Langsam windet sich ein uralter Weg von Bronromme bei Stoumont Richtung Hohes Venn. An vielen Stellen ist er heute nicht mehr als eine Schneise, aber früher lag hier eine der bedeutendsten Verkehrsadern der Region. Die Vecquée, die Straße der Fürstbischöfe von Lüttich, war sowohl für Einheimische als auch für Fernreisende buchstäblich unumgänglich.
"Ihr Ursprung verliert sich im Nebel der Zeit", erklärt Serge Nekrassoff, Historiker an der Uni Lüttich. "Aber es ist quasi sicher, dass sie schon immer genutzt wurde. Sie liegt auf einem Bergkamm, was sie ideal zum Warentransport machte und den Reisenden eine gute Übersicht über die Gegend gab. Sie war also vergleichsweise sicher, aber trotzdem nicht ohne Gefahren."
Und tatsächlich, am Wegrand der Vecquée zeugen zahlreiche Kreuze von Morden und anderen Todesfällen. Eins fällt besonders ins Auge: das Kreuz von Berinzenne. "Hier wurde der Sohn eines bekannten Oberst 1669 umgebracht. Das zeigt, wie gefährlich es war, die Gegend hier zu durchqueren."
"Doch die Vecquée war nicht nur Straße, sie war auch Grenze", ergänzt Serge Nekrassoff. "Der Name Vecquée stammt vom französischen Wort 'évèque' ab, zu Deutsch Bischof. Das kommt daher, dass sie die Grenze zwischen der Markgrafschaft von Franchimont, die zum Fürstbistum Lüttich gehörte, und den Besitztümern der Abtei Stavelot-Malmedy bildete."
Beim Weiler Hockai endete der alte Weg und ging, unter anderem Namen, Richtung Sourbrodt weiter. Am Pont du Centenaire, der sich über die torfbraunen Wasser der Hoëgne spannt, beginnt die neue Vecquée. Sie wurde ursprünglich nur von Einheimischen genutzt. "Im 19. Jahrhundert änderte sich dann das Schicksal des Trampelpfades. Mit Aufkommen des Tourismus im Hohen Venn wurde der Abschnitt zwischen Hockai und der neu erbauten Baraque Michel zur beliebten Verbindung für Wanderer".
Heute ist dieser Teil der längste der sonst fast vergessenen Vecquée, der noch durchgehend begangen werden kann - eine lange grüne Schneise, wie eine Reise in längst vergessene Zeiten.
Anne Kelleter