Eine Abordnung des sorbischen Parlaments "Serbski Sejm" besucht Belgien und war am Freitag im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu Gast. Tomas Cornak ist Mitglied der sorbisch-wendischen Volksvertretung.
Herr Cornak, was erwarten Sie von diesem Besuch?
Wir haben ja in Europa viele Minderheiten und gerade die zweisprachige Region der Ostbelgier interessiert uns sehr, weil wir in der Oberlausitz und Niederlausitz ähnliche Strukturen haben. Einmal von der Bevölkerungsgröße her und auch von der Größe des Territoriums. Wir haben erfahren, wie weit man hier Eigenverantwortung übernommen hat. Und das spielt für den Menschen und für die Identität eine wichtige Rolle. Wie kann man selbst eine Region entwickeln? Die Frage stellt sich ja heutzutage mehr und mehr. Und das hat uns bewogen, vor sechs Jahren in der Lausitz das sorbische Parlament zu wählen. Wir haben uns das selbst getraut, nach vielen Diskussionen, und haben bis jetzt noch keine Anerkennung von unseren deutschen Ministerien. Darum sind wir unterwegs und holen uns hier in Belgien Mut, wie es gemacht werden kann. Und da freuen wir uns, dass wir heute einen Brückenschlag gemacht haben und erste Erfahrungen mit nach Hause nehmen und voller Motivation unseren Bürgern mitteilen werden, was wir erlebt haben.
Wie lebendig ist die sorbische Tradition noch in der Oberlausitz und der Niederlausitz?
Sie ist noch lebendig. Aber wir sind immer Bittsteller, auch gegenüber unserer eigenen Kultur, wenn wir nach außen unser Schulsystem und unser eigenes Sozialsystem mitteilen wollen. Und als Bittsteller und als Minderheit kann man kein Volk entwickeln. Deswegen brauchen wir Strukturen. Auch wenn es viel Geld gibt durch den Freistaat Sachsen, durch Brandenburg und die Bundesrepublik. Da gibt es auch eine Stiftung, die die sorbische Sprache und die Kultur fördert. Aber es fehlen die Instrumente. Es wird ja auch wissenschaftlich begleitet, dass diese Instrumente nicht unterstützend sind, dass weiter die sorbische Sprache verloren geht. Und die Sprache ist das wichtigste Gut, das wir in der Lausitz besitzen und das wir fördern wollen.
Nun haben Sie die Begegnung mit dem Präsidenten des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft genutzt, um eine mögliche informelle Zusammenarbeit anzusprechen. Wie könnte die aussehen?
Erfahrungen austauschen. Ich war selbst 32 Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Nebelschütz. Wir sind europaweit bekannt. Wir haben 2006 den Europäischen Dorferneuerungspreis bekommen. Wir haben einiges zu bieten, wie sich unsere Region und auch unsere Gemeinde als enkeltaugliche Gemeinde für die Zukunft aufgestellt hat. Das ist das, was wir vielleicht geben können, weil wir auch von vielen anderen Städten und Gemeinden gelernt haben und von anderen Völkern. Und wir werden von hier vieles lernen. Und vor allem geht es darum, Vertrauen aufzubauen und sich gegenseitig Mut zuzusprechen.
Stephan Pesch
Na dann los, ausbauen.
Es gibt nicht nur Tirol...
Den Sorben kann man nur wünschen, dass ihre Kultur und Sprache nicht verloren geht. Die Sorben können eine wichtige Brückenfunktion übernehmen zwischen Deutschland auf der einen Seite und Polen und Tschechien auf der anderen Seite.
Die Sorben sollten sich auch über die Nachteile der Autonomie der DG informieren. Eigenverantwortung hat auch Nachteile.
Wie schön, dass die Sorben jetzt Ostbelgien im Königreich Belgien besuchen. Manchmal machen wir uns über unsere ganz besondere belgische Staatsstruktur lustig. Dem Parlament der Wenden und Sorben ist aber das Positive aufgefallen. Hoffentlich kann dieses Parlament die Politiker in Berlin ( im alten westslawischen Dorf Berolina ) davon überzeugen, dass Kulturautonomie für die Sorben nicht das Ende der grossen Bundesrepublik bedeuten würde, im Gegenteil ...
witaj, viele Grüße aus der trocken Lausitz.
Thomasch..Du weißt ich hätte Euch gern unterstützt ...wäre gern dabei gewesen. Ich wünsche Euch Alles Gute und daß das sorbische Volk aus einer "inneren Einigkeit" heraus.....nach aussen so stark ist und bleibt, daß seine Rechte und seine wundervolle Kultur und Ausstrahlung im Volksverbund mit Deutschland und Europa....respektiert, geschützt und erhalten bleibt ! Ihr schafft das ...ich bin an Eurer Seite !
Es ist immer besser, sich an den funktionierenden Beispielen zu orientieren, um überregional zu einer Bestpractice im gesellschaftlichen und institutionellen Leben zu kommen. Die DG in Belgien ist in Sachen Selbstbestimmung unser Vorbild! Ich wünsche mir, dass die Begeisterung und die selbst Verständlichkeit, die eine Bildungs-und Kulturautonomie ermöglichen, auch in der Lausitz einzuhalten!