Die Sonne strahlt, als die Gäste auf dem Biohof Maraite in Grüfflingen eintreffen. Doch das Wetter trügt: Die Landwirte haben auf ihrer Tour die ein oder andere dunkle Wolke ausgemacht. Und genau das soll auch angesprochen werden. Denn auf diesem Eurokongress geht es auch um die Zukunft der Landwirtschaft.
Genauer noch: die Folgen europäischer Agrarpolitik, wie die Geschäftsführerin des Bauernbundes Ingrid Mertes erklärt. "Und dann war irgendwann die Idee geboren, zu sagen: Das Verbindende ist die Nachbarschaft, aber auch die EU. Und unsere Landwirtschaftspolitik hängt von der EU ab. Sollten wir also nicht mal grenzüberschreitend unseren EU-Politikern und Landespolitikern ein Forum bieten, um Sachen anzusprechen? Und in jedem Land ist es ein anderes Thema, das im Fokus steht."
Der Bauernbund, der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau und die Centrale Paysanne aus Luxemburg haben so zusammengefunden. Und Gesprächsstoff gibt es genug. In Grüfflingen steht das Thema "Industrieemissionsrichtlinie" auf der Tagesordnung.
Geht es nach der EU-Kommission, sollen auch in der Milchviehhaltung schädliche Emissionen reduziert werden. Aktuell stellt sich die Frage, welche Betriebe genau betroffen wären. Doch die möglichen Folgen dieser Entscheidung kommen nicht gut an.
Weder bei den Landwirten, noch bei Pascal Arimont, dem ostbelgischen Vertreter im EU-Parlament. "Die müssten quasi ihren Betrieb so aufrüsten, wie das bei großen Industriebetrieben der Fall ist. Die müssten Absauganlagen in die Ställe einbauen, Protokolle führen. All das ist mit enormen Investitionen verbunden und das wird irgendwann niemand mehr tun."
Davon wäre die ostbelgische Landwirtschaft stark betroffen. Hier wird vor allem Milchvieh gehalten, oft in Weidehaltung. Größere Betriebe könnten bald unter die Industrieemissionsrichtlinien fallen. "Und dann hat dann wieder einer gemeint: 'Och, sagen wir mal 150 Großvieheinheiten'. Das entbehrt jeder Berechnungsbasis, einfach so", sagt Mertes.
"Weil einer meinte, dass man ab dann zur Industrie gehört. Das heißt, in der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind 20,7 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe mit Rindern plötzlich Industriegebiete und werden mit BASF auf eine Stufe gesetzt, wenn es um Abgase geht."
Landwirtschaft überhaupt als Industrie zu sehen, sei schon falsch, so Ingrid Mertes. Und auch Pascal Arimont befürchtet ein noch schnelleres Hofsterben. Und die Landwirte? Die seien nicht gefragt worden, müssten jetzt reagieren und sehen sich wieder in die Rolle der Sündenböcke gedrängt. Auch Pascal Arimont bemängelt den fehlenden Austausch.
Der ist möglich, wie der Eurokongress und der Besuch auf dem Hof Maraite zeigt. "Man kann doch einfach den Nachbar fragen, ob man vielleicht mal den Betrieb gucken gehen kann und ganz offen sein für die Landwirtschaft und Fragen stellen", findet Maria Maraite. "Das ist ja nicht verboten."
"Wir sind froh, wenn Leute fragen stellen und wir diese auch beantworten können. Wenn wir erklären können, was wir machen, wie wir es machen und warum wir es auch so machen." Maria Maraite wird den Biohof ihrer Eltern eines Tages übernehmen. Weil sie Spaß an der Arbeit hat. Und - trotz aller Herausforderungen - eine Zukunft in der Landwirtschaft sieht.
Andreas Lejeune