Ott Tänak kann bei der Rallye Spanien Weltmeister werden. Der WM-Spitzenreiter braucht nur zwei Punkte mehr als Sébastien Ogier, um das zu schaffen. Auf Neuville, den Drittplatzierten im WM-Stand, darf er sogar elf Punkte verlieren.
"Es fühlt sich schon ein bisschen anders an. Denn dieses Wochenende ist alles möglich", sagt Ott Tänak. "Ja, der Druck ist höher als sonst. Aber damit muss ich jetzt klarkommen. Wenn die Rallye startet, konzentriere ich mich ganz auf dieses Wochenende. Ich werde allerdings nicht alles riskieren. Wenn es gut läuft, werde ich aber versuchen, dieses Wochenende alles klar zu machen."
Der amtierende Weltmeister Sébastien Ogier muss also dieses Wochenende möglicherweise seinen Titel abgeben. Er liegt 28 Punkte hinter Tänak. Nicht die beste Ausgangslage. "Ott hat gute Arbeit geleistet und eine sehr gute Saison gezeigt. Thierry und ich haben uns Fehler geleistet", fasst Ogier zusammen.
"Wir waren in Sachen Leistung einfach hintendran. Dann musst du über deine Grenzen gehen." Und das geht eben auch mal schief. Gerade auf Asphalt war der Citroën deutlich unterlegen. Aber das Team hat einen Schritt nach vorne gemacht. Ob es reichen wird, um die anderen zu schlagen, wird sich dieses Wochenende zeigen.
Nichts zu verlieren
"Meine Chance auf den Titel ist nicht besonders groß. Aber sie ist da. Wir haben eigentlich nichts zu verlieren. Der Druck liegt auf Tänak. Er muss den Sack jetzt zu machen, das ist nie einfach, besonders nicht beim ersten Titel. Aber er hat sich die ganze Saison hervorragend geschlagen und es ist nicht davon auszugehen, dass das dieses Wochenende anders sein wird. Aber man weiß ja nie", sagt Ogier.
Und auch der Vorjahressieger, Sébastien Loeb, warnt davor, die Saison zu schnell abzuhaken. "Bei dem Rhythmus kann alles passieren. Alle fahren volle Attacke, potenziell kann es technische Probleme geben oder Reifenschäden", erklärt der Hyundai-Fahrer.
"Ein Ausfall passiert sehr schnell. Falls es Tänak trifft, ist dann plötzlich wieder alles möglich. Natürlich ist es für Neuville ist bisschen schwieriger, weil er auf Patzer der beiden Konkurrenten hoffen muss, und er selbst muss dabei auch noch Top-Resultate einfahren. Aber ich sage immer: Es ist nicht vorbei, ehe es vorbei ist."
Und das sieht auch Neuville so. Rein rechnerisch hat er allerdings nur noch eine geringe Chance auf den Titel. 41 Punkte beträgt sein Rückstand auf Tänak. "Selbst wenn er einen Nuller hier einfährt und wir die maximalen Punkte, hätte er immer noch einen ausreichenden Vorsprung. Aber wir lassen uns mal überraschen und schauen, was kommt. Wir sind gut vorbereitet und solange es mathematisch noch möglich ist, kämpfen wir."
Die Zutaten sind da
Nicht zu viel nachdenken und volle Attacke: Neuville hat keine andere Wahl. "Generell liegt die Rallye Spanien uns eigentlich. Wir waren immer schnell hier, aber konnten dann nie wirklich das gute Resultat nach Hause bringen. Immer ist irgendetwas dazwischengekommen. Deswegen hoffen wir, dass es dieses Jahr etwas besser klappt. Die Zutaten für eine gute Rallye sind da, aber man muss halt alles zusammenmixen und dann muss es am Ende passen."
Selbst bei einem Patzer von Ott Tänak braucht Neuville ein gutes Resultat, um zumindest eine theoretische Chance auf den Titel zu erhalten. Teamkollege Loeb sieht ihn dazu absolut in der Lage. "Thierry kann eine unglaubliche Leistung abrufen. Und ich kann das beurteilen, denn ich sitze im gleichen Auto. Manchmal frage ich mich, wo er diese Zeiten herholt."
Trotzdem trifft ein anderer die Entscheidung: Ott Tänak hat zwei Rallyes, um sich seinen ersten WM-Titel zu sichern. Das kann schon dieses Wochenende der Fall sein, oder eben beim letzten Saisonlauf in Australien. "Ich will dieses Jahr Weltmeister werden", sagt Tänak. "Ob bei dieser Rallye oder bei der nächsten, das ist mir egal."
Katrin Margraff