"Mit dem neuen Nachwuchswettbewerb sucht der Weltautomobilverband den nächsten Thierry Neuville", erklärt Projektchef Jérôme Roussel. "Wir suchen denjenigen, der in ein paar Jahren solchen Fahrern wie Neuville oder Tänak Paroli bieten kann. Und das weltweit, das ist wirklich das Neue daran."
Weshalb hat sich die FIA für Lifelive entschieden? "Sie haben Erfahrung, ihre Produkte sind von hoher Qualität - und dann noch ein zusätzliches Plus: Unbezahlbar, einen Fahrer von Weltniveau an unserer Seite zu haben. Thierry Neuville war von Anfang an begeistert von dem Projekt und kann ja seine eigene Erfahrung mit solchen Nachwuchswettbewerben beisteuern. So hat er ja selbst seine Karriere begonnen, damals mit dem RACB", sagt Jérôme Roussel.
Solche nationalen Nachwuchswettbewerbe gibt es aber eben nicht in jedem Land. Da will die FIA nun aushelfen und den nationalen Verbänden unter die Arme greifen, um eine Ausscheidung zu organisieren - ob nun durch einen Slalom-Wettbewerb oder per Simulator.
40 Länder haben nach Angaben von Roussel schon Interesse gezeigt, und es sollen noch mehr werden. Belgien steht derzeit nicht auf der Liste, es ist aber nicht ausgeschlossen, dass der RACB sich dem Projekt noch anschließt. Teilnehmen können angehende Rallye-Stars zwischen 17 und 26 Jahren auch per Simulator von zu Hause aus, per Videospiel WRC9. Das Zusatzpaket lässt sich für zehn Euro freischalten.
Nach der Auswahl in den einzelnen Ländern und online gibt es dann ein großes Finale pro Kontinent, plus ein Frauen-Finale. Dabei kommen dann die Crosscars aus St. Vith zum Einsatz. "Das ist das perfekte Fahrzeug. Wer schnell ist im Crosscar, wird auch schnell im Rallyeauto sein", erklärt Roussel.
Der Projektchef war diese Woche bei Lifelive, um seinen "Spielzeugkoffer" zusammenzustellen, wie er es ausdrückt. "Nach zwei Jahren Arbeit am Computer wird es nun endlich konkret", freut sich der Franzose.
"Lifelive hat drei Crosscars gebaut - die leicht modifiziert sind, unter anderem, damit sie auch in heißen Ländern eingesetzt werden können - und einen Container, um alles Nötige rund um die Welt zu transportieren. Denn es gibt auch Zelte und weiteres Material. Zum ersten Mal ist jetzt testweise alles verpackt worden - und das Resultat ist super", findet Roussel.
Das große Projekt hat dem Unternehmen Lifelive geholfen, einigermaßen gut durch die Krise zu kommen. "Wir hatten das Glück, komplett durcharbeiten zu können", erklärt Geschäftsführer Yannick Neuville. "Wir hatten letztes Jahr ein schwieriges Jahr, haben aber das Auto weiterentwickelt in der Zeit und haben sogar Leute eingestellt, statt in Kurzarbeit zu schicken. Es hat uns nicht so schlimm getroffen wie erwartet." Zehn Mann arbeiten inzwischen bei Lifelive in St. Vith.
Gegen zwei andere Bewerber hatte sich die Firma durchgesetzt. Und die Zusammenarbeit mit dem Weltautomobilverband ist natürlich auch eine prima Werbung. "Für unser Unternehmen war es ein Riesenschritt. Wir haben ziemlich hart gearbeitet, um das Projekt an Land zu ziehen. Ich würde sagen, dass wir vier, fünf Monate nur an diesem Projekt gearbeitet haben. Und es hat sich ausgezahlt."
Mit der Übergabe der Fahrzeuge ist das Projekt nicht vorbei. Denn Lifelive ist auch das Jahr über in die Organisation der einzelnen Final-Ausscheidungen eingebunden. "Das Projekt geht auf alle sechs Kontinente, wo wir mit den drei Autos hinfahren, wo wir drei Mechaniker hinschicken, die sich um die Autos kümmern - alles aufbauen, alles abbauen, die Autos vor Ort wieder in Ordnung bringen, die Autos verladen, dann mit dem Container wieder zum Hafen. Und dann geht es in sechs Wochen zum nächsten Kontinent."
Erste Station wird Buxtehude im Januar 2021 für das Europa-Finale des Nachwuchswettbewerbs. Bis dahin werden junge Menschen auf der ganzen Welt alles geben, um sich einen der begehrten Final-Plätze zu sichern.
Der Preis für die sieben Auserwählten: ein Lehrjahr mit einem Coaching-Programm, Testfahrten und sechs Rallyes im Ford Fiesta Rally3. Vier werden ausgewählt, um im Jahr darauf in die Junior-WM einzusteigen. Und die besten drei dürfen noch ein Jahr dranhängen.
Der Gewinner der Junior-WM steigt dann weiter auf. "Wer viel Talent hat, aber nicht viel Geld, kann es durch dieses Programm trotzdem schaffen, Rallye-Profi zu werden", glaubt Jérôme Roussel.
Katrin Margraff