Die 22-jährige Camille Mazuin aus Sambreville hat den Talentwettbewerb des Königlichen Automobilverbands RACB gewonnen. Sie fährt dieses Jahr den Markenpokal "Renault Clio Trophy" in der belgischen Rallye-Meisterschaft. Beim Finalwochenende in Malmedy mussten die sechs Finalistinnen mehrere Aufgaben bewältigen: am Aufschrieb arbeiten, Fragen der Jury beantworten - und natürlich auf der Fahrsicherheitsstrecke von Bernister schnelle Rundenzeiten fahren.
Die Jury entschied sich für Camille Mazuin, weil sie am Sonntag im dritten und entscheidenden Durchgang eine deutliche Bestzeit fuhr. "Vier Sekunden schneller auf 3,6 Kilometern, da besteht dann kein Zweifel mehr", sagte Jury-Mitglied Marc Duez, der auch Coach des "RACB National Teams" ist, zu dem Camille Mazuin nun gehört. Sie ist bisher vor allem von der Rundstrecke bekannt, fährt unter anderem im VW Fun Cup.
"Ich bin super-happy und jetzt schon total motiviert, um dieses Jahr das Beste aus mir herauszuholen und zu zeigen, dass wir Frauen unseren Platz in diesem Sport haben", sagte die Gewinnerin, nachdem sie ihr symbolisches Lenkrad von Jury-Präsidentin Michèle Mouton entgegengenommen hatte.
Rallye-Legende Mouton war begeistert von dem Wettbewerb und sieht Belgien als Vorbild. "Ein fantastische Initiative und ich hoffe, dass andere nationale Verbände sich davon inspirieren lassen. Es gibt noch nicht genug junge Frauen im Motorsport. Auf der Rundstrecke hat sich in letzter Zeit etwas getan, im Rallyesport aber weniger. Dass sich so viele dafür eingeschrieben haben, zeigt aber, dass durchaus Interesse da ist!"
Marc Duez glaubt jedenfalls an eine Neuauflage in Belgien. "Es war ein toller Wettbewerb, mit über 230 Einschreibungen! Sechs davon waren im Finale und das Niveau war hoch, der Kampf war sehr gut. So muss es sein. Wir sollten das jedes Jahr machen. Junge Frauen haben ihren Platz im Motorsport. Michèle Mouton ist schon alt, wir brauchen frisches Blut", lacht Duez.
Jessica Dederichs: Preis fürs Spektakel
Zu den sechs Schnellsten aus der Vorauswahl, die beim Final-Wochenende in Malmedy dabei sein durften, gehörte auch die 25-jährige Jessica Dederichs aus Rodt. Besondere Schwierigkeit für die Deutschsprachige: Sie musste sich entscheiden, ob sie die Ansagen von der Beifahrerin auf Französisch oder Niederländisch hören wollte. Sie probierte beide Sprachen aus und entschied sich im Endeffekt für Niederländisch.
Dass sie sich an eine neue Sprache im Auto gewöhnen musste, machte die Sache für Jessica Dederichs natürlich nicht einfacher. Aber sie beeindruckte das Team vor Ort durch ihre furchtlose Herangehensweise. Und: "Wenn es einen Preis fürs Spektakel geben würde, hätte sie ihn auf jeden Fall bekommen."
Jessica, wie ist dieses Wochenende für dich gewesen?
Es war auf jeden Fall ein sehr schönes Wochenende. Viele neue Erfahrungen. Wir durften zuerst mit einem normalen Straßenauto die Strecke einmal kennenlernen und nachmittags durften wir dann mit dem Rallyeauto, also mit dem Clio R5, schonmal eine Art Shakedown fahren, um mal überhaupt das Auto kennenzulernen, weil die meisten es noch nicht kannten. Heute kam es dann sofort darauf an, heute Morgen mussten wir unsere Bestzeiten fahren und heute Nachmittag nochmal.
Wie war es denn für dich? Wie sind denn deine Durchgänge heute gelaufen?
Ja, also ich bin eigentlich ganz zufrieden. Bei den ersten zwei Runden habe ich leider einen Fehler gemacht. Dadurch, dass ich die Noten im Endeffekt auf Niederländisch gesagt bekommen habe, ist es manchmal schwer mit der Verständigung. Wenn man Geschwindigkeit hat, ist es schwierig, wirklich schnell zu reagieren. Dadurch habe ich zwei kleine Fehler gemacht, aber ich war wirklich die ganze Zeit auf Attacke. Also ich war gefühlt immer am Limit. Danach sind wir nochmal eine Runde gefahren und da habe ich zum Glück keinen Fehler gemacht. Nur einmal habe ich eine Kurve falsch eingeschätzt und bin ein bisschen geradeaus gegangen, was aber trotzdem noch alles okay war. Aber ich habe wirklich alles gegeben.
Das Team hat gesagt: Du kriegst den inoffiziellen Preis des Spektakels!
Das könnte sein! Ich habe ab und zu vielleicht eine kleine Drift-Show daraus gemacht. Spektakel war auf jeden Fall.
Also Spaß hattest du. Die Siegerin bist du nicht. Bist du enttäuscht?
Natürlich ist man enttäuscht. Ich habe dieses Wochenende alles gegeben. Aber im Endeffekt, ich habe von vornherein gewusst, dass da zwei sind, die wirklich schon sehr viel Erfahrung haben. Die auch schon das Auto kannten, was natürlich ein großer Vorteil ist. Das heißt, ich hatte es immer im Hinterkopf, dass da auch große Konkurrenz ist, aber im Endeffekt enttäuscht ist man auf jeden Fall.
Aber trotzdem hat das Wochenende sich gelohnt, nehme ich mal an?
Ja, auf jeden Fall, die Erfahrung, und mit so einem Auto zu fahren. Wann kriegt man schon die Chance, mit so einem Auto zu fahren? Wir haben wichtige Tipps von Michèle und allen anderen bekommen. Also es war definitiv eine tolle Erfahrung.
War das etwas Besonderes, Michèle Mouton zu treffen?
Ja, auf jeden Fall! Okay, es ist nicht meine Zeit, ich kenne sie nicht so. Aber von meinem Vater und allen anderen habe ich schon gehört: Es ist eine Ehre, mit ihr an einem Tisch sitzen zu dürfen und von ihr Tipps zu bekommen. Das hat man schon wertgeschätzt.
Katrin Margraff
Um die Leistung von Frau Mouton besser einschätzen zu können, hätte sie ihren Gruppe B Audi zum Antesten mitbringen sollen. Dass die erfolgreiche Bändigerin eines solchen Monsters bescheiden lächelnd sich um den weiblichen Rallye-Nachwuchs kümmert, zeugt von ihrer menschlichen und sportlichen Größe.