"Bis gestern hatte ich noch keinen Beifahrer. Also habe ich eine Entscheidung fällen müssen. Und, gemeinsam mit Hyundai, haben wir dann entschieden, dass ein Plan B her muss", sagt Thierry Neuville im Pressegespräch am Freitagabend zu der plötzlichen Entscheidung, die vormittags eingeschlagen war wie eine Bombe.
"Am meisten überrascht bin ich selber. Ich hätte bestimmt nicht die Testfahrten am Dienstag mit Nico gemacht, wenn ich gewusst hätte, dass wir die Rallye nicht gemeinsam bestreiten. Eins sollte allen klar sein: Wenn ich vorgehabt hätte, meinen Beifahrer zu wechseln, hätte ich das sicher nicht so kurz vor dem Saisonstart getan, sondern früher. Ich habe nicht erwartet, dass ich mich drei Tage vor dem Start der Streckenbesichtigung in so einer Lage befinde."
Grund für die Trennung: Neuville und sein Beifahrer haben keine Einigung für das Jahr 2021 gefunden. "Ich dachte eigentlich, alles läuft weiter wie letztes Jahr. Davon war ich ausgegangen." An welchen Punkten des Vertrags es gelegen hat, ob es zum Beispiel um Geld ging, dazu wollte sich Neuville nicht äußern. Neuvilles Vertrag mit Hyundai läuft weiter wie vorgesehen. Nicolas Gilsoul ist aber im Gegensatz zu Neuville nicht direkt bei Hyundai angestellt, sondern hat einen Vertrag mit Neuville. "Das ist so üblich und Hyundai hätte auch nichts anderes akzeptiert."
Laut Neuville hat es keinen konkreten Auslöser für die Trennung gegeben. "Natürlich waren wir nicht immer einer Meinung, aber wir haben immer alles geregelt bekommen und sind stärker zurückgekehrt. Nein, es hat jetzt keinen Streit zwischen uns gegeben."
"Ich bin kein besonders emotionaler Mensch. Aber eine Trennung tut immer weh. Und ich war darauf nicht vorbereitet. Wir hatten eine sehr gute, professionelle Beziehung. Und doch ein paar echte Lachkrämpfe im Auto."
"Kurzfristig die beste Lösung"
So kurz vor Saisonbeginn den Beifahrer zu wechseln ist alles andere als ideal. Martijn Wydaege ist auch erstmal nur für den Saisonstart als Beifahrer verpflichtet worden und nicht für das gesamte Jahr. "Jetzt so kurzfristig war Martijn die beste Lösung, da sind wir uns im Team einig. Er kennt Hyundai schon, ist mit Chewon Lim gefahren und hat auch sonst im Team gearbeitet - in der Logistik, als Test-Koordinator, im Wetterdienst. Er kennt also das gesamte Umfeld schon und wir kennen uns natürlich auch."
Das große Fragezeichen ist die Zusammenarbeit im Auto. "Klar, die schwerste Aufgabe wird sein, gemeinsam den Aufschrieb zu machen. Es geht ja auch schon Montag los. Aber wir werden uns natürlich jetzt dieses Wochenende gemeinsam vorbereiten." Zusätzlicher Haken: Der Shakedown - die "Generalprobe" vor der Rallye im World Rally Car - fällt aus.
"Es wird auf jeden Fall eine riesige Herausforderung. Martijn ist jemand, der sehr motiviert ist. Aber im Moment wissen wir eigentlich nicht, was uns erwartet. Es gibt natürlich keine Garantie, dass es sofort funktioniert."
"Denk an Auriol bei der Tour de Corse"
Der italienische Journalist Marco Giordo erinnerte Neuville bei dem Online-Pressegespräch an eine Anekdote aus dem Jahr 1995. Damals hatte Didier Auriol kurz vor dem Start ebenfalls einen neuen Beifahrer gesucht. Und Auriol gewann, nachdem die Spitzenreiter Bruno Thiry und Stéphane Prévot kurz vor dem Ziel mit einem Defekt aufgeben mussten.
"Es ist sehr nett, dass du mir das erzählst", meinte Neuville. "Aber ich denke, die Zeiten haben sich geändert." Bruno Thiry und Stéphane Prévot werden beide ebenfalls bei der Rallye Monte-Carlo sein: Thiry als Streckenspion für Neuville, Prévot als Beifahrer von Cédric Cherain.
Nicolas Gilsoul schreibt an seine Fans: "Wir sehen uns bald"
Katrin Margraff