Bereits 2016 rumorte es zwischen der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft und dem Sozialdienst Oikos, der wohnungslose Menschen in Krisensituationen unterstützt und begleitet. Die Regierung verwies auf einen Bericht, der Oikos "Qualitätsmängel" vorwarf. 2017 beendete die Regierung dann die Bezuschussung von Oikos. Insgesamt fielen dem Sozialdienst dadurch Einnahmen in Höhe von 350.000 Euro pro Jahr weg. Aufgrund der fehlenden Bezuschussung musste Oikos eine Immobilie verkaufen. Daneben wurden insgesamt sieben Arbeitsplätze gestrichen.
Ebenfalls 2017 wurde dem Dienst eine Frist von zwei Jahren gesetzt. In dieser Zeit sollte die Sozialeinrichtung die eigene Tätigkeit anpassen, um so die steuerliche Spendenabzugsfähigkeit zu behalten. Nach Ablauf der Frist entschied die Regierung, dass diese Anpassung nicht geschehen sei: "Die für die Anerkennung eingeräumte Frist an die Vereinigung, ihre Aktivitäten neu zu organisieren, ist ungenutzt verstrichen".
Die Folge: Oikos wurde die steuerliche Spendenabzugsfähigkeit aberkannt - für erhaltene Spenden durften keine Steuerbescheinigungen mehr ausgestellt werden. Die Spenden brachen ein. Erhielt der Dienst 2018 noch gut 50.000 Euro an Spendengeldern, so waren es 2019 nur noch 22.000 Euro, ein Jahr später war es die Hälfte.
Gegen die Entscheidung der DG hatte Oikos beim Gericht Erster Instanz in Eupen Einspruch eingelegt. Wie das Gericht Erster Instanz Eupen nun entschieden hat, war die Begründung von damals nicht gesetzlich begründet. Wörtlich heißt es: "Die strittige Entscheidung ist somit nicht gesetzlich begründet. Die besagte strittige Entscheidung ist in der Tat aufgrund einer Nicht-Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen durch Oikos wegen deren Nicht-Anpassung begründet, obwohl Oikos nachgewiesen hatte, dass sie die gesetzlichen Bedingungen […] erfüllte. Ferner hat Oikos ebenfalls bewiesen, dass sie ihre Tätigkeiten entsprechend der Vorgaben […] der Deutschsprachigen Gemeinschaft […] eingeschränkt hat."
Die Entscheidung der Regierung ist somit annulliert. Oikos erhält die Spendenabzugsfähigkeit zurück. Das Gericht betonte allerdings, dass es der DG frei stehe, eine neue - und diesmal konforme - Entscheidung zu treffen.
Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat das Urteil des Gerichts Erster Instanz akzeptiert.
Andreas Lejeune