Die unterschiedlichen Autokennzeichen der Limousinen vor dem Schloss von Clervaux sind der Hinweis darauf, dass hier Grenzüberschreitendes in der Mache ist: Hochrangige Vertreter aus Luxemburg, Rheinland-Pfalz und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens unterzeichnen eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit in der Grenzregion.
Die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab erklärt, warum es die zusätzliche Unterschrift brauchte: "Weil sie ganz klar bekräftigt, und das schwarz auf weiß, dass wir noch besser im funktionalen Raum Eislek, Eifel, Ostbelgien zusammenarbeiten wollen. Jetzt kann keiner mehr zurück und das ist so wichtig."
Der Luxemburger Minister für Raumentwicklung, Claude Turmes, bestätigt das Interesse des Großherzogtums an dieser Zusammenarbeit. "Unsere Wirtschaft ist größer als unser Land und mir ist es wichtig, dass wir Landesplanung und Politik über unsere Grenzen hinweg denken", so Turmes. "Über das Interreg-Programm für die Großregion haben wir Gelder gefunden für, ich würde sagen, den kommunalen Brückenbau, dass die Gemeinden dies- und jenseits der Grenzen Mittel haben, um mit den Menschen, den Vereinen, den Wirtschaftskräften konkrete Projekte zu machen."
Auch DG-Ministerpräsident Oliver Paasch sieht einen konkreten Nutzen in der gemeinsamen Absichtserklärung. "Es ist ein zusätzliches Instrument innerhalb der Großregion, dass einfach unbürokratischer und bürgernäher funktionieren kann als die Großregion selbst. Wir erleben allzu häufig, dass gute grenzüberschreitende Projektideen nicht verwirklicht werden, weil sie am bürokratischen Aufwand scheitern. Das haben wir beim Gipfel der Großregion ändern wollen, indem wir dieses zusätzliche Instrument einrichten."
An Ideen fehlt es weder den Akteuren auf dem Terrain noch den politischen Vertretern. "Sei es Ausbildung also auch Anerkennung von Diplomen in der Handwerkerausbildung, die grenzüberschreitende Mobilität, vor allem im öffentlichen Personennahverkehr, Kultur und Tourismus: Wir können eine Burgentour machen, wir haben mit der Vennbahn eine fantastische Fahrradinfrastruktur ... Die Volkshochschulen können zusammenarbeiten, also wir haben sehr, sehr viel", findet Claude Turmes.
Heike Raab, die aus Cochem an der Mosel kommt, spricht aufgrund der gemeinsamen Erfahrungen mit dem Hochwasser 2021 einen weiteren Punkt an: "Katastrophenschutz und die Sicherheit der Menschen in unserer Region. Wir machen gemeinsame Grenzkontrollen, aber bei diesem Extremwetter vor zwei Jahren haben wir gemerkt, wo noch Ausbaumöglichkeiten sind", so Raab. "Als Bundesland Rheinland-Pfalz haben wir uns für die Präsidentschaft in der Grande Région vorgenommen, dass wir die Zusammenarbeit noch stärken. Das tun wir, indem wir die alten Kooperationsabkommen überarbeiten. Dann geht Alarmierung besser, dann geht auch die grenzüberschreitende Rettung besser."
Als Musterbeispiel wurde in Clervaux die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern in St. Vith und Prüm hervorgehoben, die von beiden Einrichtungen ausgegangen sei und dazu führe, dass viele deutsche Kinder jetzt in St. Vith geboren werden. Weitere Perspektiven gebe es etwa im Bereich Geriatrie. Über allem stehe die Lebenswirklichkeit der Menschen in diesem Raum. Oder um es mit der Zielvorgabe des "funkionalen Raumes Eifel-Ostbelgien-Eislek" zu sagen: Alle sollen gerne hier leben!
Stephan Pesch