Rallye-Geschichten haben diese beiden eine Menge zu erzählen. Von der Eifel-Rallye, die schon vor dem Start zu Ende war, weil sie die Helme vergessen hatten. Oder von der East Belgian Rallye, als die beiden durch eine Hecke schossen. "Da sind wir irgendwie vom Weg abgekommen und wollten durch ein Gatter wieder auf die Straße. Aber der gute Bauer hatte das Gatter mit einem Seil zugebunden und wir bekamen es nicht auf", lacht Hüweler.
Ab durch die Hecke! On Board bei der East Belgian Rallye 2008
Die beiden haben eine Menge miteinander erlebt. 33 Jahre nach dem ersten gemeinsamen Auftritt machen Gabriel Hüweler und Rainer Hermann jetzt Schluss mit dem Rallyefahren. "Ich bin jetzt 60 geworden", erklärt Rainer Hermann. "Wir sind für mein Alter in meinen Augen zu schnell unterwegs, so dass wir über dem Limit sind. Und ich habe keinen Bock, uns beide zu verletzen. Es gibt aber auch andere Gründe: den Betrieb, den mein Sohn neu aufbaut. Ich muss ihm viel helfen und habe nie den Kopf frei. Und dann das Finanzielle."
Rallye fahren kostet viel Geld, viel Zeit und viel Energie. Das war auch für den 54-jährigen Gabriel Hüweler ausschlaggebend. "Es wurde mir zu stressig, jedes Mal das Fahrzeug wieder aufzubauen. Es kostet mehr Zeit, das Fahrzeug vorzubereiten als die ganze Rallye dauert. Und ich muss auch mal auf meine Gesundheit achten."
Gabriel Hüweler hatte sich schon als Jugendlicher Mitte der 70er mit dem Rallyevirus angesteckt. "Da gingen die 'Zwölf Stunden von Ostbelgien' durch Medell, da gab es eine Durchfahrtskontrolle. So habe ich mit 15, 16 Jahren den Rallyesport kennengelernt. Das hat sich dann weiterentwickelt. Ich bin teilweise selber gefahren. Und dann habe ich Rainer kennengelernt, mit ihm ein Fahrzeug aufgebaut und teilweise mit ihm gefahren."
Rainer Hermann war beim Autocross auf den Geschmack gekommen. "Mein Schwager fuhr Autocross, ich war immer mit helfen. Und durfte dann auch schonmal ein paar Runden fahren", sagt Hermann. Dann kamen kleine AMC-Rallyes, Provinz- und Interprovinzmeisterschaft - mit dem Beifahrer, der gerade Zeit hatte: Joseph Backes, Walter Plattes, Walter Eichten oder eben auch Gabriel Hüweler. Und 1989 wurde Rainer Hermann im Porsche 911 belgischer Vizemeister.
Aber dann ging das Geld aus, die Sponsoren blieben weg. Und neben dem Geld gab es auch andere Gründe für eine Pause, wie Gabriel Hüweler erklärt. "Es kam Nachwuchs, es wurde ein Haus gebaut. Und dann haben wir den Rallyesport hinten angestellt. Bis die Kinder fast aus dem Haus waren. Da haben wir uns getroffen und entschieden, dass wir nochmal eine Rallye versuchen möchten. Also haben wir uns ein Fahrzeug geliehen und sind die Rallye Köln-Ahrweiler damit gefahren."
"Wir haben gesagt: Wir fahren noch ein Mal. Noch ein Rennen. Das war 2004. Und aus dem einen Rennen sind dann 13 Jahre geworden", fügt Rainer Hermann hinzu. Es wurde eine waschechte zweite Rallye-Karriere.
Nach drei Jahren im Mietwagen bauten die beiden 2007 ein eigenes Fahrzeug auf - den Opel Ascona 400 aus dem Jahr 1979, den alle Rallyefans aus Ostbelgien und darüber hinaus kennen. "Sehr viel Arbeit haben wir da hineingesteckt. Mein Neffe hat den ganz geschweißt - fast ein Jahr lang, jeden Abend, jeden Sonntag. Gabriel hat viel Einsatz gezeigt und sich auch um die Teile gekümmert."
Mehr als 13 Jahre ging es dann ziemlich quer durch die Lande. "So lange du ins Ziel kommst, war alles toll. Die East Belgian Rallye sowieso, vor dem Publikum. Die Leute kennen dich und jubeln - das hörst du", sagt Hermann. Auch Köln-Ahrweiler gehörte fest ins Programm. "Das war eigentlich unser Ziel: So lange zu fahren, bis wir die mal gewonnen haben. Leider hat es nicht gereicht", bedauert Hüweler.
Dafür gab es einen anderen Höhepunkt. "Wirklich ein großes Highlight war die Rallye San Marino, mit den historischen Rallyefahrzeugen bis hin zu den WRC. Mit bekannten Rallyefahrern wie Kankkunen oder Walter Röhrl. Alle Leute sind da", erklärt Gabriel Hüweler. Da muss man erlebt haben, das kann man nicht beschreiben. Es ist eine Wahnsinns-Stimmung. Die Leute kommen zu dir, gratulieren dir. Es ist ein ganz anderer Flair wie in Belgien."
Und jetzt, nach so vielen gemeinsamen Jahren und so vielen gemeinsamen Erlebnissen, ist Zeit für den Abschied. "Ich muss mich nochmal bei Gabriel bedanken", sagt Rainer Hermann. "Und auch bei der ganzen Crew. Ich hoffe, dass wir noch eine schöne Zeit danach bekommen - Rallye schauen gehen oder egal wie."
Die beiden gehen der Motorsportwelt nicht ganz verloren. Rainer Hermann will dieses Jahr mit seinem Sohn Steven ein paar Autocross-Rennen fahren - "um nicht ganz aus der Übung zu kommen." Gabriel Hüweler wird man sicher noch am Streckenrand oder hinter den Kulissen sehen.
Aber was passiert jetzt mit dem Opel Ascona? "Gute Frage", meint Rainer Hermann. "Er steht hinten in der Halle, schön gewaschen, unter einer Decke. Ich denke, dass wir ihn so schnell wie möglich verkaufen müssen. Nicht, dass auf einmal die Idee geändert wird ..."
Katrin Margraff