Aufregende Finaltage gibt es in der Rallye-Weltmeisterschaft immer wieder. Aber dass der gleiche Fahrer innerhalb von wenigen Kilometern zwei Mal patzt, ist ungewöhnlich. Kris Meeke scheint dem Druck nicht standzuhalten. Er lag auf Platz zwei hinter seinem Teamkollegen Ott Tänak. Dann aber drehte sich Meeke und Thierry Neuville zog mit der Bestzeit in der Wertung an ihm vorbei.
"Nach dem Dreher von Meeke wussten wir, dass Platz zwei so gut wie sicher ist. Dann kam noch die Power Stage und wir wollten die maximale Punktzahl herausholen. Der zweite Fehler von Kris Meeke hat dann aber für eine Unterbrechung gesorgt. Das hat uns aufgehalten. Wir mussten lange am Start der Power Stage stehenbleiben, und wir waren die einzigen mit einem harten Reifen auf dem Fahrzeug. Der ist dann natürlich sehr abgekühlt. Dadurch haben wir etwas Speed in der Power Stage verloren. Aber trotz alledem vier Punkte, damit können wir zufrieden sein."
Vier Punkte in der Power Stage, 18 Punkte für Platz zwei. Unterm Strich fällt die Bilanz für Neuville also äußerst positiv aus. Genau wie Sieger Ott Tänak fuhr Neuville dieses Wochenende fünf Bestzeiten, mehr als jeder andere Fahrer. Nach einem vorsichtigen Auftakt kletterte Neuville immer weiter nach vorne. "Ja, unsere Leistung war gut. Die ersten beiden Wertungsprüfungen hätten besser sein können. Aber danach lief alles rund. Wir konnten das Auto relativ schnell an unseren Fahrstil und an die Bedingungen anpassen. Alles hat hervorragend funktioniert, es gab keinerlei Probleme und wir hatten viel Spaß."
Hyundai hat am Ende das Beste aus der Situation gemacht, trotz der technischen Probleme von Freitag. Dabei hat das Team auch einige strategische Kniffe eingesetzt. Ogier warf Hyundai sogar vor, auch unfaire Tricks probiert zu haben. Darauf gibt es noch keine Reaktion.
Toyota muss sich jedenfalls in den Allerwertesten beißen, denn durch einen Doppelsieg hätte das Team in der Hersteller-Weltmeisterschaft die Führung von Hyundai übernommen. Auch Tänak konnte in der Fahrerwertung in Führung gehen, verzichtete aber freiwillig – aus taktischen Gründen. Er liegt lieber knapp hinter der WM-Spitze und hat im Gegenzug einen besseren Startplatz bei der nächsten Rallye. "Durch die Unterbrechung konnten wir ausrechnen, welche Zeit wir fahren müssen, um in dieser Situation, mit dem Ausfall von Kris, in der WM hinter Seb zu bleiben. Wir wollten nunmal die bessere Startposition für Sardinien."
Tänak liegt in der WM-Wertung nur zwei Punkte hinter Ogier, und der muss als Spitzenreiter beim nächsten Lauf auf Sardinien wieder als Erster starten und die Strecke kehren. Ein Nachteil, aber Ogier sind dann doch die Punkte lieber. "Man sollte jeden Punkt nehmen, den man kriegen kann, denn vielleicht gibt es die Gelegenheit nicht mehr. Klar hat Ott jetzt die bessere Startposition, aber was ist, wenn ein technisches Problem auftaucht? So wie es ja hier auch wieder passiert ist. Meiner Meinung nach haben Thierry und Ott beide Glück gehabt, sie hätten auch ausfallen können."
Bei Hyundai gab es ein Problem mit der Benzinzufuhr, nur an Neuvilles Auto ist es nicht aufgetaucht. Und bei Toyota hatten die Dämpfer die Tendenz, einzuknicken. Latvala und Tänak ist das passiert. Latvala musste aufgeben, Tänak kam so gerade davon. Bei ihm kamen aber auch noch Bremsprobleme hinzu. "Das war ein langes Wochenende. Freitag sah alles gut aus und für unsere ungünstige Startposition haben wir eine tolle Leistung gezeigt, hatten schon einen ordentlichen Vorsprung."
"Dann kamen die technischen Probleme und es schien unmöglich, die Führung zu behalten, aber wir haben uns durch den Tag gekämpft und das Auto irgendwie zurückgebracht. Heute hat dann wieder alles funktioniert und wir haben gesiegt. Aber es war bisher der Sieg, um den ich am härtesten kämpfen musste."
Die drei Titelanwärter auf dem Podium, die WM-Spitze rückt nach sieben von 14 Rallyes noch ein bisschen enger zusammen. Zwischen Ogier auf Platz eins und Neuville auf Platz drei liegen nur zehn Punkte. "Es wird spannend bis zum Schluss bleiben. Man hat schon zu Beginn der Saison gesehen, dass immer mindestens zwei von uns dreien immer vorne mitspielen und auf dem Podium stehen. Das wird bis Ende vom Jahr so weitergehen. Jeder wird noch hier und da seine Problemchen haben, aber das gleicht sich immer so ein bisschen aus", sagt Neuville.
Wie die Geschichte weitergeht? Die Antwort bei der Rallye Sardinien in zwei Wochen.
Tänak gewinnt Rallye Portugal, Neuville und Ogier noch auf zwei und drei
Katrin Margraff