34 Jahre war die SP ununterbrochen Teil der Mehrheit in der Deutschsprachigen Gemeinschaft - bestimmte zwischendurch sogar den Kurs und wer mit ihr in See stechen durfte. Nun wurde sie selbst ausgebootet.
Linda Zwartbol ist die Präsidentin der SP Ostbelgien: "Es ist natürlich ein Schlag. Wir sind vom Wähler nicht abgestraft worden. Das möchte ich noch mal hier an dieser Stelle sagen. Auch die Mehrheit ist nicht oder die noch bestehende Mehrheit ist nicht abgestraft worden. Wir sind eigentlich in unserer Arbeit sogar bestätigt worden. Und dann trifft es einen natürlich noch härter, wenn man jetzt nicht mehr Teil dessen sein kann. Wir müssen uns umstellen."
Mit dem Ministeramt und dem Vorsitz im PDG fallen zwei Vollzeitmandate weg, mit allem, was damit zusammenhängt. Und Köpfe - angefangen beim bisherigen Minister Antonios Antoniadis: "Ich durfte zehn Jahre lang dieses Amt ausüben, habe maßgeblich die Regierungspolitik mitgestaltet und auch beeinflusst. Das auch vor allem in den neuen Zuständigkeiten. Und wir hatten eine Bestätigung von der Bevölkerung, weiterzumachen in dieser Koalition. Das ging sogar so weit, dass viele Wähler mir gesagt haben: 'Wir haben den Regierungschef gewählt, weil wir der Meinung waren, dass diese Regierung weitermachen soll, weil diese Arbeit auf jeden Fall korrekt war'."
Antonios Antoniadis will trotz seiner mehr als 2.700 Vorzugsstimmen auch das Mandat als PDG-Abgeordneter nicht antreten: "Jetzt stelle ich fest, dass in der neuen Konstellation, zumindest in der Anfangsphase, diese Arbeit fortgesetzt werden soll, dieses Regierungsprogramm als solches. Und da ist es schwierig, auf der Oppositionsbank zu sitzen und die eigene Arbeit zu kritisieren. Die SP-Fraktion muss eine korrekte, aber dennoch auch kritische Oppositionsarbeit leisten. Und das kann sie nicht machen mit einem ehemaligen Minister in ihren Reihen."
Antoniadis spricht von einem "Befreiungsschlag". Den Wiedereinzug ins Parlament verpasst hat der scheidende PDG-Präsident Charles Servaty als Listendrücker. Und einstige Schwergewichte wie Karl-Heinz Lambertz oder Edmund Stoffels sind abgetreten oder haben sich anderweitig orientiert. "Das bringt natürlich auch Chancen. Die neue Fraktion wird sich aus Kirsten Neycken-Bartholemy zusammensetzen. Sie ist schon lange dabei. Björn Klinkenberg, der sehr aktiv in Kelmis ist, und Mechthilde Neuens als neuem Mitglied. Und ja, gemeinsam muss man jetzt schauen, wie man die Opposition gestaltet, damit wir auch da unserem Wählervertrauen gerecht werden können", sagt SP-Präsidentin Linda Zwartbol.
Bewegte Zeiten bei der SP, die sich neu orientieren muss, wie auch einige bisherige Mitarbeiter. Auch darum kümmere er sich im Moment, sagt Antonios Antoniadis. Seine eigene Zukunft ist noch offen: "Ich habe keinen Plan B, ich bin ehrlich. Ich habe immer gesagt, ich werde dieses Amt ausüben und die gesamte Verantwortung dafür übernehmen in der Zeit und meine Ressourcen, meine Zeit. Und ich habe sehr viel Zeit da reingesteckt, voll auf dieses Amt konzentrieren, auf die Organisation und auch auf die Menschen, für die ich da bin und werde nicht parallel überlegen, was kann ich basteln, damit ich im Fall der Fälle irgendwo einen sicheren Arbeitsplatz habe, eine neue Perspektive habe."
Bei den anstehenden Kommunalwahlen sei jedenfalls nicht mit ihm zu rechnen: "Hier erfolgt erst mal der Cut, zumindest von der aktiven Politik in Form eines Mandats. Und ich schließe nicht aus, dass ich mich weiterhin auch politisch in Zukunft engagieren werde. Ich habe Politik gerne gemacht, wenn ich das Gefühl hatte, dass sie auch den Menschen dient, dass es auch was bringt. Und ich schließe auch nicht aus, es künftig zu machen. Nur im Moment halte ich es für nicht richtig und korrekt, irgendwo anders Verantwortung zu übernehmen. Ich werde sehr wohl natürlich weiterhin ein politischer Mensch bleiben und die SP-Fraktion unterstützen und auch das politische Geschehen in Ostbelgien sehr eng verfolgen."
Stephan Pesch
Ich sehe die Sache kritisch, wenn ein junger Menschen direkt von der Uni oder Hochschule in die Politik geht.Die steigen dann meist schnell auf und denken, das geht ein Leben lang so weiter.Sind also erfolgsverwöhnt.Wenn der gewohnte Erfolg ausbleibt, sind die schockiert, origierungslos und werfen das Handtuch wie hier geschehen.Es ist besser für ein politisches Mandat, wenn man Lebenserfahrung hat, das Leben mit seinen Höhen und Tiefen kennt.Dann ist man stressresistenter und man läuft nicht weg, wenn es anders kommt wie vorgesehen.