Eigentlich sei eine Haushaltskontrolle so kurz vor den Wahlen nicht notwendig gewesen, erklärte Ministerpräsident Oliver Paasch am Montagabend im Parlament der DG. Aus Gründen der Transparenz habe die Regierung sich die Mühe aber dennoch gemacht.
Dabei kam auch eine Anpassung für die Seniorenpolitik auf den Tisch. Demnach sollen alle Wohn- und Pflegezentren für Senioren (ob privat oder öffentlich) für die gleiche Leistung auf die gleiche Weise finanziert werden - über Tagespauschalen. So sollen alle Senioren- und Pflegeheime in der DG 82 Prozent Bewohner mit erhöhtem Unterstützungsbedarf, 13 Prozent Bewohner mit geringem Unterstützungsbedarf und fünf Prozent Kurzaufenthalte beherbergen.
Eigentlich war diese Anpassung erst bis zum Jahr 2029 vorgesehen, aufgrund der hohen Nachfrage in den Heimen soll die Maßnahme aber schon in diesem Jahr umgesetzt werden. Insgesamt werden für die Seniorenpolitik zusätzlich 34 Millionen Euro eingeplant.
Ein Belgien zu viert?
Hitzig diskutiert wurde am Montagabend über Tagesordnungspunkt elf der Sitzung, bei dem es um die völlige Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft ging.
Die Mehrheit im PDG strebt im Rahmen einer möglichen siebten Staatsreform an, dass die DG einer von vier gleichwertigen Teilstaaten wird, also alle regionalen Zuständigkeiten mit der nötigen Finanzierung übernimmt - Stichwort: ein Belgien zu viert. Ministerpräsident Oliver Paasch betonte unter anderem, dass die DG bereits 80 Prozent aller Zuständigkeiten besitze und auch die letzten 20 Prozent für die Gemeinschaft tragbar seien.
Andere Fraktionen sehen das anders. Vivant hat sich bei der Abstimmung zum Beispiel enthalten und ganz klar die Finanzmittel der Gemeinschaft in Frage gestellt. Auch Jolyn Huppertz äußerte sich kritisch, und führte an, dass die DG bereits jetzt immer wieder an ihre Grenzen stoßen würde. Am Ende wurde der Resolutionsvorschlag genehmigt.
Mit der kompletten Autonomie ginge dann auch eine garantierte und angemessene Vertretung in der Kammer, dem Senat und dem Wallonischen Parlament einher. Außerdem will die DG - wie Brüssel - ein provinzfreies Gebiet werden und in ihren Zuständigkeiten Volksbefragungen durchführen können.
Provinzial- und Kommunalwahlen
Bei der Plenarsitzung am Montagabend ging es auch um die Verlängerung eines Abkommens zwischen der DG und der Wallonischen Region für die Lokalwahlen im Herbst. Während sich die DG seit langem für ein elektronisches Wahlsystem entschieden hat, ist die Wallonie zu Papier und Stift zurückgekehrt.
Die DG ist für die Organisation der Gemeinderatswahlen zuständig, die Wallonische Region für die Wahl des Provinzialrates. Für DG-Bürger würde das am Wahltag im Herbst bedeuten, dass sie ihre Stimme für die Provinzialwahl mit dem Stift und die Gemeinderatswahlen elektronisch abgeben müssten. Das Abkommen verhindert dieses Hin und Her aber glücklicherweise. In der DG werden beide Wahlen elektronisch durchgeführt.
Außerdem kommen ein paar kleine Änderungen auf all diejenigen zu, die am Wahltag in den Wahlbüros arbeiten. Sie sollen schneller bezahlt werden und müssen vor Beginn der Wahl keine Teststimme mehr abgeben.
Wahlportal freigeschaltet
Seit Montag ist auch das neue Wahlportal www.gemeindewahlen.be online. Das bereits von den letzten Gemeinderatswahlen bekannte Portal wurde in der Zwischenzeit überarbeitet und aktualisiert. In den folgenden Monaten werden dort alle relevanten Infos erscheinen und auch offizielle Dokumente (wie Vollmachtsformulare, Anweisungen, Protokoll-Vorlagen, Gesetzgebung, etc.) zum Download zur Verfügung stehen.
Bürokratieabbau und Digitalstrategie
Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft hatte kurz vor Ende der Legislaturperiode ausgiebig Gelegenheit, eigene Vorhaben zu präsentieren. Neben der ersten Haushaltsanpassung und der Debatte über die Entwicklungsvision "Ostbelgien leben 2040" standen gleich zwei Regierungsmitteilungen auf dem Programm.
Ministerpräsident Oliver Paasch beschrieb, inwiefern der Aktionsplan zum Abbau von Bürokratie schon umgesetzt wurde, beziehungsweise was (krisenbedingt) noch aussteht. In Zusammenarbeit mit der Wallonischen Region wurde etwa ein digitales Bürgerportal eingeführt, das ausgebaut werde.
Es gehört neben vielem anderen in die Digitalstrategie, die von Ministerin Isabelle Weykmans vorgestellt wurde. Grundlage dafür sei der flächendeckende Ausbau des Glasfasernetzes in Ostbelgien, der zurzeit läuft.
Lindsay Ahn
Der Trick der Politik : "Tagespauschalen" auf was, bitte schön und gezahlt von wem ? Wir erleben derzeit überall in den Altenheimen und Krankenhäusern ein Aufnahmestopp durch Pflegepersonalmangel, und daher stammt wohl die von der Politik behauptete 'hohe Nachfrage', die politisch verursacht wurde, weil dem Gesundheitssystem das börsengetriebene unethische Spar- und Rentabilitätskredo aufzwungen wurde/ist. Wenn diese Tagespauschale nur auf die Köpfe (der zu Pflegenden) ausgezahlt wird, und nicht auf die zur Verfügung stehenden Betten, bei der derzeitigen Unterbelegung, dann wird in absehbarer Zeit bestimmt dieses Altenpflegesystem ganz eingestellt werden müssen ! Es sieht so aus wie ein politisch gewolltes Erbschaftsplünderungssystem, von nicht Erbberechtigten, noch zu Lebzeiten. Viele der potentiellen Erben müssen ja quasi Haus und Hof ihrer Lieben verkaufen um sich diese Altenpflege leisten zu können...
Ein selten fauler Trick der Politik, diese 'Tagesbauschale', augenscheinlich als Wahlgeschenk getarnt, nur, für wen gemeint ?