"Wir verurteilen aufs Schärfste diesen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Wir finden es gut, dass die EU so schnell, konsequent und gemeinsam reagiert hat": Volker Klinges, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, findet deutliche Worte. Denn er ist sich bewusst, wie die ganz allgemeinen Auswirkungen eines Krieges aussehen. "Krieg bedeutet Unsicherheit, Unklarheit, keine optimistische Perspektive."
Allein schon das werde Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben - und somit auch auf die ostbelgische. Hinzu kommt das bedeutendste Sanktionspaket, das die EU je geschnürt hat. Volker Klinges ist sich sicher, dass die betroffenen Sektoren in Russland unter den Maßnahmen leiden werden, was wiederum Auswirkungen auf die Lage vor Ort hat. "Zumindest was das Ranking der Exporte ostbelgischer Produkte außerhalb der EU angeht, können wir festhalten, dass Russland trotz alledem einen bedeutenden Markt darstellt."
Eine Einschätzung, wie genau sich die europäischen Sanktionen auf die hiesige Wirtschaft auswirken werden, ist schwierig, aber nicht unmöglich, wenn man differenziert. "Deswegen muss man da einmal den direkten und den indirekten Effekt der Sanktionen auf die ostbelgische Wirtschaft anschauen." Geht es um die direkten Effekte, denkt Volker Klinges an Direktexporte nach Russland.
"Es gibt neben diesen Bereichen die gesamten Exportkontrollen, vielleicht sogar Exportverbote, die dazu führen, dass dann letztendlich auch hier eine Reihe von Exporten nicht mehr stattfinden können oder unter sehr erschwerten Bedingungen stattfinden werden."
Indirekte Effekte
Das werde die ostbelgische Wirtschaft in einer ersten Phase aber weniger betreffen. Es gebe nur wenige Direktexporte militärischer Art nach Russland. Anders sieht es bei den indirekten Effekten aus. "Wenn wir natürlich als Zulieferer Richtung Deutschland exportieren und diese Produkte werden für die Luftfahrt benötigt, bedeutet das natürlich, wenn die Luftfahrt sanktioniert wird, dass auch indirekt die Zulieferer hier in Ostbelgien betroffen sind."
Ähnlich sei es in den Bereichen Raumfahrt, Rüstung und Energie. Möglich, dass diese Märkte dann wegfallen. Doch so oder so werde eine Umorientierung stattfinden. Volker Klinges sieht die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und dem Westen als stark beschädigt an. Die Kooperation sei gebrochen, man müsse sich an ein konfrontatives Miteinander in Europa gewöhnen.
Was wiederum jeder zu spüren bekommen wird, wie das Beispiel Energie zeigt. "Sodass also hier dann nach Alternativen gesucht werden muss. Ich zitiere da die erneuerbaren Energien, die aber auch erst in einer mittelfristigen Perspektive zur Verfügung stehen. Wir werden da also diversifizieren müssen, was die Einkäufe betrifft. Wir werden aber auch - und das ist problematisch - mit Preissteigerungen zu rechnen haben."
Pessimismus, eine ausgebremste Wirtschaft - und am Ende auch steigende Preise für den Endverbraucher. So lauten erste Folgen des Kriegs in der Ukraine.
Andreas Lejeune