Bei der Rallye Monte-Carlo hat Neuville schon viel erlebt: Vom Aus auf den ersten Kilometern bis hin zum Sieg war alles dabei. Dieses Jahr fällt aber ein wichtiger Faktor flach. Nach wechselhaften Bedingungen sieht es nicht aus, nur die Samstags-Strecke verspricht ein kleines bisschen Eis. Das macht es für die Fahrer einfacher, nimmt der Rallye aber auch das besondere Flair.
Thierry Neuville fährt inzwischen seine zehnte Saison für Hyundai und will dieses Jahr endlich den Titel holen. Einfach wird das aber nicht, denn die Konkurrenz ist groß – und mit dem Wechsel von Ott Tänak zu M-Sport hat jedes der drei Teams mindestens einen starken Fahrer, der Weltmeister werden kann und will.
Toyota setzt auf Weltmeister Kalle Rovanperä und Elfyn Evans, denn Sébastien Ogier fährt wie letztes Jahr nur einen Teil der Rallyes. Bei M-Sport ist Tänak die klare Nummer eins neben Pierre-Louis Loubet (mit Beifahrer Nicolas Gilsoul). Neu bei Hyundai als zweiter Fahrer neben Neuville ist der Finne Esapekka Lappi. Das dritte Auto teilen sich Dani Sordo und Rückkehrer Craig Breen.
Neu bei Hyundai ist auch der Teamchef, der frühere Renault-Manager aus der Formel 1, Cyril Abiteboul. Nach einem Jahr mit einem Interims-Teamchef wird von Abiteboul erwartet, dass er dem Team Struktur gibt und klare Entscheidungen trifft. Er soll ein Anführer sein und auch ein Ansprechpartner für die Fahrer. Dass die Rallye-Welt neu für ihn ist, daraus macht er keinen Hehl. "Ich werde mir das ganze Wochenende über alles anschauen und möglichst viele 'dumme Fragen' stellen. Das kann dazu führen, dass manches in Frage gestellt wird - und dass wir so vorankommen."
Thierry Neuville, wie gehst du die Saison 2023 an?
Die Zähler sind wieder auf Null gesetzt. Es geht von vorne los. Wir sind wieder dabei und freuen uns auf eine neue Saison. Schauen wir mal, was kommt.
Und das Ziel hat sich nicht geändert, oder?
Das Ziel ist immer noch das gleiche: beide Titel einzufahren, so gute Resultate wie möglich bei jeder Rallye herauszufahren. Und dann sehen wir, was am Ende dabei herauskommt. Die letzten zwei oder drei Jahre waren wir leider nicht dabei im Kampf um den Titel, vor allem nicht bis zum Ende der Saison. Und da hoffen wir, dass das sich dieses Jahr ändert. Wenn es so gut anfängt, wie es letztes Jahr geendet hat, dann sind wir auf jeden Fall mit dabei.
Es lag ja letztes Jahr gerade am Anfang auch am Auto. Habt ihr jetzt über die Zwischensaison daran arbeiten können?
Ja gut, letztes Jahr war halt sehr schwierig zu Beginn der Saison. Wir hatten viele technische Probleme und konnten dadurch kaum Punkte einfahren bis Mitte der Saison. Und danach konnten wir mit Hyundai insgesamt vier Siege auf sechs Rallyes einfahren und haben auch als Team die meisten Punkte gesammelt. Für uns sind dabei auch zwei Siege herausgekommen und ich denke, wenn wir dieses Jahr mit dem gleichen Rhythmus starten können, dann ist das ein gutes Omen.
Gibt es Evolutionen am Auto?
Ja, es gibt einige kleine Evolutionen, aber wie jedes Jahr ist die Winterpause relativ kurz, es sind ja nur ein paar Wochen und die Teams sind halt sehr limitiert mit dem, was man ändern darf über die Winterzeit. Aber wir konnten trotzdem ein bisschen an der Aerodynamik arbeiten und hoffentlich das Auto etwas verbessern.
Trotzdem hat sich einiges getan, du hast einen neuen Teamchef. Kannst du schon etwas zu deinem neuen Boss sagen?
Wenig! Ich hab den Cyril jetzt zwei Mal treffen können, aber auch nur kurz, als wir Anfang des Jahres bei Hyundai waren. Das waren dann aber auch seine ersten zwei Tage, wo er das Team mal erkundet hat. Ich denke, ab dieser Woche ist er richtig im Einsatz und wird ab jetzt seine Arbeit richtig beginnen können.
Und du hast auch einen neuen Teamkollegen, den kennst du natürlich schon ein bisschen länger. Ich weiß nicht, wie gut ihr euch kennt?
Gut kannten wir uns nicht wirklich. Wir haben jetzt die Woche zusammen verbracht und wir konnten relativ viel diskutieren, austauschen, auch durch seine Erfahrungen mit den anderen Fahrzeugen. Und ja, ich hoffe, dass wir eine gute Zusammenarbeit haben und dass wir das Team weiter nach vorne bringen können.
Ist das der Vorteil, dass er die ganzen verschiedenen Fahrzeuge kennt?
Das war damals auch schon bei Ott der Vorteil, als er zu Hyundai kam. Er kannte halt die ganzen anderen Fahrzeuge und konnte viele wichtige Informationen mitbringen. Und das ist bei Lappi, der letztes Jahr noch mit Toyota unterwegs war, auch der Fall.
Wer wird dieses Jahr um den Titel mitkämpfen?
Ich denke, wie jedes Jahr werden wieder plus minus die gleichen Fahrer ganz vorne mit dabei sein. Ich denke aber auch, dass Elfyn im Vergleich zum letzten Jahr dieses Jahr hoffentlich und sicherlich eine bessere Saison haben wird. Und Ott mit seinem neuen Fahrzeug wird sicherlich alles daran legen, wieder um den Fahrer-Titel mitzukämpfen. Kalle wird wieder ganz stark sein und dann müssen wir mal schauen, was Lappi noch macht.
Reden wir mal über die Rallye Monte-Carlo - die ist für dich schon richtig gut gelaufen, aber auch richtig schlecht. Was erwartest du für dieses Wochenende?
Es ist schwer zu sagen, im Moment sind die Bedingungen sehr trocken und es gibt keine besonderen Schwierigkeiten im Vergleich zu einer "üblichen" Monte Carlo, wie es vor einigen Jahren der Fall war. Die Strecken sind halt auch alle ziemlich südlich gelegen und relativ tief, was die Höhenmeter angeht. Und dadurch denken wir, dass die Rallye, zumindest was die Reifenwahl angeht, nicht sehr schwer sein wird und dass wir alle gleiche Bedingungen haben werden.
Wer sind die Siegkandidaten hier in Monte-Carlo?
Es gibt einige. Ich denke, Sebastian Ogier steht da wieder mit ganz oben auf der Liste, wir selbst, Elfyn und Kalle sicherlich.
Katrin Margraff