Für Ecolo hat sich im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft so einiges geändert. Statt drei gibt es mit Fabienne Colling und Andreas Jerusalem nur noch zwei Vertreter der Partei im PDG - damit fällt der Fraktionsstatus weg. Dadurch gebe es zwar weniger Möglichkeiten und Kapazitäten, um die Regierung vollumfänglich zu kontrollieren - die Rolle als mitarbeitende Opposition wollen die beiden Abgeordeneten trotzdem so gut wie möglich einnehmen.
"Die große Änderung ist, dass wir das Stimmrecht im Ausschuss verloren haben", erklärt Andreas Jerusalem. "Ansonsten dürfen wir weiterhin am erweiterten Präsidium teilnehmen und sind eigentlich nach wie vor präsent im PDG - ich hoffe, die Menschen haben das auch in den letzten Tagen und Wochen gemerkt. Diese Präsenz werden wir natürlich auch weiterhin zeigen."
"Wir werden nicht angenehmer sein, sondern werden mitunter ein bisschen schärfer diese Oppositionsrolle ausleben und wir werden der Regierung ganz genau auf die Hände schauen, auch wenn uns dafür die Möglichkeiten ein wenig reduziert wurden."
Für die nächsten fünf Jahre will sich Fabienne Colling mit einigen Themen besonders intensiv beschäftigen, so beispielsweise die Raumordnung. "Da wird sich entscheiden, die wie Deutschsprachige Gemeinschaft in den nächsten 40 oder 50 Jahren aussehen wird, wie viel Grün denn am Ende noch bleibt und wie viele Flächen unversiegelt. Das Dumme bei der Raumordnung ist, dass man die Fehler erst dann erkennt, wenn es zu spät ist."
"Ich nenne da einfach mal das Beispiel einer Fichten-Monokultur: Wenn man einen Wald pflanzt und irgendwann davor steht, kann man nicht einfach sagen: Ups, das hätten wir anders machen sollen. In solchen Fällen kann man dann nicht mehr nachbessern, der Schaden ist dann schon zu groß. Und so etwas sollte uns hier nicht passieren und das ist dann auch eine wunderbare Möglichkeit für die DG zu zeigen, dass sie Autonomie wirklich kann."
Auch die finanzielle Lage der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Kampf gegen die Armut sind zentrale Themen für die Legislaturperiode von Ecolo. "Man muss bedenken, dass jeder fünfte Belgier von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen ist. Und das schlägt sich natürlich in einer ganzen Reihe von Effekten nieder, wie zum Beispiel eine schlechtere Gesundheit, Zugang zu schlechteren Jobs, danach Zugang zu schlechterem Wohnen, was wieder die Gesundheit beeinflusst."
"Das heißt, das sind Dinge, die viele Kosten für die Gesellschaft verursachen. Wenn wir es also schaffen, früh in die Kinder zu investieren, indem wir Familien unterstützen, die aus schwächeren Verhältnissen kommen, dann können wir diesen Problemen vorbeugen", so Colling.
Andreas Jerusalem brennt vor allem der Lehrermangel in der DG unter den Nägeln. Das gesamte Bildungssystem müsse stärker werden, findet er. "Lehrermangel tötet einfach Schulentwicklung. Deshalb brauchen wir mehr Lehrpersonen in unserem Bildungssystem - gut ausgebildete Lehrpersonen, aber Lehrpersonen. Und deshalb fordern wir, dass die Aufnahmeprüfung, um das Lehramtsstudium antreten zu können, abgeschafft wird. Denn wenn wir es uns erlauben, damit ein oder zwei Lehrpersonen, vielleicht aber sogar fünf oder sechs pro Jahr zu verlieren, dann verschärfen wir einfach den Lehrermangel. Und damit müssen wir aufhören. Das können wir uns nicht erlauben."
Doch nicht nur das Bildungssystem müsse in den kommenden Jahren gestärkt werden. Stellvertretend nennt Jerusalem hier die Inklusion. "Inklusion ist nicht irgendein Zusatz, den wir uns erlauben und leisten können, wenn es uns gerade dufte geht und wir keine anderen Probleme haben, sondern Inklusion ist ein Grundrecht. Wir haben die Behindertenrechtskonvention ratifiziert und deshalb muss das eine Richtschnur in allen Entscheidungen sein, in Bildung, aber auch in Sport, in Kultur, im gesellschaftlichen Leben insgesamt."
Lindsay Ahn