Punktesystem. Wir versuchen immer, am Sonntag davon gut zu profitieren.
Katrin Margraff